Ahmet Karayay

Ahmet Karayay

Türkei: Kriegsdienstverweigerer nach öffentlicher Aktion verhaftet

Ahmet Karayay erklärte gestern seine Kriegsdienstverweigerung

von Connection e.V., Zentralstelle KDV und DFG-VK

(11.10.2008) (11. Oktober 2008) Gestern Nachmittag erklärte Ahmet Karayay vor dem Denkmal für Menschenrechte in Ankara seine Kriegsdienstverweigerung. Vor etwa 100 UnterstützerInnen setzte er damit ein Zeichen gegen Krieg: "Als Mensch schulde ich dem Staat gegenüber keinen Militärdienst. Ich verstehe es als meine Pflicht, die Welt so weit wie möglich zu schonen und den nachfolgenden Generationen eine saubere und lebenswerte Erde zu hinterlassen. Die Erde braucht keine Soldaten, sondern bewusste Menschen." Ahmet Karayay wird bei diesem Schritt von verschiedenen Organisationen im In- und Ausland unterstützt.

Der 34-jährige verlebte seine Kindheit in Stuttgart, bevor ihn seine Eltern auf ein Internat in der Türkei schickten. Dort studierte er deutsche Sprache und Literatur. Nach seinem Studium entzog er sich mehrere Jahre der Ableistung des Militärdienstes. Nach fünf Jahren Illegalität wollte er sich nach der Aktion dem Militär stellen, was jedoch durch die Festnahme der Polizei vereitelt wurde.

Ahmet Karayay wurde im Anschluss an seine Rede festgenommen. Seine Äußerungen würden den Straftatbestand der "Distanzierung des Volkes vom Militär" erfüllen. Nach Artikel 318 des türkischen Strafgesetzbuches droht ihm damit eine Verurteilung mit bis zu zwei Jahren Haft. Nach über zwei Stunden wurde er nach Angaben seiner Rechtsanwältin Senem Doganoglu auf freien Fuß gesetzt. Da das Rekrutierungsbüro zu dieser Zeit bereits geschlossen war, will sich Ahmet Karayay nun Anfang kommender Woche dem Militär stellen und auf seiner Kriegsdienstverweigerung beharren.

Die Türkei verfolgt Kriegsdienstverweigerer auf zweierlei Art und Weise. Zum einen werden öffentliche Äußerungen gegen das Militär unter Strafe gestellt. Zum zweiten wird das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht anerkannt. Kriegsdienstverweigerer wie Halil Savda, Osman Murat Ülke, Mehmet Tarhan oder Mehmet Bal wurden wegen Befehlsverweigerung bzw. Ungehorsam bis zu sieben Mal verurteilt. Die Wehrpflicht gilt erst nach Ableistung des Militärdienstes als erfüllt.

Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zur EU hatte die Europäische Kommission wiederholt die Strafverfolgung von freien Meinungsäußerungen kritisiert (...mehr). Zudem verstößt die Türkei mit der Verfolgung der Kriegsdienstverweigerer gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. Januar 2006. Darin hatte das Gericht festgestellt, dass wiederholte Anklagen gegen Kriegsdienstverweigerer in Verbindung mit der Möglichkeit einer lebenslangen Strafverfolgung "im Missverhältnis zu dem Ziel stehen, die Ableistung des Militärdienstes sicherzustellen" und damit die Europäische Menschenrechtskonvention verletzen (...mehr)

Connection e.V., die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und die Zentralstelle KDV fordern die Türkei dazu auf, das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen und die Strafverfolgung gegen alle Verweigerer einzustellen.

 

gez.

Rudi Friedrich, Connection e.V.

Monty Schädel, politischer Geschäftsführer der DFG-VK

Dr. Werner Glenewinkel, Vorsitzender der Zentralstelle KDV

 

Weitere Informationen erhalten Sie unter Tel.: 069-8237 5534

Quelle: Connection e.V., Zentralstelle KDV und DFG-VK, Pressemitteilung vom 11.10.2008. Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, November 2008.

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