Osman Murat Ülke

Osman Murat Ülke

Türkischer Kriegsdienstverweigerer unverhältnismäßig verfolgt

Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte

von Connection e.V.

(25.01.2006) Pressemitteilung vom 25. Januar 2006

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte gestern die Türkei, da sie beim Kriegsdienstverweigerer Osman Murat Ülke gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen habe. "Die zahlreichen strafrechtlichen Verfolgungen in Verbindung mit der Möglichkeit, dass er einer lebenslangen Strafverfolgung unterliegen könnte, stehen im Unverhältnis zu dem Ziel, die Ableistung des Militärdienstes sicherzustellen."

Osman Murat Ülke war von 1996 bis 1999 acht Mal wegen seiner Kriegsdienstverweigerung verurteilt worden und insgesamt 701 Tage inhaftiert. Im Anschluss wurde er zwar freigelassen. Da aber die Wehrpflicht in der Türkei erst nach Ableistung des Militärdienstes erlischt, kann er jederzeit erneut einberufen werden, womit der Kreislauf von Verweigerung und Strafverfolgung erneut beginnen würde..

Connection e.V. bedauert, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil lediglich auf die unmenschliche Behandlung von Kriegsdienstverweigerern in der Türkei eingegangen ist, nicht jedoch die Durchsetzung des Menschenrechtes auf Kriegsdienstverweigerung eingefordert hat. In zahlreichen Beschlüssen, z.B. der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wie auch des Europäischen Parlamentes und der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen wird dieses Menschenrecht eingefordert. Wieder einmal wurde hier die Chance vertan, ein klares Votum für das Recht auf eine Gewissensentscheidung zu setzen. Connection e.V. fordert die volle Anerkennung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung durch die Türkei.

"Dennoch muss das Urteil", so Rudi Friedrich von Connection e.V. heute, "Folgen für den aktuell inhaftierten Kriegsdienstverweigerer Mehmet Tarhan haben. Er wurde im August 2005 wegen Befehlsverweigerung zwei Mal zu insgesamt vier Jahren Haft verurteilt. Zudem war er im Militärgefängnis misshandelt worden. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes kann es hier nur eine Konsequenz geben: Mehmet Tarhan ist unverzüglich freizulassen."

Anlässlich der Urteilsverkündung betont Connection e.V. auch, dass die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bemängelte Strafverfolgung auch all denjenigen türkischen Wehrpflichtigen droht, die aus der Türkei geflohen sind, weil sie die Ableistung des Dienstes im türkischen Militär verweigern. "Es ist unverantwortlich", so Rudi Friedrich, "wie ignorant deutsche Verwaltungsgerichte mit der Gewissensentscheidung der Betroffenen verfahren. Mit Verweis auf Reformen im Zuge der Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union werden zunehmend Kriegsdienstverweigerer aus der Türkei in den Asylverfahren abgelehnt. Dabei hat sich an ihrer Strafverfolgung nichts geändert."

gez. Karin Fleischmann

Connection e.V.: Pressemitteilung vom 25. Januar 2006

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