Vorwort zur Broschüre "Israel: Stimmen für Frieden und Verständigung"

von Connection e.V.

Und wieder wurde im Nahen Osten Krieg geführt, dieses Mal zwischen der libanesischen Hisbollah und der israelischen Armee. In den Berichten dieser Broschüre wird allzu deutlich: Das ging vor allem auf Kosten der Bevölkerung auf beiden Seiten.

In Israel erhielt die Regierung zunächst große Zustimmung für den Feldzug. Adam Keller vergleicht die Stimmung mit der Kriegseuphorie, die vor dem I. Weltkrieg 1914 in Europa vorgeherrscht habe.

Die israelischen Friedenskräfte waren völlig marginalisiert und wurden zudem von den Medien ignoriert. In Deutschland war in den Zeitungen vor allem zu lesen, dass Friedensorganisationen wie Peace Now den Krieg unterstützten und Reservisten den Einberufungen nachkamen, die in den letzten Jahren den Einsatz in den besetzten Gebieten verweigert hatten. Aber einige Friedenskräfte der radikalen Linken kritisierten von Beginn an den neuerlichen Krieg, gemeinsam mit der arabischen, in Israel lebenden, Bevölkerung. Gleichzeitig entzogen sich Hunderte von Soldaten und Reservisten den Einberufungen.

Als deutlich wurde, dass die von der Regierung proklamierten Kriegsziele - allen voran die Befreiung der von der Hisbollah gefangen genommenen israelischen Soldaten - nicht erreicht werden konnte, schwand die Unterstützung für den Krieg. Inner- und außerhalb der Streitkräfte wuchs die Kritik und der Widerstand gegen den Krieg. In der Armee wollten immer weniger Soldaten Kopf und Kragen riskieren. Ganze Einheiten verweigerten offen den Befehl.

Ein Ende der Gewalt ist im Nahen Osten nur in Sicht, wenn die bestehenden Konflikte politisch bearbeitet werden, angefangen beim israelisch-palästinensischen Konflikt. Aber angesichts einer immensen Militarisierung und dem Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt sind die Aussichten auf eine friedliche und gerechte Lösung gering. Haggai Matar macht in einem Interview deutlich, wie sehr die Schere auseinander geht: "Einer der wichtigsten Effekte der Ausgrenzung der PalästinenserInnen war, dass heute die meisten jungen Leute niemals Menschen von der anderen Seite getroffen haben. Junge Israelis haben wahrscheinlich nie PalästinenserInnen getroffen, auch wenn sie nur 10 Minuten entfernt leben. Sie kennen über die Medien nur die Hamas, die Selbstmordattentäter usw. Das Gleiche gilt für die PalästinenserInnen. Das einzige, was sie von Israel kennen, sind Soldaten und Siedler. Sie kennen nur das alltägliche Leben unter der Besatzung. Klar, dass beide Seiten nicht an die Möglichkeit von Gesprächen glauben."

Dieser Separation versuchen viele Initiativen in Palästina und Israel ihre Arbeit und ihre Vision entgegenzusetzen, wie Haggai Matar deutlich macht: "Ich hoffe, dass sich die Menschen zusammentun; dass sich Israelis und PalästinenserInnen treffen und Alternativen zur Politik der Trennung, der Separation, entwickeln. Wir versuchen Kontakte aufzubauen, z.B. über die gemeinsamen Demonstrationen, die in palästinensischen Dörfern gegen die Mauer durchgeführt werden.

Einen weiteren wichtigen Ansatz sieht er in der Kriegsdienstverweigerung, um den Teufelskreis von Militäreinsatz und Hass zu durchbrechen: "Als ich gemeinsam mit vier anderen Kriegsdienstverweigerern im Gefängnis war, erhielten wir Dutzende von Briefen von PalästinenserInnen, in denen sie schrieben, dass unser Schritt ihnen Hoffnung gibt und ihre Überzeugung stärkt, dass möglicherweise Gewalt nicht die Lösung ist und wir etwas zusammen tun können."

Von einigen dieser Ansätze wird in dieser Broschüre berichtet. Wir wollen damit die Kräfte stärken, die im Nahen Osten für eine friedliche und gerechte Lösung eintreten. Sie zeigen, wie ein Frieden von unten gestaltet werden kann. Für uns gilt, wie es Rafik Schami formuliert hat, "kritisch versöhnend, nicht blind für eine Seite Partei nehmend, etwas zu bewirken. Wer fanatisch für eine der Seiten ist, ist auch schon gegen sie. Es gibt kein Überleben der Palästinenser ohne die Israelis und umgekehrt."1

Fußnoten

1. aus dem von Connection e.V. herausgegebenen Buch "Gefangen zwischen Terror und Krieg? - Israel/Palästina: Stimmen für Frieden und Verständigung", ISBN 3931786293

Der Beitrag erschien in: Connection e.V. (Hrsg.): Broschüre "Israel: Stimmen für Frieden und Verständigung - Kriegsdienstverweigerung und Antikriegsarbeit", November 2006.Wir danken für die finanzielle Förderung durch den Katholischen Fonds, den Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), dem Bildungswerk Hessen der DFG-VK, dem Fonds der EKHN "Dekade zur Überwindung der Gewalt" und Brot für die WeltDie Broschüre ist vergriffen.

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