Weiterer israelischer Verweigerer inhaftiert

Lebnanews sprach mit dem zweiten israelischen Verweigerer des Konflikts 2006

von Lebnanews

1982 dauerte es über ein halbes Jahr, bis sich israelische Offiziere und Soldaten weigerten, Einberufungen und Befehlen für den Einsatz im Libanon nachzukommen. Zu Beginn der Al-Aksa-Intifada brauchte es einige Monate, bevor der erste Brief vom Widerstand kündete. Aber im Jahre 2006 wird heute, am Sonntag, der Hauptfeldwebel Zohar Milchgrub, drei Wochen nach Beginn des Krieges in Haft genommen, weil er sich weigerte, einer Einberufung zum Reservedienst im Libanon nachzukommen. Er ist der zweite israelische Soldat diese Woche, der zu einem Kriegsdienstverweigerer des neuen Krieges geworden ist. Wir sprachen mit ihm nach der Antikriegsdemonstration am Samstag in Tel Aviv.

Welchem Teil der Armee gehören Sie an?

Einer Infanterieeinheit.

Wann haben sie entschieden, die Einberufung zu verweigern?

Ich traf die Entscheidung, jeden weiteren Dienst zu verweigern, während meiner Militärdienstzeit in der israelischen Armee. Für mich war es sehr klar, dass ich nicht wieder auf einem Posten in den besetzten Gebieten sein wollte. Die Entscheidung, den Einsatz in diesem Krieg zu verweigern, war so selbstverständlich wie die Verweigerung, den Dienst in den besetzten Gebieten zu verweigern.

Würden Sie sagen, dass sich die Einstellung der israelischen Öffentlichkeit zu diesem Krieg von der Einstellung zur Besetzung unterscheidet?

Zunächst einmal, die Pro-Kriegs-Stimmung in den Medien hat ganz bestimmt ihre Wirkung. Die Gesellschaft folgt dem Aufruf ohne Bedenken oder Vorbehalten, sogar Menschen, die sich selbst als links sehen, aus meiner eigenen Familie.

Sind die Menschen stärker motiviert, im Libanon zu dienen als in den besetzten Gebieten?

Absolut. Ein enger Freund von mir ist derzeit mit seiner Einheit im Libanon. Sie müssen bedenken, dass die Verletzung der israelischen Souveränität, der Überfall über die Grenze, sehr problematisch war. Dennoch müssen wir die Übersicht behalten. Die sagt uns, dass der Libanon ein Land ist, mit dem wir reden müssen. Wenn wir nur die geringste Hoffnung haben, all dies zu beenden, müssen wir mit dem Libanon reden - und sogar mit der Hisbollah. Wir glauben wirklich daran, dass dies möglich ist: Eine ordnungsgemäße libanesische Souveränität auf dem gesamten Territorium des Libanon und eine Friedensvereinbarung mit dem Libanon, die, so Gott will, irgendwie verbunden ist mit Friedensvereinbarungen mit Syrien und den Palästinensern.

Wie reagiert die Linke in Israel auf den Krieg?

Ich will nicht im Namen der Linken sprechen - und ich denke, dass die wirkliche Linke die Menschen hier auf der Demonstration sind. Leider müssen die israelischen Linken Gefallene sehen, bevor sie damit beginnen, gegen den Krieg zu demonstrieren.

Israelische Gefallene?

Nun, Ich will damit nicht sagen, dass sie sich nichts aus anderen Opfern machen, aber es gibt eine größere Sensibilität, wenn es israelische Opfer sind. Das ist sehr bedauerlich. Dennoch, die Menschen stoßen zu uns und unsere Zahl wächst jede Woche. Dies ist Teil eines Krieges: Die Menschen beginnen, sich von ihren Illusionen zu befreien.

Wie lange, denken Sie, werden sie im Gefängnis sein?

So wenig wie möglich, vielleicht ungefähr einen Monat. Wenn der Krieg weiter geführt wird, werde ich das Land verlassen. Ich habe geplant, dieses Jahr in Deutschland ein Studium aufzunehmen.

Einige unserer Leser wollen Ihnen sicher schreiben und Sie werden ihnen aus dem Gefängnis nicht antworten können. Möchten Sie ihnen jetzt etwas sagen?

Bevor ich beschlossen habe zu verweigern, schickte ich eMails an alle meine Freunde in der Welt, in Deutschland, Italien, den Vereinigten Staaten und sogar in Japan. Ich erzählte ihnen: Was ich in den nächsten Tagen tun werde, tue ich dank ihrer Unterstützung. Fast sofort erhielt ich zahlreiche Antworten, die mir Mut zusprachen oder ihre Solidarität ausdrückten. Das ist für uns sehr wichtig: Wir mögen denken, dass wir einiges von uns aus tun können, aber die internationale Unterstützung ist wunderbar und ich bin zutiefst dankbar dafür.

Dimi Reider, Tel Aviv, Lebnanews: Another IDF Objector Jailed, 7. August 2006. http://www.lebnanwes.com/2006/08/another_idf_obj.html. Übersetzung: Rudi Friedrich. Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, September 2006.

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