Rekrutierung von Latinos

Verkauf des US-amerikanischen Alptraums

von Oskar Castro

(05.04.2006) Anwerber des Militärs machen gerade Überstunden um die Reihen mit jungen Latinos und Latinas aufzufüllen, da es einen Rückgang bei der Zahl der Rekrutierten Afro-Amerikaner gibt und sie weiter darauf hoffen, Farbige anzuwerben. Latinos machen 14% der US-amerikanischen Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 44 Jahren aus und 14% der aktiven Militärangehörigen - im Jahre 2002 waren es noch 9,5%. Laut Angaben des Statistischen Amtes wird erwartet, dass sie im Jahre 2020 18% der 12- bis 44-jährigen stellen. Das Pentagon bemüht sich, hier Schritt zu halten.

Konkret: Die Armee hat eine neue Anzeigenkampagne entwickelt, die direkt an Latinos gerichtet ist. Sie erhöhte die Zahl der Anzeigen in Veröffentlichungen für Latinos und auf spanischsprachigen Fernsehsendern. Aufgrund einer Studie über die Unterschiede bei Familien von Latinos versucht das Pentagon dabei auch die Eltern zu erreichen, da sie von einem großen Einfluss der Eltern bei der Entscheidung der Kinder ausgehen.

Im Allgemeinen basieren die Strategien zur Rekrutierung aber auf der Tatsache, dass sich junge Latinos bei den wesentlichen Gründen für eine Anmeldung zum Militär nicht von anderen Gruppen unterscheiden: Geld für den Schulbesuch und ein regelmäßiges Einkommen zu erhalten.

In den vergangenen Jahren, gefördert durch eine seit 2002 beschleunigte Einbürgerung von Armeeangehörigen, haben die Anwerber ein Auge auf Personen geworfen, die keine US-Bürger sind. Es gibt gegenwärtig etwa 37.400 Personen ohne US-Staatsbürgerschaft, unter ihnen ein Drittel Latinos, die sich im aktiven Militärdienst der US-Armee befinden.

Eine andere Entwicklung, die den Anwerbern des Militärs eine bessere Möglichkeit eröffnen könnte, Personen ohne US-Staatsbürgerschaft anzuwerben, insbesondere ImmigrantInnen ohne Papiere, ist das DREAM-Gesetz1, das im November 2005 in den Senat eingebracht wurde. Es sieht vor, dass bestimmten ausländischen StudentInnen die Möglichkeit eröffnet werden soll, sich für einen "bedingten ständigen Aufenthalt" zu qualifizieren, der auf sechs Jahre beschränkt ist. In diesen sechs Jahren können diese Personen ihren Status in ein ständigen Aufenthaltsrecht umwandeln, wenn sie eine der folgende Bedingungen erfüllen: einen akademischen Grad erwerben; eine zweijährige Ausbildung in einer Institution für höhere Bildung in den USA absolvieren; in den uniformierten Diensten einen zweijährigen Dienst ableisten, aus dem sie ehrenhaft entlassen werden.

Zu einer Zeit, wo das Militär darum kämpft, die vorgegebenen Rekrutierungszahlen zu erreichen, könnte dieses Gesetz die Tore für die Anwerber öffnen. Mit fast 300.000 Latinos, die jedes Jahr die Highschool abschließen und nur etwa 60.000 mit einem Universitätsabschluss, könnte das DREAM-Gesetz dazu führen, dass die Anwerber ihren Traum erfüllen können.

Mehr als 230 Latinos starben im Krieg und bei der Besetzung des Irak. In der Armee und den Marines (Elite-Kampfeinheit) - den beiden im Irak am stärksten vertretenen Abteilungen der Armee - sind Latinos mit 25 bzw. 20% vertreten, somit auch bezüglich der Teilnahme an Kampfoperationen.

Mit dem Ansteigen der Todesfälle und den Rekrutierungsbemühungen gibt es viele Latinos, die sich gegen den Versuch der Militärs wenden, ihre Jugendlichen für das Militär anzuwerben. Viele sind schon seit langer Zeit gegen die Rekrutierung aktiv und informieren ihre Gemeinden über die Risiken in der Armee. Andere, wie Fernando Suarez Del Solar, haben sich den Aktiven von Puerto Rico bis Südkalifornien angeschlossen, um in den Gemeinschaften der Latinos den Behauptungen der Anwerber entgegenzutreten. Fernando, der aus Tijuana kommt, wählte dafür den dritten Todestag seines Sohnes Jesus, der am 27. März 2003 im Irak starb, nachdem er auf eine US-Landmine getreten war.

Den Aktivisten der Latinos steht ein Etat von vier Milliarden für die Anwerbemaßnahmen entgegen. Sie helfen, den Trend umzukehren: Gegen die Militarisierung einer Generation. Zur Effektivität der Arbeit sagt Fernando: "Wenn ich beginne zu erzählen, frage ich, wie viele Jungen und Mädchen die Absicht haben, in die Armee zu gehen. Gewöhnlich heben fünf bis zehn ihre Hand. Am Ende stelle ich die Frage noch einmal. Dann sind es nur noch zwei oder drei. Und selbst diese sagen, dass sie den Anwerbern mehr Fragen stellen werden, bevor sie unterschreiben."

 

Oskar Castro ist Koordinator für das Nationale Jugend- und Militarismusprogramm vom American Friends Service Committee (Quäker). Er ist Mitglied des Nationalen Komitees der War Resisters’ League (WRL)

Fußnote

1. Gesetz über die Entwicklung, Sozialhilfe und Ausbildung von ausländischen Gruppen

Oskar Castro: Recruiting Latinos: Selling the American Nightmare. War Resisters’ League: The Nonviolent Activist, März/April 2006. Übersetzung: Rudi Friedrich. Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, September 2006.

Stichworte:    ⇒ Lateinamerika   ⇒ Rekrutierung   ⇒ USA