Eritreische Organisationen rufen auf zum Aktionstag am 10. Dezember: Stoppt den Krieg am Horn von Afrika!

Protest gegen Krieg und Zwangsrekrutierung

(07.12.2020) Anfang November 2020 eskalierte der Konflikt in der äthiopischen Provinz Tigray. Die äthiopische Regierung unter Ministerpräsident Abiy Ahmed startete eine Militäroffensive gegen Provinz Tigray, nach dem die dort regierende TPLF eine Wahl durchführte und eine militärische Eskalation vorantrieb. Vor wenigen Tagen erklärte Abiy Ahmed das Ende des Krieges. Tatsächlich wird der Krieg jedoch fortgeführt.

Von Anfang an stellte sich das eritreische Regime an die Seite der äthiopischen Regierung. Das im Norden des Tigray gelegene Land Eritrea, das unter der Diktatur des Präsidenten Isayas Afewerki steht, stellte Truppen zur Unterstützung der äthiopischen Militäroffensive bereit. Es gewährte dem äthiopischen Militär auch Zugang zu angrenzenden Gebieten und Häfen. Berichtet wird, dass eritreische Truppen in der Region Tigray eingesetzt werden. Aus der Region Tigray abgefeuerte Raketen trafen am 14. November 2020 Asmara, die Hauptstadt von Eritrea.

Wir verurteilen schärfstens den Krieg und wenden uns gegen jede ethnische Verfolgung.

Wir verurteilen jede Beteiligung des eritreischen Regimes an dem Bürgerkrieg in Äthiopien. Das Regime von Isayas Afewerki ist seit 1991 dafür bekannt, bei Konflikten mit Nachbarländern (Sudan, Äthiopien, Dschibuti und Jemen) zum Krieg zu greifen. Isayas Afewerki benutzt für die Ziele des Regimes eine Armee, die über eine unbefristet abzuleistende Wehrpflicht für Männer und Frauen eingesetzt wird. Es gibt deutliche Hinweise dafür, dass Eritrea umfangreichere Mobilisierung auch über Razzien durchführt, um weitere Menschen zwangsweise für die Armee zu rekrutieren.

Im Sommer 2018 hatten Eritrea und Äthiopien einen Friedensvertrag geschlossen, der die nach dem Grenzkrieg von 1998-2000 bestehende Pattsituation ohne Krieg und ohne Frieden beendete. Damals sind bei Kämpfen um die an der Grenze zu Tigray gelegene Stadt Badme mehr als 70.000 Menschen ums Leben gekommen. Auf Seiten Äthiopiens wurde damals die Regierung durch Verantwortliche aus Tigray geführt. Isayas Afewerkis aktuelle Kriegsbeteiligung ist seine Vergeltung gegenüber der TPLF, auf Kosten der Bevölkerung in Eritrea und Äthiopien. Der neuerliche Kriegseinsatz soll sein Regime festigen und die Militarisierung im Land ausweiten.

Auch nach der Eroberung der Hauptstadt von Tigray, Mekelle, wird der Krieg fortgesetzt. Auch wenn die äthiopische Regierung das Ende des Krieges erklärte, in anderen Gebieten des Tigray wird weiter gekämpft. Betroffen davon sind u. a. mehr als 150.000 eritreische Flüchtlinge, die aufgrund der Zwangsrekrutierungen und Menschenrechtsverletzungen in Eritrea nach Äthiopien flohen. 100.000 von ihnen haben Schutz in der Region Tigray erhalten. Eine Eskalation, eine Beteiligung Eritreas am Krieg, ist für sie von größtem Risiko. Berichtet wird von Gefangennahme und Deportation nach Eritrea.

In den letzten Jahren mussten wir beobachten, dass europäische Regierungen trotz unveränderter Menschenrechtsverletzungen in Eritrea eritreischen Flüchtlingen nur noch einen Schutz minderer Qualität zugestanden haben oder sie sogar ablehnten. Zudem wurden sie dazu genötigt, sich an die eritreischen Botschaften und Konsulate zu wenden, wo sie unter Druck gesetzt werden, eine 2%-Steuer an ihr Herkunftsland zu entrichten und einen sog. Reuebrief zu unterschreiben, in dem sie sich dazu bereit erklären, für ihre Flucht aus Eritrea jegliche Strafe hinzunehmen. Diese unverantwortliche Politik muss sofort gestoppt werden.

Der Krieg birgt größte Gefahren für die gesamte Region, für die dort lebenden Menschen und die dort Schutz suchenden Flüchtlinge. Er wird zu einer deutlich größeren Zahl von Flüchtlingen aus Äthiopien und aus der Region führen. Er wird u. a. die äthiopische Wirtschaft erschüttern. Dieser Krieg wird unsagbare Armut und eine Hungerkatastrophe zur Folge haben, wie es sie bereits Mitte der 1980er Jahre gab. Notwendig und verantwortlich wäre es, gemeinsam gegen die Corona-Pandemie und die Heuschreckenplage vorzugehen.

Wir rufen alle am Krieg beteiligten Parteien auf, den Krieg sofort zu stoppen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Wir fordern die Afrikanische Union, die Vereinten Nationen und die Europäische Union dazu auf, Druck gegen die Kriegsbeteiligten auszuüben, um diesen Krieg zu stoppen.

Stoppt den Krieg am Horn von Afrika! Schluss mit der Beteiligung Eritreas am Krieg!

Stoppt Zwangsrekrutierungen in den Krieg! Schützt und versorgt die Flüchtlinge! Stoppt das Leiden!

Wir rufen eritreische Gruppen und Organisationen sowie Unterstützer*innen in aller Welt dazu auf, an ihrem jeweiligen Ort am 10. Dezember 2020 Aktionen durchzuführen, dem Internationalen Tag der Menschenrechte.

Informiert über die Lage am Horn von Afrika, zeigt Solidarität mit den Opfern des Krieges, mit Kriegsgegner*innen und Flüchtlingen!

Wir bitten alle Gruppen und Organisationen, ihre Aktionen und Veranstaltungen zu melden bei Facebook HornAfrica - StopWar.

Aufruf vom 7. Dezember 2020 von: Eritrean Focus, Eritrean Movement for Democracy and Human Rights (EMDHR), Eritreischer Verein für Demokratie, Kultur und voneinander Lernen e.V. – Germany, Foundation Human Rights for Eritreans (Netherland), Network of Eritrean Women. Unterstützt von: Connection e.V.. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2021

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