Ein echter Schutz für alle, die sich dem Krieg verweigern, ist überfällig

von Connection e.V.

„Angesichts des Krieges in der Ukraine brauchen wir eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung und auch der europäischen Institutionen, dass bei Desertion und ausdrücklich auch bei Militärdienstentziehung in Russland Flüchtlingsschutz garantiert wird.“ Das sagte heute Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V. mit Blick auf die aktuellen Erklärungen von verschiedenen Mandatsträger*innen aus der Bundesregierung.

„Bislang sollen nur Deserteure und Oppositionelle aus Russland geschützt werden“, so Rudi Friedrich weiter. „Militärdienstentzieher sind von den Schutzversprechen jedoch ausdrücklich ausgenommen. Ein echter Schutz für alle, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange überfällig.“

Etwa 100.000 militärdienstpflichtige russische Männer, so schätzt Connection e.V., haben sich bereits in den letzten sechs Monaten einer möglichen Rekrutierung entzogen. „Viele haben schon damit gerechnet“, so Rudi Friedrich, „dass es nicht nur bei einem begrenzten Einsatz bleiben würde und haben vorsorglich das Land verlassen. Sie haben richtig gehandelt, die Politik jedoch unterstützt diese Abstimmung mit den Füßen nur sehr halbherzig.“

Deutsche Bundesregierung sagt nur Deserteuren aus Russland Schutz zu

Im Mai hatte das Bundesinnenministerium erklärt, dass „bei glaubhaft gemachter Desertion eines russischen Asylantragstellenden derzeit in der Regel von drohender Verfolgungshandlung für den Fall der Rückkehr in die Russische Föderation ausgegangen“ werde. Damit könnten sie als Flüchtling anerkannt werden, sofern sie ihre Desertion nachweisen können. In der Mitteilung des Innenministeriums wird jedoch ausdrücklich weiter ausgeführt, dass „Wehrdienstflüchtlinge von den Ausführungen nicht umfasst“ sind. „Es ist ein untragbarer Zustand,  dass Menschen, die sich rechtzeitig den Rekrutierungen zu Militär und Krieg entziehen, von der Regelung ausgeschlossen werden.“, erklärt Rudi Friedrich dazu. „Wir brauchen eine klare Zusage der deutschen Bundesregierung und auch der europäischen Institutionen, dass bei Desertion und ausdrücklich auch bei Militärdienstentziehung in Russland in Zeiten des Krieges in der Ukraine als oppositionelle politische Haltung gewertet wird und diese Menschen damit auch den notwendigen Schutz erhalten. Es braucht darüber hinaus offene Fluchtwege, damit diese Menschen überhaupt die Europäische Union erreichen können. Eine Verschärfung der Visapflicht war das völlig falsche Signal.“

Teilmobilmachung betrifft alle Reservisten – Kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung

Die jetzt beschlossene Teilmobilmachung in Russland betrifft im Wortlaut alle Reservisten. Ankündigungen der russischen Regierung, dass lediglich kampferfahrene Reservisten einberufen werden, sind offenbar vorgeschoben. „Uns erreichen Berichte“, berichtet Rudi Friedrich aus der Beratungsarbeit, „dass auch junge Reservisten, die kurz zuvor ihren Militärdienst abgeleistet hatten, einberufen werden.“

In Russland besteht eine Wehrpflicht für Männer, die 12 Monate Dienst abzuleisten haben. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung kann nur vorher beantragt werden. Das bedeutet, dass allen Soldaten und Reservisten die Antragstellung zur Kriegsdienstverweigerung verwehrt ist.

Europaweite Unterschriftenkampagne für Deserteure und Verweigerer aus Russland, Belarus und Ukraine gestartet

Connection e.V. setzt sich aktuell gemeinsam mit weiteren Organisationen auf europäischer Ebene für einen asylrechtlichen Schutz russischer sowie belarussischer Deserteure und Verweigerer ein. Mit der Petition wird zudem eine Unterstützung auch ukrainischer Kriegsdienstverweigerer eingefordert, die mehrjährige Haftstrafen befürchten müssen. „Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist als Menschenrecht anerkannt“, schließt Rudi Friedrich ab. „Internationale Regelungen weisen deutlich darauf hin, dass es nicht aufgrund eines Krieges eingeschränkt werden darf. Insofern verstößt die Ukraine mit der Entscheidung, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung auszusetzen, gegen internationales Recht.“

Connection e.V. bittet um Unterstützung der Petition, die in verschiedenen Sprachen auf der Plattform WeMove.eu vorliegt.

Weitere Informationen unter https://de.Connection-eV.org/ObjectWarCampaign

Connection e.V.: Pressemitteilung vom 23. September 2022

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