Blake Lemoine

Blake Lemoine

USA: "Dank für alles, was Ihr getan habt"

Interview mit US-Verweigerer Blake Lemoine

Der US-Verweigerer Blake Lemoine wurde am 14. September wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft im US-Militärgefängnis Fort Sill entlassen. Er hatte Anfang des Jahres 2005 aufgrund seiner Erfahrungen als US-Soldat im Irakkrieg den Kriegsdienst verweigert und leistete im Militär Widerstand, indem er keine Befehle mehr ausführte. Obwohl er seine Kriegsdienstverweigerung erklärt hatte, war er am 28. März 2005 wegen Befehlsverweigerung zu sieben Monaten Haft verurteilt worden.Connection e.V. hatte ihn gemeinsam mit anderen Organisationen in seiner Entscheidung unterstützt. Nach seiner Haftentlassung hatte Rudi Friedrich Gelegenheit, mit Blake Lemoine zu sprechen. (d. Red.)

Wie geht es Dir nach der Freilassung?

Mir geht es gut. Das Leben geht weiter. Alle Erfahrungen, die ich gemacht habe, waren lehrreich für mich. Ich gehe daraus gestärkt hervor.

Welche Zukunftspläne hast Du?

Ab kommendem Frühjahr werde ich einen Kurs in Informatik machen.

Wie beurteilst Du die Unterstützung, die Du in Deutschland erhalten hast?

Ich denke, dass die Bewegung ihr Herz am richtigen Platz hat. Aber es ist natürlich schwierig, Veränderungen herbeizuführen, da sie es mit dem US-Militär bzw. der US-Regierung zu tun hat. Die US-Regierung ist in der Lage, die Aktivitäten zu ignorieren, bis die Friedensbewegung von selbst aufgibt. Und das ist - so bedauerlich es ist - in meinem Fall passiert. Es gab zwei bis drei Monate sehr intensiven Protest, der von der US-Regierung einfach ignoriert wurde. Schließlich wurden die Europäer und Deutschen müde, ihn fortzusetzen und dabei ignoriert zu werden.

Es ist tatsächlich so, dass die US-Regierung augenblicklich ein Hegemon ist, eine Supermacht. Wie viel sich auch die Kleinen beschweren, die US-Regierung wird sie ignorieren. Wenn auch alle auf der Welt wollen, dass sich die USA aus dem Irak zurückzieht: Solange die US-Regierung nicht abziehen will, macht sie das auch nicht. Sie machen, was ihnen gefällt, im Großen und Ganzen ohne an die Beziehungen zu anderen Ländern zu denken.

Hattest Du auch in den USA Unterstützung erhalten?

Eigentlich nicht. Mein Fall fand Erwähnung, es wurde ein wenig darüber geredet. Aber abgesehen davon gab es in den USA keine Aktionen.

Warum bist Du damals zur Armee gegangen?

Für mich hatte es finanzielle Gründe, einen Job zu haben. Zudem bin ich direkt nach dem 11. September in die Armee eingetreten. Ich wollte der USA dabei helfen, das Land vor Terroristen zu schützen. Es endete aber damit, in den Krieg zu ziehen. Ich weiß bis heute nicht, weshalb wir im Irak sind. Das hat sehr wenig mit dem Kampf gegen Terrorismus zu tun.

Weshalb warst Du so sicher, mit Deiner Verweigerung das Richtige zu tun?

Das lässt sich wahrscheinlich auf einen ganz bestimmten Tag zurückführen. Mir wurde klar, dass ich zu wählen hatte. Ausgelöst wurde das durch Kleinigkeiten, ein Theaterstück, das ich gesehen hatte, ein Lied, das ich im Radio hörte. Und dann wurde mir klar, dass ich nicht so weitermachen konnte: Entweder musste ich an etwas anderes glauben oder ich musste ändern, was ich tat.

Ich denke, dass Deine Entscheidung, im Militär zu verweigern und damit an die Öffentlichkeit zu gehen, sehr bedeutsam war. Sicherlich gibt es noch mehr US-Soldaten, die dies tun wollen. Wie wäre es möglich sie zu erreichen?

Es sollte verstärkt darüber informiert werden, was Rekrutierung bedeutet, was die US-Armee wirklich darstellt. Im Rekrutierungsbüro wird von den Anwerbern nicht unbedingt gelogen, sondern vielmehr alles irreführend dargestellt: die ganze Idee Militär, die Geschichte. Bildung und Information ist langfristig die beste Antwort. Den 16-18jährigen, die von der Armee angeworben werden, sollte man erzählen, wen sie dann umbringen sollen. Es sind nicht die bösen Terroristen, sondern einfach ein anderer "Joe", der sein Haus verteidigt. Wir bringen dort ganz normale Menschen um. Wir sollten die Jugendlichen darüber informieren und ihnen dann die Entscheidung überlassen, ob sie zur Armee gehen wollen oder nicht.

Es muss auch klar werden, dass es ein Sklavenvertrag ist, wie dies auch schon der Oberste Bundesgerichtshof der USA festgestellt hat. Denn so wie mir ist es auch einigen anderen ergangen: Kevin Benderman, Camilo Mejia, Pablo Paredes oder Aidan Delgado. Die einzige Möglichkeit für Leute wie uns ist es, in den Knast zu gehen.

Möchtest Du der deutschen Friedensbewegung etwas mitteilen?

Danke, vielen Dank für alles, was Ihr getan habt: Briefe ins Gefängnis zu schreiben, an den Rechtshilfefonds zu spenden. All das war eine wichtige Unterstützung. Es gab viel Hilfe, für die ich sehr dankbar bin. Kämpft weiter!

Der Kampf kann aber nicht nur in Europa stattfinden. Ich sagte es schon: Die USA kann dies einfach ignorieren. Aber wenn die Rekrutierungszahlen gegen Null gehen, dann kann das von der US-Regierung nicht mehr ignoriert werde. Die Europäer können über das Internet, über E-Mails und anderes mehr den Kampf in die USA tragen, indem sie die Jugendlichen dort informieren und aufklären.

Interview mit Blake Lemoine, 10. Oktober 2005. Abschrift und Übersetzung: Thomas Stiefel. Bearbeitung: Rudi Friedrich. Veröffentlicht in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg": Rundbrief »KDV im Krieg«, November 2005

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