Travis Bishop

Travis Bishop

USA: Rechtsanwalt schildert Menschenrechtsverletzungen an Verweigerern

von Dahr Jamail, Truthout

(13.10.2009) Anwälte und Veteranengruppe sind alarmiert über aktuelle Berichte, dass zwei US-Soldaten, die in der Militärstrafanstalt in Fort Lewis inhaftiert sind, Opfer von Misshandlung und der Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte geworden sind.

Travis Bishop, der bereits einmal im Irak eingesetzt war und inzwischen von Amnesty International als Gewissensgefangener adoptiert worden ist, verweigerte die Verlegung nach Afghanistan. Ein anderer Soldat, Leo Church, verließ vor Kurzem unerlaubt die Armee, um zu verhindern, dass seine Familie obdachlos wird.

Der Anwalt von beiden Soldaten, James M. Branum, berichtete Truthout, dass möglicherweise beide bei einer Leibesvisitation gefilmt wurden. Sie wurden auch von weiblichen Wachhabenden in der Toilette und im Duschraum beobachtet. Beiden Soldaten wurde zudem jeweils ein vertrauliches Gespräch mit Anwälten verweigert, alle Telefongespräche mit dem Anwalt wurden unrechtmäßig von Wachhabenden mitgehört.

Branum erklärte dazu: „Die Einheit in Fort Lewis verletzt damit die verfassungsmäßigen Rechte meiner Klienten, insbesondere den Achten Zusatzartikel zur Verfassung (Verbot von grausamer oder ungewöhnlicher Bestrafung) und den Sechsten Zusatzartikel (Recht auf Beratungj). Diese Misshandlungen müssen beendet werden.“

Seth Manzel, Veteran der Radpanzerbrigade in Fort Lewis und Leiter der Veteranenunterstützungsgruppe G.I. Voice, erklärte dazu: „Diese Techniken der sexuellen Erniedrigung sind nicht sehr viel anders, als das, was mit ausländischen Gefangenen in Abu Ghraib in Irak und in Bagram in Afghanistan praktiziert wurde. Benutzt die Armee in Fort Lewis verschärfte Verhörmethoden, um US-Soldaten hier zu Hause zu brechen?“

Manzel sagte gegenüber Truthout am Telefon, er wolle, dass bekannt werde, dass diese Übergriffe gegen Soldaten erfolgen, „die sich zur Verteidigung ihres Landes verpflichtet hatten“ und weiter: „Dass es möglich ist, dass wir dies unseren eigenen Soldaten antun, zeigt, wie erstaunlich barbarisch dieses System ist.“

Andere Anwälte und Veteranen haben schon länger über Menschenrechtsverletzungen in dieser Haftanstalt in Fort Lewis berichtet, darunter auch sexuelle Erniedrigung durch weibliche Wachhabende. In den Berichten taucht der Fall von Michael Levitt aus dem Jahre 2005 auf, der als Antwort auf sexuelle Erniedrigungen durch Wachhabende seine Zellentoilette verstopfte und daraufhin 109 Stunden lang auf einem Stuhl mit Metallrahmen, aber ohne Sitzfläche, gefesselt wurde. Auch andere Verweigerer, wie Kevin Benderman und Suzanne Swift saßen in dieser Haftanstalt ein.

Manzel, der auch das Kaffeehaus des GI-Widerstandes, Coffee Strong, in der Nähe von Fort Lewis mit betreut, ergänzte: „Wir versuchen, auf die Lage der beiden aufmerksam zu machen und sie direkt zu unterstützen. Wir hoffen vor allem, Druck auf die Führung in Fort Lewis ausüben zu können, damit deren grundlegende Menschenrechte beachtet werden. Die Führung, die Gerichte und andere Soldaten der Einheit sollen wissen, dass es Unterstützung von außen für die Verweigerer gibt.“

Am 28. September hatte Truthout darüber berichtet, dass sich beide Soldaten in Isolationshaft befanden, was dem Sechsten Zusatzartikel der Verfassung widerspricht.

Im Sechsten Zusatzartikel, der Teil der Verfassung, der Bill of Rights ist, werden weitere Rechte bezüglich von Strafverfahren definiert: „In allen Strafverfahren hat der Angeklagte Anspruch auf einen unverzüglichen und öffentlichen Prozess vor einem unparteiischen Geschworenengericht desjenigen Staates und Bezirks, in welchem die Straftat begangen wurde, wobei der zuständige Bezirk vorher auf gesetzlichem Wege zu ermitteln ist. Er hat weiterhin Anspruch darauf, über die Art und Gründe der Anklage unterrichtet und den Belastungszeugen gegenübergestellt zu werden, sowie auf Zwangsvorladung von Entlastungszeugen und einen Rechtsbeistand zu seiner Verteidigung.“

Nach Angaben von Branum beobachteten Wachhabende seine Gespräche mit den Soldaten. Zudem ist der Raum in Fort Lewis, in dem die Gespräche stattfanden, nicht schalldicht. „Die Wachhabenden sagen, der Raum ist noch nicht fertig. Das Problem ist, dass sie das neue Gefängnis mit einer großen Zeremonie im August eröffnet haben. Aber der Anwaltsraum ist nicht fertig. Dann müssen die Betroffenen eben in ein anderes Gebäude überstellt werden, wo ein vertrauliches Gespräch möglich ist.“ Branum ergänzte: „Das letzte Mal, als ich mit Travis am Telefon sprach, sagte er mir, dass es weitere Vorfälle gegeben habe. Aber er konnte nicht ins Detail gehen, da unser Gespräch mitgehört wurde.“

Rechtsanwalt LeGrande Jones, der in Olympia tätig ist und von Branum als lokaler Vertreter für Bishop benannt wurde, wurde ebenfalls der Zugang zu Bishop verweigert.

Branum sagte, dass den Soldaten auch die Rechte des Achten Zusatzartikels der Verfassung versagt worden seien. „Der Achte Zusatzartikel verbietet grausame und ungewöhnliche Bestrafung“, erklärte Branum gegenüber Truthout. „Sexuelle Erniedrigung darf nicht als Strafmaßnahme benutzt werden. In der zivilen Welt wäre es nicht gestattet, dass weibliche Wachhabende Männer beim Duschen überwachen. Es gibt einfach keinen Grund, Wachhabende anderen Geschlechts diese Arbeit machen zu lassen, gerade wo das Militär so stark männerdominiert ist. Es ist wirklich beklemmend, dass sie dies in Fort Lewis praktizieren.“

Branum sagte weiter, dass Leo Church einer Leibesvisitation unterzogen und ihm gesagt wurde, dass die Kameras laufen.

Bishop sitzt im Gefängnis, weil er sich aus Fort Hood, Texas, unerlaubt entfernt hat, am Tag, als er nach Afghanistan verlegt werden sollte. Er machte dies, so sagte er, „um Zeit für die Vorbereitung meines Antrages zu haben“. Ungefähr eine Woche hielt er sich außerhalb der Einheit auf, bereitete seinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung vor und suchte rechtlichen Rat. Er kehrte freiwillig zurück und übergab seinen Antrag. Er wurde von der Armee trotzdem angeklagt.

Church wurden wegen unerlaubter Abwesenheit inhaftiert. Er hatte die Armee verlassen, um zu verhindern, dass seine Frau und Kind obdachlos werden. Er versuchte, Hilfe von der Einheit zu erhalten, was ihm jedoch verweigert wurde. Stattdessen wurde er zu acht Monaten Haft verurteilt. Aufgrund dieser Tortur sah er sich schließlich gezwungen, seinen neugeborenen Sohn zur Adoption freizugeben. Church sagte: „Alles, was ablief, dass ich die Armee verlassen habe, alles tat ich für meine Familie, da ich von der Armee keine Unterstützung erhielt. Amanda und ich mussten unseren Sohn, Austin, zur Adoption freigeben, in ein liebenswertes Zuhause. Wir wollten nicht, dass er die Auseinandersetzungen miterlebt, die wir ertragen mussten und dass er ohne Vater aufwächst, weil ich im Gefängnis sitze.“

Andrew VanDenBergh, Veteran der Marine im Irakkrieg und Mitglied von G.I. Voice, erklärte in einer Pressemitteilung zu Leo Church: „Er ging zur Armee, fand heraus, dass seine Familie obdachlos war und es wurde ihm nicht erlaubt, dafür zu sorgen, dass sein Kind nicht auf der Straße leben muss. Dann ging er, um für seine Familie zu sorgen und musste sein Kind zur Adoption freigeben. Nun sitzt er im Gefängnis und wird misshandelt. Wofür? Weil er sich um sein Kind sorgte?“

Fort Lewis bleibt umstritten auch aufgrund aktueller Enthüllungen, dass eine zivile Sicherheitskraft bei Gruppen spioniert hat, die gegen die Verladung von Radpanzern über lokale Häfen sind.

Dahr Jamail, Truthout: Attorney reports human rights abuses of GI resisters, 13. Oktober 2009. Auszüge. Übersetzung: Rudi Friedrich und Thomas Stiefel

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