Mehmet Bal

Mehmet Bal

Türkei: Soldaten wegen Misshandlung eines Verweigerers verurteilt

von amnesty international

(19.11.2009) Ein Militärgericht verurteilte am 13. November 2009 drei türkischer Soldaten in Istanbul zu drei Monaten und 10 Tagen Haft, weil sie Mehmet Bal im Juni 2008 „vorsätzlich verletzt“ haben. Mehmet Bal war wegen Militärdienstentziehung am 8. Juni des Jahres verhaftet und im Militärgefängnis Hasdal in Istanbul inhaftiert worden. Seine Anwälte berichteten Amnesty International am nächsten Tag, dass der Vorgesetzte Offizier Mehmet Bal in eine Gefängniszelle bringen ließ und anderen Gefangenen des Militärgefängnisses befahl, zu „tun was notwendig ist, um ihn an die Gefängnisregeln zu erinnern“.

Daraufhin traten Gefangene Mehmet Bal und schlugen ihm mit einem Holzscheit auf den Körper und ins Gesicht. Nach dem Angriff wurde Mehmet Bal in das Militärkrankenhaus Gümüssuyu zur Behandlung überstellt. Am 10. Juni wurde er zurück in das Militärgefängnis Hasdal gebracht, ohne, so die Berichte, vollständig von seinen Verletzungen genesen zu sein. Mehmet Bal wurde schließlich am 24. Juni freigelassen. Im Dezember 2008 wurde er wegen der gegen ihn erhobenen Anklagen für nicht schuldig befunden.

Die drei Soldaten, die nun wegen „vorsätzlicher Verletzung“ verurteilt wurden, waren alles Gefangene, die zur gleichen Zeit wie Mehmet Bal inhaftiert waren.

Gegen den vorgesetzten Offizier, der vermutlich die Gefangenen angewiesen hatte, Mehmet Bal zu schlagen, wurde keine Anklage erhoben, auch nicht gegen andere Verantwortliche des Gefängnisses.

Die Anwälte von Mehmet Bal haben gegen das Urteil Klage erhoben, da sie der Auffassung sind, dass die Männer wegen „Quälens“ (eziyet), einer schwereren Straftat, verurteilt hätten werden sollen.

„Wir begrüßen es, dass die Soldaten, die Mehmet Bal misshandelten, verurteilt wurden. Aber Mehmet Bal hätte niemals verhaftet werden dürfen, weil er für sich das Recht in Anspruch genommen hat, aus Gewissensgründen die Ableistung des Militärdienstes zu verweigern,“, sage Andrew Gardner, Mitarbeiter von Amnesty International mit dem Schwerpunkt Türkei.

Kriegsdienstverweigerer werden in türkischen Militärgefängnissen häufig nach ihrer Verhaftung wegen ihrer Weigerung, den Militärdienst abzuleisten, misshandelt.

Amnesty International hat wiederholt die türkische Regierung aufgefordert, die Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern einzustellen und eine zivile Alternative zum Militärdienst zu ermöglichen, die sich in Übereinstimmung mit den europäischen und internationalen Empfehlungen befindet.

Die Gesetzgebung, die die wiederholte Verfolgung und Verurteilung von Kriegsdienstverweigerern erlaubt, ist nach wie vor in Kraft, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte, dass solche Praktiken eine Verletzung des Artikels 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellen (Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung).

In den meisten Fällen werden keine effektiven Untersuchungen nach Foltervorwürfen und anderen Misshandlungen gegen Vertreter des Staates durchgeführt. Die Verantwortlichen werden nicht zur Rechenschaft gezogen.

amnesty international: Soldiers convicted for ill-treatment of conscientious objector in Turkey. 19. November 2009. Übersetzung: Rudi Friedrich, Connection e.V. Auszüge. http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/news/soldiers-convicted-ill-treatment-conscientious-objector-turkey-20091119. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe April 2010

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