Demonstration in Frankfurt am Main

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Über den Bürgerkrieg in Äthiopien

von Globales Netzwerk Eritreischer Frauen

(14.02.2021) Die Geschichte des bewaffneten Kampfes vor der Unabhängigkeit konnte nur durch unsere Beteiligung und gegenüber den Männern gleichwertigen Einsatz unseres Lebens, unseres Schweißes und unseres Blutes erreicht werden. Unser Einfluss auf die sozialen und politischen Strukturen ließ nicht nach; es wurde erwartet, dass wir im Grenzkrieg mit Äthiopien 1998-2000 erneut unsere Leben für den Aufbau der Nation den Schutz und die Erhaltung unseres souveränen Staates opfern.

Wir schätzen die so zahlreich gegebenen Opfer, die gegeben wurden, um unsere einzigartige soziale Struktur und historische Bedeutung zu bewahren. Wir sitzen weder untätig herum, noch tolerieren wir die die unmenschlichen und verräterischen Handlungen, die wir in den letzten Jahrzehnten gegenüber unseren Bürgern im Allgemeinen erlebt haben, ausgeübt von einer brutalen Diktatur. Wir erheben unsere Stimme gegenüber allen Nationen – insbesondere denjenigen, die Kriege initiieren, planen und mit den Kriegstreibern übereinstimmen. Wir schämen uns für sie – und dies ist eine Ungerechtigkeit für alle!!

Welchen Nutzen kann Krieg haben, außer anderen oder sich selber den Tod zuzufügen, Hunger, Krankheit, Elend, Gewalt gegen Frauen und langfristige Armut zu verursachen. Wie in der Vergangenheit wiederholt sich die Geschichte in Äthiopien. Wir wissen genau, was in Tigray passiert, weil es uns genauso während des kommunistischen Regimes der äthiopischen Derg erging. Es war vom Westen ignoriert worden und vom Ostblock ausgeheckt. Und es verursachte uns gegenüber irreparablen Schaden.

Wir verurteilen vorbehaltlos, was im ganzen Land mit der tigrayischen Bevölkerung passiert. Wir erleben Völkermord, sexuelle Gewalt gegen Frauen als Mittel der Kriegsmaschinerie, Gewalt gegen junge Menschen und Kinder, gegen alte und gebrechliche Menschen. Weder Priester noch Imame, weder Kirchen noch Moscheen bleiben von der Koalition äthiopischer Bundestruppen und eritreischem Militär verschont.

Wir waren uns der wachsenden Differenzen und gewaltsamen Zusammenstöße der 10 Bundesländer Äthiopiens seit dem Aufstieg von Dr. Abiy Ahmed in der äthiopischen Politik bewusst. Von diesen Bundesländern war die Region Tigray am stabilsten. Wir glauben fest an die Unerfahrenheit und Machtgier von Dr. Abiy, der für den Krieg gegen den Bundesstaat Tigray von Isayas Afewerki getäuscht wurde – unter zustimmenden Nicken des damaligen Präsidenten Trump aus dem Weißen Haus. Die westliche Welt ist wie immer ehrfürchtig erstarrt in Schock und Stille, beschäftigt mit der Covid-19-Pandemie.

Wir sagen „Nicht in unserem Namen“ zu der massenhaften Invasion eritreischer Soldat*innen in den Tigray. Sie verursachten zusätzliche Zerstörungen, Plünderungen, willkürliche Tötung und Vergewaltigungen von Frauen als Teil des Krieges gegen die Bevölkerung und absichtliches böswilliges Verhalten sowie untypisches Verhalten einzelner Personen, angespornt und unter Druck gesetzt durch Befehle der verantwortlichen Offiziere. Wenn Befehlen nicht gefolgt wurde, folgte die Todesstrafe. Das galt auch gegenüber höherrangigen Offizieren. Es gab einige unter ihnen, die sich weigerten, Befehle auszuführen. Sie wurden durch die Regierung in Asmara exekutiert.

Diese extremen Anordnungen wurden angewiesen, um sicherzustellen, dass zukünftige Generationen der eritreischen und tigrayischen Bevölkerung sich gegenseitig hassen, was wir für die Zukunft unbedingt beachten müssen. Aus dem gleichen Grund muss jeder, der diesen Krieg überlebt, daran erinnert werden, dass all die jungen Menschen, die zwangsweise in die eritreische Armee rekrutiert wurden und die gegenwärtig dazu gezwungen werden an solchen Orgien von Gewalt teilzunehmen, unsere Empathie verdienen. Es muss ein sorgfältiger Plan aufgestellt werden, um ihnen bei der Bewältigung der unter den Kriegsbedingungen erlittenen Traumata zu helfen. Als Mütter sehen wir all das, was dort geschieht, als unnatürlich an.

Wir, das Globale Netzwerk Eritreischer Frauen im Exil, möchte daher folgende Botschaften erklären und weitergeben:

  • Wir verurteilen vorbehaltlos alle Formen von Gewalt und den Völkermord im Tigray;
  • Wir fordern die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, Frauen, die im Rahmen des Krieges der Koalitionsstreitkräfte der äthiopischen Bundes- und eritreischen Streitkräfte sexuelle Gewalt und andere Formen von Gewalt erlitten haben, besondere Aufmerksamkeit zu widmen und so bald wie möglich Hilfe anzubieten;
  • Wir fordern die äthiopische Bundesregierung nachdrücklich auf, die internationalen Verträge und Normen zu respektieren und einzuhalten und dem UNHCR ungehinderten Zugang zu gewähren, um die notleidende Bevölkerung zu erreichen;
  • Wir verurteilen die Invasion der eritreischen Armee im Tigray. Daher fordern wir die Armee auf, sich unverzüglich zurückzuziehen;
  • Wir verurteilen die Entführung eritreischer Flüchtlinge aus dem Tigray und fordern die eritreische Regierung auf, alle Formen von Gewalt gegen Flüchtlinge zu stoppen;
  • Um ihre Sicherheit zu schützen und zu gewährleisten, müssen wir alternative Lösungen finden, z.B. die Umsiedlung in ein Drittland;
  • Wir fordern die in Eritrea stationierte äthiopische Bundesarmee auf, sich sofort zurückzuziehen.

Eritrean Women Global Network – Yiakl: On Civil War in Ethiopia. Press Release, 14. Februar 2021. Quelle: https://eritreahub.org/eritrean-women-speak-out-rape-and-sexual-violence-by-eritrean-troops-in-tigray-not-in-our-name. Die Erklärung wurde von etwa 500 Personen unterzeichnet.

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