Britischer Verweigerer Joe Glenton zu 9 Monaten Haft verurteilt
Organisationen rufen zu Solidaritätsschreiben auf
(07.03.2010) Am 5. März 2010 wurde der britische Afghanistankriegsverweigerer Joe Glenton zu einer neunmonatigen Haftstrafe wegen Unerlaubter Abwesenheit verurteilt. Connection e.V., Iraq Veterans Against the War Europe und die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen verurteilen gemeinsam mit vielen anderen Organisationen weltweit schärfstens das Urteil des Militärgerichts in Colchester. Die Organisationen rufen zu Solidaritätsschreiben an Joe Glenton auf.
Joe Glenton verließ 2007, traumatisiert durch den siebenmonatigen Kriegseinsatz in Afghanistan, seine Einheit. Zwei Jahre später stellte er sich und machte seine Verweigerung bei einer Demonstration in London öffentlich. Das Militär reagierte harsch: Da es ihm zuvor jede öffentliche Äußerung untersagt hatte, klagte es ihn nun wegen fünfmaliger Befehlsverweigerung an und nahm ihn in Haft. Erst nach einem Monat wurde er auf Kaution mit der Auflage aus der Haft entlassen, sich nicht weiter öffentlich zu äußern. In einer Vorverhandlung im Februar 2010 wurden die Anklagen wegen Befehlsverweigerung zurückgezogen, die Anklage wegen Desertion wurde auf Unerlaubte Abwesenheit reduziert.
Glentons Anwalt, John Tipple, geht davon aus, dass das Militär die Anklage reduzierte, um eine gründlichere Beweisaufnahme zu verhindern. Glenton hatte geplant, bei einer Anklage wegen Desertion einen Gutachter zur Verteidigung aufzurufen, der sich mit der Frage beschäftigen sollte, ob der Konflikt in Afghanistan internationalem Recht entspricht.
Joe Glenton wurde nun verurteilt, obwohl der Gutachter Lars Davidsson posttraumatische Störungen festgestellt hatte, die Glenton aufgrund seines Einsatzes in Afghanistan erlitten hat. Seine damalige Bitte, ihn zu behandeln, wurde brüsk zurückgewiesen. Sein Vorgesetzter nannte ihn einen Feigling und Simulanten.
Zum Prozess hatten nach einem Aufruf des britischen Zweigs des internationalen Netzwerks Payday (UK) Gruppen und Organisationen in Russland, den USA, Deutschland, der Türkei, Großbritannien, Italien, Irland, Griechenland und Polen mit Öffentlichkeitsarbeit, Mahnwachen und Kundgebungen die Einstellung des Verfahrens gegen Joe Glenton gefordert. Mehrere Tausend Unterschriften wurden in den letzten Wochen an die britische Regierung übergeben.
Die Mutter von Joe Glenton, Sue Glenton, sagte nach dem Urteil: „Ich bin sehr verärgert. Das Gericht hat sich noch nicht einmal bemüht, gerecht zu sein. Die Richterin hat offensichtlich den Argumenten nicht zugehört oder sie einfach ignoriert. Die Anwälte erwägen, Klage gegen das Urteil einzureichen. Der Verteidigungsminister wird noch von mir hören.“
Connection e.V., Iraq Veterans Against the War Europe und die DFG-VK Hessen bitten um Solidaritätsschreiben für Joe Glenton. Sie können schreiben
- über die Website www.Connection-eV.org/aktion-gb.php
- an defendjoeglenton(at)gmail(dot)com
- an Joe Glenton, Military Corrective Training Centre, Berechurch Hall Camp, Colchester CO2 9NU, Großbritannien
Connection e.V., Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Hessen und Iraq Veterans Against the War (IVAW) Europe: Pressemitteilung vom 7. März 2010. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe April 2010
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