Wir fordern Entschuldigung und Entschädigung
Eritreischer Deserteur berichtet auf der Pressekonferenz über die Abschiebung aus Deutschland
(09.09.2010) Ich bin wie viele andere Eritreer auch wegen der unmenschlichen Situation in unserem Land geflüchtet. Als Deserteur hatte ich eine harte Strafe zu erwarten. Nur weil ich nicht mehr in meinem Land leben konnte, bin ich 2007 nach Deutschland gekommen. Ich hoffte, hier Schutz zu finden, als Flüchtling anerkannt zu werden und meine Freiheit zu genießen. Aber es kam anders, als ich erwartete.
Ich kam zusammen mit Yonas in Frankfurt an. Nachdem wir von den Sicherheitskräften am Flughafen aufgegriffen wurden, brachten sie uns in das Gefängnis in der Cargo City im Flughafen.
Wir beantragten Asyl. Eine Anhörung fand statt, aber mein Asylantrag wurde abgelehnt, wie bei Yonas auch.
Uns wurde mitgeteilt, dass wir Klage erheben könnten, was wir auch taten. Aber wir konnten nicht raus, konnten uns nur von draußen anrufen lassen.
So verging ein Monat. In dieser Zeit kamen immer wieder Sicherheitskräfte, um uns zu verhören: „Wer hat Euch nach Deutschland gebracht? Wie habt Ihr das Visum bekommen?“ Sie drohten uns, wenn wir nicht die Wahrheit sagten, würden wir nach Eritrea abgeschoben.
Eines Tages, es war der 14. Januar 2008, kamen Polizisten und sagten, „Such Dir Deine Sachen zusammen.“ Dann fesselten sie mich und brachten mich zu viert über den Hintereingang zum Flughafen. Am Flugzeug habe ich versucht, Widerstand zu leisten. Die Passagiere bekamen das mit und schließlich kam der Pilot und weigerte sich, uns mitzunehmen. So scheiterte der erste Abschiebeversuch.
Auch bei einem zweiten Abschiebeversuch im März wehrte ich mich, bis der Pilot die Mitnahme verweigerte. Danach nahmen mir die Sicherheitskräfte Geld ab, ungefähr 500 Dollar, und brachten mich wieder zurück. Sie drohten mir, ich würde schon abgeschoben werden, selbst wenn es ein Privatjet ist.
Wir hatten mitbekommen, dass verschiedene Organisationen gegen eine drohende Abschiebung protestiert hatten. Wir selbst waren auch drei oder vier Tage in Hungerstreik gegangen, um deutlich zu machen, wie ernst die Situation für uns ist. Aber das hat niemanden interessiert. Deren Interesse war nur, uns abzuschieben.
Sechs Monate lang, Tag für Tag, lebten wir mit der Angst, was passiert, wenn wir wirklich abgeschoben werden. Schließlich kam im Mai 2008 der eritreische Konsul zu uns, Herr Debas. Er fragte uns, ob wir Eritreer sind, was wir bejahten. Er antwortete: „Dann müsst Ihr zurück.“ Da war es uns klar: Es ist aus.
Wir sind vor einer Diktatur geflohen und hofften auf den Schutz hier in Deutschland, einem freien und demokratischen Land. Aber am 14. Mai 2008 wurden wir tatsächlich nach Eritrea abgeschoben. Wir landeten direkt im Maul eines Krokodils.
Es geht nicht aus meinem Kopf: Was uns widerfahren ist, war wie ein Todesurteil. Und es betraf nicht nur mich, sondern auch meine Familie. Was uns passierte, geschah nur, weil wir aus Deutschland abgeschoben wurden.
Wir hatten Glück. Wir konnten erneut fliehen. Und wir hatten Unterstützung in Deutschland. Dafür sind wir sehr dankbar. So erhielten wir in Abwesenheit Asyl und konnten erneut hier einreisen. Jetzt sind wir wie neu geboren.
Aber für all das, was uns geschah, sind auch die deutschen Behörden verantwortlich, die uns in diese Hölle schickten. Deshalb fordern wir heute die deutschen Behörden auf, sich bei uns zu entschuldigen und uns zu entschädigen.
Das ausführliche Interview mit Yonas M. und Petros M. erschien in der Broschüre "Eritrea: Desertion, Flucht & Asyl" im September 2010 (...mehr)
Petros M.: Wir fordern Entschuldigung und Entschädigung. Beitrag auf der Pressekonferenz am 9. September 2010. Übersetzung: Yonas Bahta
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