Das Bundesamt hätte niemals ablehnen dürfen
Beitrag zur Pressekonferenz "Eritreische Deserteure berichten über Inhaftierung und Folter"
(09.09.2010) Sehr geehrte Damen und Herren,
im Zentrum dieser Pressekonferenz stehen die betroffenen eritreischen Flüchtlinge selbst. Ich möchte deshalb nur wenige Anmerkungen machen.
Als Yonas M. und Petros M. im Mai 2008 abgeschoben wurden, waren die Fakten zur Situation von Deserteuren in Eritrea, zum brutalen Vorgehen des eritreischen Regimes gegen sie längst bekannt. Die Quellenlage hätte berücksichtigt werden müssen. Das Bundesamt hätte die beiden Asylantragsteller niemals als „offensichtlich unbegründet“ ablehnen dürfen. Das Amt selbst hätte die ausgesprochen dilettantische Anhörung und Entscheidung noch im Hause selbst korrigieren müssen. Das Verwaltungsgericht hätte seine Aufgabe als Kontrollinstanz ernst nehmen müssen. Nichts von dem ist geschehen. Unsere Proteste verhallten ungehört. Yonas M. und Petros M. landeten in Asmara. Was folgte, werden sie schildern.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entscheidet inzwischen über Asylanträge eritreischer Asylantragsteller, die auf dem Flughafen ankommen, nicht mehr als „offensichtlich unbegründet“. Die Anträge werden folglich im Inland bearbeitet. Offenbar auch eine Konsequenz aus der angerichteten Katastrophe.
Im Jahr April 2009 hat Frau Dr. Ines Welge im Auftrag von Pro Asyl Flughafenasylverfahren in Frankfurt untersucht. Das Fazit aus 32 Fällen: „Hastig, unfair, mangelhaft“. Zu den mangelhaftesten Verfahren gehörten die von Yonas M. und Petros M. Die für die in großen Teilen geradezu absurden Anhörungen verantwortliche Entscheiderin ist weiterhin beim Bundesamt auf dem Frankfurter Flughafen tätig.
Die nachträgliche Flüchtlingsanerkennung ist keine Anerkennung des angerichteten Schadens, keine Genugtuung für die Abgeschobenen. Als positiv zu werten ist, dass das Bundesamt inzwischen mit den kritischen Nichtregierungsorganisationen den Dialog sucht, auch zur Qualität im Flughafenasylverfahren. Wir hoffen und erwarten, dass das Bundesamt weiter so zurückhaltend Gebrauch macht vom Flughafenverfahren wie in der letzten Zeit. Es ist hoch riskant, auch wenn in den letzten Jahren nur in einer relativ geringen Zahl von Fällen Asylanträge auf deutschen Flughäfen als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurden. Wir insistieren deshalb: Die einzig wirkliche Reform des Flughafenasylverfahren wäre seine Abschaffung.
Was Yonas M. und Petros M. geschehen ist, lässt sich nicht als „Panne“ darstellen. Es ist das Ergebnis eines strukturell unfairen Verfahrens.
Bend Mesovic, Pro Asyl: Statement zur Pressekonferenz am 9. September 2010
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