Vorwort zur Broschüre »Eritrea: Desertion, Flucht & Asyl«
(15.09.2010) Mit dieser Broschüre legen Connection e.V., der Förderverein PRO ASYL und die Eritreische Antimilitaristische Initiative umfangreiches Material vor: zur Lage in Eritrea, zur Situation von Deserteuren und Deserteurinnen, zum Umgang der Nachbarländer Eritreas und der Europäischen Union mit Flüchtlingen aus Eritrea sowie zur besonderen Situation von eritreischen Frauen auf der Flucht.
Nach Abschiebung dem Tod entkommen
Anlass für die Erstellung der Broschüre war die Rückkehr der eritreischen Deserteure Yonas M. und Petros M. nach Deutschland. Sie waren im Mai 2008 von den deutschen Behörden trotz zahlreicher Proteste nach Eritrea abgeschoben worden – und wurden dort sofort nach ihrer Ankunft unter grausamen Bedingungen inhaftiert. Nach einer wahren Odyssee – und aufgrund der erfolgreich weiter betriebenen Asylanträge – konnten sie Mitte 2010 erneut nach Deutschland einreisen.
Am 9. September machten die drei Organisationen die Geschichte in einer Pressekonferenz öffentlich. „Dass die Flüchtlinge Yonas M. und Petros M. über Monate in eritreischen Kerkern gequält wurden,“ so die Frankfurter Rundschau am kommenden Tag, „hätte ihnen erspart werden können. Beide mussten zweimal unter Lebensgefahr tausende Kilometer fliehen – nur um am Ende doch noch in Deutschland Schutz zu finden. Ihren zweijährigen Horrortrip haben sie dem Flughafenverfahren im deutschen Asylrecht zu verdanken. Gäbe es das Schnellverfahren nicht, wäre es für die zuständigen Beamten nicht so einfach gewesen, sie zurück nach Eritrea zu schicken.“
Beide Flüchtlinge verbanden ihre Berichte mit der Forderung an die deutschen Behörden, „sich bei uns zu entschuldigen und uns zu entschädigen. Was uns widerfahren ist, war wie ein Todesurteil. Und es betraf nicht nur mich, sondern auch meine Familie. Was uns passierte, geschah nur, weil wir aus Deutschland abgeschoben wurden.“
Ihre Berichte haben wir ergänzt durch eine umfangreiche Dokumentation von Stellungnahmen verschiedener Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen. In all diesen Dokumenten wird deutlich, dass der eritreischen Regierung die Flucht aus dem Militär oder auch die Wehrpflichtentziehung und in gleicher Weise auch die Flucht aus Eritrea als Landesverrat, aber auch als Verrat am politischen Konzept und der Ideologie der herrschenden Partei Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit (PFDJ) angesehen wird. Desertion und Flucht aus dem Land wird als regimefeindliche Handlung von den staatlichen Institutionen verfolgt. Es ist mithin immer eine politische Verfolgung.
Eritreische Frauen auf der Flucht
In einem weiteren Beitrag wertet Aida Ibrahim Interviews aus, die sie mit eritreischen Frauen im September und Oktober 2009 in Griechenland geführt hat. Dabei wird deutlich, in welcher besonders prekären Lage sich gerade Frauen befinden. Das eritreische Regime verfolgt sie als Deserteurinnen. Zusätzlich sind sie Opfer sexueller Übergriffe und Misshandlungen. Anschaulich wird zudem dargestellt, welchen Menschenrechtsverletzungen eritreische Flüchtlinge in den Transitländern ausgesetzt sind, auf dem Land- und Seeweg, und nicht zuletzt innerhalb der Europäischen Union. Dabei ist ihr einziges Ziel, in ein Land zu gelangen, das ihnen tatsächlich Schutz gewährt.
„Alle eritreischen Nachbarstaaten haben moralische und offizielle Verpflichtungen, Flüchtlinge aufzunehmen und zu schützen“, schreibt Abraham Mehreteab von der Eritreischen Antimilitaristischen Initiative in seinem Beitrag. „Jedoch sind Länder mit einer stabileren Wirtschaft und einer stabileren Regierung noch mehr dazu verpflichtet.“ Der Umgang der Länder der Europäischen Union mit den Flüchtlingen zeigt jedoch, wie verantwortunglos und menschenverachtend die EU-Regierungen auf die Herausforderung reagieren. Mit der Broschüre setzen sich die Herausgeber für eine Politik ein, die Flüchtlingen die notwendige Aufnahme und Schutz garantiert.
Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V., Pro Asyl und Eritreische Antimilitaristische Initiative (Hrsg.): Broschüre »Eritrea: Desertion, Flucht & Asyl«, September 2010
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