Bradley Manning

Bradley Manning

USA: Bradley Manning – Whistleblower?

von Rudi Friedrich

(15.04.2011) Seit fast elf Monaten befindet sich Bradley Manning in Isolationshaft im US-Militärgefängnis in Quantico – unter unmenschlichen Bedingungen. Verschiedene Solidaritätsgruppen setzen sich für ihn ein, unter anderem Courage to Resist aus den USA. Connection e.V., die DFG-VK Hessen und einige Einzelpersonen initiierten in Frankfurt eine erste Veranstaltung, auf der eine Rhein-Main-Soligruppe entstand (d. Red.).

Collateral Murder

Eines der Dokumente, die Bradley Manning weitergegeben haben soll, ist das sogenannte „Collateral Murder“-Video. Es zeigt zwei US-Apache-Kampfhubschrauber im Einsatz, aus denen heraus am 12. Juli 2007 im Irak willkürlich mehr als 12 Zivilisten mitsamt zwei Mitarbeitern der Nachrichtenagentur Reuters getötet wurden (http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/panorama975.html). Weiter ist im Film zu sehen, wie den Verletzten eine Familie in einem Kastenwagen zu Hilfe eilt und daraufhin die Helfer und die Familie unter Beschuss genommen werden.

Alle kennen Wikileaks und Julian Assange – viel weniger bekannt ist allerdings Bradley Manning, ein 23-jähriger Gefreiter der US-Armee. Er trat im Sommer 2007 der US-Armee bei und wurde dort zum Nachrichtenanalyst ausgebildet. Damit hatte er Zugang zu vertraulichen Quellen.

Am 26. Mai 2010 wird Bradley Manning verhaftet, zunächst zwei Monate in Kuwait inhaftiert und dann in das Militärgefängnis der Marinebasis Quantico in Virginia überstellt. Zunächst dem Vorwurf des Geheimnisverrats ausgesetzt, erweiterte das Militär die Anklagen im März erheblich: Nun gibt es insgesamt 38 Anklagepunkte. Besonders gravierend ist, dass darunter auch der Vorwurf der Kollaboration mit dem Feind ist, womit ihm die Todesstrafe droht.

Konkret behauptet das Militär, Bradley Manning habe Hunderttausende von Dokumenten an Wikileaks geliefert, 92.000 Feldberichte zum Krieg in Afghanistan, 400.000 Dokumente zum Krieg in Irak und eine Vielzahl von Diplomatenakten. Er selbst äußert sich nicht zu diesem Vorwurf.

Obwohl nicht nachgewiesen wurde, dass er die Quelle der Dokumente ist, er noch keinem Richter vorgeführt wurde und obwohl er nicht rechtskräftig verurteilt ist, sitzt er jetzt schon seit mehr als acht Monaten unter menschenverachtenden Bedingungen in Untersuchungseinzelhaft im Militärgefängnis in Quantico, Virginia.

Mit der Behauptung der Armee, er sei selbstmordgefährdet, muss er jeden Tag 23 Stunden in seiner Zelle verbringen. Er darf in dieser Zeit keinen Sport treiben und nicht schlafen. Eine Stunde pro Tag wird er in eine andere Zelle überführt, in der er laufen darf. Nachts muss die Wache alle 5 Minuten vorbeischauen. Seit einigen Wochen wird Bradley jeden Abend gezwungen, sich nackt ausziehen, weil er gewitzelt hatte, er könnte sich auch mit seiner Unterhose aufhängen. Er muss nackt schlafen und sich nackt beim Morgenappell präsentieren. Er selbst beschreibt es in einem Brief vom 10.3.2011 folgendermaßen: „Seit dem 2. März muss ich mich jeden Abend vollständig entkleiden. Am ersten Morgen sagte man mir, ich solle aufstehen, damit der Dienst habende Aufseher seine Inspektion durchführen könne. Man gab mir dafür keines von meinen Kleidern zurück (...). Ich ging in meiner Zelle nach vorne und bedeckte meine Genitalien mit den Händen. Die Wache sagte mir, ich solle in ‚Hab acht‘-Stellung gehen, wofür ich meine Hände hinter dem Rücken verschränken und meine Beine schulterbreit auseinanderstellen muss. So wartete ich drei Minuten lang, bis der Aufseher an meiner Zelle vorbeiging, mich kurz ansah, einen Augenblick wartete und dann zur nächsten Zelle ging. Nachdem der Aufseher seine Inspektion beendet hatte, sagte man mir, ich solle mich auf mein Bett setzen. Ungefähr zehn Minuten später gab man mir meine Sachen und erlaubte mir, mich anzuziehen (...). Nach Druck von außen erhielt ich von den Wachen etwas, das entfernt an ein Kleidungsstück erinnert und wohl speziell für Selbstmordgefährdete konstruiert wurde.“

An den Haftbedingungen gab es Kritik von höchster Stelle. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter und Amnesty International befassen sich schon seit Monaten mit Vorwürfen, Bradley Mannings Haftbedingungen erfüllten den Tatbestand der Folter. Philip J. Crowley, ehemaliger Sprecher der US-Außenministerin Hillary Clinton, erklärte, dass Manning „falsch behandelt“ werde. „Was mit Manning passiert, ist lächerlich, kontraproduktiv und von Seiten des Verteidigungsministeriums schlicht dumm“. Wenige Tage später musste Crowley den Hut nehmen. Unterstützt wird Bradley Manning auch durch Daniel Ellsberg, Michael Moore, den ehemaligen CIA-Mitarbeiter Ray McGovern und Col. Ann Wright (ehemalige Oberstleutnant der US-Armee und pensionierte Beamtin des US-Außenministeriums). Kritische Leitartikel erschienen in der New York Times und Washington Post. Trotzdem wurden die Haftbedingungen verschärft.

Unterstützt werden kann Bradley Manning über

www.couragetoresist.org

http://standwithbrad.org/

Quellen: Freitag vom 24.3.2011, taz vom 22.3.2011, junge Welt vom 4. und 19.3.2011. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe April 2011

Stichworte:    ⇒ Menschenrechte   ⇒ Militär   ⇒ Misshandlung   ⇒ USA