Waffenexporte nach Angola – ein Geschäft mit dem Tod
Veranstaltungsbericht aus Bremen
(09.11.2011) Der angolanische Journalist Emauel Matondo hat seinen Schwerpunkt im Aufdecken von Rüstungsgeschäften in das südliche Afrika. In seinem Vortrag auf der gut besuchten Veranstaltung im kleinen Saal des Konsul-Hackfeld-Hauses am 9. November kam er auf einige der Hintergründe und auf einige der Folgen zu sprechen. Die Gesellschaften in diesen Ländern, und Angola besonders, würden immer stärker von einer "militärischen Kultur" geprägt, die immer mehr alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringe. Immer mehr Geld aus diesen armen Staaten würde für Rüstungsexporte ausgegeben; die Korruption sei allgegenwärtig; die westlichen Staaten und die Rüstungskonzerne "als Partner" verdienten Milliarden und würden Millionen in die Korruption der jeweiligen Eliten "investieren". Ihre Ziele wären erstens die hohen und höchsten Gewinne aus diesen Geschäften und zweitens die Sicherung der ungehinderten Ausfuhr von Rohstoffen und der dazu notwendigen Handelswege.
Zur Zeit werden z.B. in Angola eine komplette Rüstungsfabrik, die dann viele Einzelteile importieren muss, und eine komplette Kriegsmarine aufgebaut.
Immer dabei: die Lürssen-Werft in Bremen
Emanuel Matondo erläuterte dabei die Hintergründe für den Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Juli 2011 in Luanda. Es ging dabei um vier Abkommen, die unterzeichnet werden sollten - aber letzten Endes nicht unterzeichnet wurden. Ein Projekt beherrschte dabei die Schlagzeilen in Angola und kam auch in die deutschen Medien: der Export von Kriegsschiffen, gebaut auf der Lürssen-Werft in Bremen.
In den deutschen Medien war lediglich von "Patrouillenbooten" die Rede, die dazu noch der Piratenabwehr dienen sollten. Matondo hielt das nach seinen Informationen für eine ungeheure Verharmlosung. José Eduardo dos Santos, der amtierende, sehr korrupte und autokratisch regierende Präsident von Angola, hätte nämlich auf der Pressekonferenz Klartext geredet: er habe ein deutsches Angebot für den Aufbau einer Kriegsmarine erhalten. Außerdem, so Matondo, gäbe es vor der Atlantikküste von Angola gar keine Piraten . Es ginge um Kriegsschiffe, so die offizielle Sprachregelung, also um Fregatten bzw. Korvetten, deren Bau ja Lürssen besonders gut beherrscht.
Der Merkel-Besuch ist eingebettet, so erläuterte Matondo weiter, in ein "neues Afrika-Konzept" der Bundesregierung. Angola spielt wegen seiner reichhaltigen Öl-, Gasvorkommen und der immer wichtiger werdenden "seltenen Erden" eine wichtige Rolle. Außerdem gilt Angola, ebenso wie Saudi-Arabien, nach der neuesten Sprachregelung in Berlin als regionale "Gestaltungsmacht", die für die "Freiheit" der Rohstoffmärkte und der Handelswege eine wichtige Rolle spiele, und mit denen westliche Regierungen bevorzugte "strategische Partnerschaften" eingingen. Völlig zweitrangig wären dabei so wichtige Themen wie demokratische Verhältnisse in den Ländern und die Achtung der Menschenrechte.
Von den geplanten vier Abkommen wurden bei Merkels Besuch in Luanda schließlich nur eins unterzeichnet, nämlich das mit maßgeblicher Beteiligung von Siemens im Zusammenhang mit dem Bau von Wasserkraftwerken. Die anderen drei mussten warten. Warum? Darüber könne man, so Matondo, gut begründete Vermutungen anstellen. Es hätte auf angolanischer Seite eben zwischen den Machtblöcken Unstimmigkeiten darüber gegeben, wie der "Rüstungskuchen" aufgeteilt werden solle. Aber er sei sich sicher, dass es in der nächsten Zukunft, und dann möglichst ohne mediale Aufmerksamkeit, zur Lieferung der "Kriegsschiffe" kommen werde.
Friedrich Lürssen jedenfalls, der an der Spitze einer zehnköpfigen Wirtschaftsdelegation die deutsche Kanzlerin begleitet hatte, war auf der abschließenden Pressekonferenz fast als Sprecher deutschen Regierung aufgetreten. Jedenfalls hätte er völlig selbstbewusst als erster zu allen Fragen, die zu den anstehenden Rüstungsgeschäften gestellt wurden, Stellung genommen.
Matondo schloss seine Ausführungen mit dem leidenschaftlichen Ausruf: "Wir in Angola wollen keine Waffen, wir wollen Entwicklung! Waffen bringen uns den Tod, sie bringen kein Brot und helfen nicht bei der so notwendigen Verbesserung der sozialen Verhältnisse."
Die Veranstaltung wurde organisiert von: Bremer Friedensforum, DFG-VK, Bremische Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung, Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz), Brot für die Welt, Bremer entwicklungspolitisches Netzwerk (BeN) und Ökumenische Initiative in Kooperation mit Connection e.V.
Sönke Hundt: Waffenexporte nach Angola – ein Geschäft mit dem Tod. 9. November 2011.
Träger der Veranstaltungsreihe: Connection e.V., Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel! und Informationsstelle Südliches Afrika
Wir danken für die finanzielle Förderung durch den Evangelischen Entwicklungsdienst und den Katholischen Fonds
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