Mehmet Tarhan

Mehmet Tarhan

Mehmet Tarhan

Kurzportrait

(01.10.2008) Mehmet Tarhan hatte am 27. Oktober 2001 auf einer Pressekonferenz in den Räumen des Menschenrechtsvereins (IHD) in Ankara, Türkei, seine Kriegsdienstverweigerung bekannt gegeben und erklärt: "Ich sehne mich nach Menschlichkeit, die jede intrigante Macht hinter sich lässt, die auf Grenzen verzichtet, in Harmonie mit der Natur und gewaltfrei lebt. Dass dies in der Praxis nicht existiert, ändert nichts an meinem Einsatz dafür. Ich werde niemals den Militärdienst ableisten. Ich rufe alle auf: Verweigert den Militärdienst, verweigert euch jedem bürokratischen Prozess zur Einberufung und Ableistung des Militärdienstes, zeigt euch solidarisch mit gewaltfreien Aktionen." (...mehr)

Mehr als drei Jahre später, am 8. April 2005, wurde Mehmet Tarhan in Izmir festgenommen und zum Rekrutierungsbüro der türkischen Armee gebracht. Er wurde aufgefordert, einen Marschbefehl zu unterschreiben, um zur Grundausbildung nach Tokat gebracht zu werden. Das verweigerte er und erklärte zugleich: "Ich bin ein Kriegsdienstverweigerer und werde nicht unterschreiben." Nach kurzem Arrest in Tokat wurde er am 11. April in das Militärgefängnis von Sivas verlegt.

Mehmet Tarhan hat sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt, will deswegen aber nicht ausgemustert werden, da er dies als einen "faulen Kompromiss" ansieht. Am 19. April 2005 wurde er auf Anordnung des Generalstaatsanwalts in ein Militärkrankenhaus überstellt. Er sollte dort zwangsweise wegen seiner Homosexualität untersucht werden, lehnte dies jedoch ab. Das Militär musterte ihn daher nicht aus.

Der Prozess wegen "Ungehorsam vor versammelter Mannschaft" fand an verschiedenen Prozesstagen von April bis August 2005 vor dem Militärgericht in Sivas statt. Kurz vor dem zweiten Prozesstermin am 26. Mai war bekannt geworden, dass Mehmet Tarhan von anderen Gefangenen misshandelt und mit dem Tode bedroht worden war - offensichtlich mit Billigung der Gefängnisleitung (...mehr).

Am 9. Juni 2005, dem dritten Prozesstag, wurde Mehmet Tarhan aus der Haft entlassen, jedoch sofort den Militärbehörden überstellt und erneut einberufen. Da er jede Zusammenarbeit mit dem Militär verweigert, wurde er ein zweites Mal wegen Befehlsverweigerung angeklagt.

Am 10. August 2005 verkündete das Militärgericht in Sivas das Urteil: vier Jahre Haft wegen zweimaliger Befehlsverweigerung. Gegen das Urteil legte Mehmet Tarhan Berufung ein.

Am 30. September 2005 wurden ihm erneut zwangsweise Haare und Bart geschoren. Dabei wurde er von sieben bis acht Personen mit Gewalt festgehalten und verletzt. Er trat darauf hin ein zweites Mal in Hungerstreik, den er am 2. November 2005 beendete, nachdem die Forderungen erfüllt worden waren, dass die Täter verfolgt werden und Mehmet Tarhan gleiche Bedingungen wie andere Gefangene erhält.

Zugleich wies das Militärkassationsgericht das Urteil des Militärgerichtes in Sivas wegen Formfehlern zurück. Mehmet Tarhan hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht befasste sich jedoch nicht mit dem Anliegen des Kriegsdienstverweigerers. Es forderte stattdessen das örtliche Militärgericht in Sivas auf, prüfen zu lassen, ob Mehmet Tarhan nicht wegen seiner Homosexualität auszumustern sei. Das Militärgericht in Sivas lehnte am 15. Dezember 2005 eine Zwangsuntersuchung statt. Über die Berufung wurde am 9. März 2006 erneut verhandelt, mit dem vorläufigen Ergebnis, dass Mehmet Tarhan aus der Haft entlassen wurde.

Am 12. Oktober 2006 wurde Mehmet Tarhan vom Militärgericht in Sivas zu insgesamt 25 Monaten Haft verurteilt. Damit revidierte das Gericht seine im August 2005 getroffene Entscheidung. Mehmet Tarhan war nicht zum Prozess erschienen und entging damit einer erneuten Inhaftierung.

Connection e.V., Stand vom 1. Oktober 2008

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