15. Mai: Internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerung

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Türkei: Neue Psychofolter für Homosexuelle

„Die Familie konfrontieren“

von Erkan Altay

(03.03.2012) Wegen Kritik in den vorangegangenen Jahren, von Homosexuellen Fotos mit sexuellen Praktiken zu verlangen, damit diese den sogenannten „faulen“ Bericht, die Ausmusterung erhalten, hat die türkische Armee nun diese Praxis aufgegeben und durch eine neue ersetzt.

Das Militärkrankenhaus GATA (Gülhane Military Medical Academy) in Haydarpaşa, Istanbul, zu dem Homosexuelle zur Ausmusterung in der Regel verwiesen werden, fordert nun, die „Familie zu treffen“. Homosexuelle, die verzweifelt versuchen, klarzumachen, dass ihre Familie nichts davon weiß, bekommen erzählt: „Keine Sorge, wir werden nur nach ihrer ‚Entwicklung‘ seit ihrer Kindheit fragen.“

GATA, eines der Militärkrankenhäuser, die wegen ihrer Haltung gegenüber Homosexuellen kritisiert wird, setzt den Druck mit psychischen Mitteln fort. E.A. (25), der gestern einen Antrag in GATA stellte, berichtet, was er erlebt hat:

„In den letzten beiden Tagen bin ich bis in den späten Abend hinein herumgelaufen und wurde von Ort zu Ort verwiesen, bis ich schließlich nach Haydarpaşa geschickt wurde. Dann wurde ich zu einer Ärztin gebracht. Ein Arzt hat andere Leute am Nachbartisch untersucht. Mir wurden typische Fragen gestellt, die ich schon erwartet hatte: „Wie lange fühlen Sie schon in dieser Art?“, „Wollen Sie eine Frau sein?“. Sie wollen meine Familie treffen. Ich antwortete, dass meine Familie nichts davon weiß und sie insistierte nicht darauf. Sie sagte stattdessen, dass meine Mitgliedschaft in LGBT*-Vereinen und meine Artikel und Interviews für homosexuelle Webseiten und Magazine ausreichend seien. Deshalb sagte ich „OK“ und brachte meine Dokumente zum Gespräch am zweiten Tag mit. Zwischenzeitlich absolvierte ich auch den psychologischen Test.

Das Gespräch fand am nächsten Tag mit einem Facharzt statt. Ich wartete ab 9.00 Uhr morgens, aber er kam erst um 15.30 Uhr. Ganz offensichtlich hatte er zuvor ein Treffen. Als er ankam, ging er in seinen Raum. Dort war auch der Arzt, der am Tag zuvor am Nachbartisch Untersuchungen durchgeführt hatte. Sie warfen nur einen flüchtigen Blick in die Unterlagen, die ich mitgebracht hatte.

Als ich über meine Artikel und die Interviews sprach und dass ich meine Aktivitäten während der Amtszeit des Ministers Aliye Kavaf mit Dokumenten belegen könne, unterbrachen sie mich und sagten: „Sie können sie dem Ausmusterungsausschuss zeigen“ und fragten nach meiner Familie. Ich vermute, dass sie nur so wenig in meine Unterlagen schauten aufgrund der Beschwerden über die Praxis, dass Homosexuelle Fotos über ihren Analverkehr vorzulegen haben. Als ich sagte, dass meine Familie nichts davon wisse und diese Dokumente ausreichend sein sollten, merkte der Facharzt an, dass er darüber befinde. Er sprach in einer sehr respektlosen Art und Weise und wiederholte, dass er meine Familie zu sehen wünsche. Als ich erneut sagte, dass meine Familie nichts davon wisse, sagte er: „Seien sie unbesorgt, wir müssen nur nach ihrer Entwicklung fragen“ und entschied, dass dem Ausmusterungsausschuss ein Bericht vorgelegt werde und es dafür ein Treffen mit der Familie geben müsse. Er wollte auch die Familien der anderen Homosexuellen sehen, die am selben Tag wegen ihrer Ausmusterung dort waren.“

E.A. betonte, dass das Treffen mit der Familie eine neue Politik der Einschüchterung darstellt und erläuterte: „Mir wurde ein Termin bei der Kammer für Ende April gegeben und gesagt, dass ich bis dahin ein Treffen mit der Familie arrangieren solle. Dann verwiesen sie mich des Raumes. Ist es nicht eine klare psychische Folter, wenn sie sagen, sie würden nach meiner Entwicklung fragen, als ob sie mich lächerlich machen wollen, obwohl ich ihnen gesagt hatte, dass meine Familie gar nicht weiß, dass ich schwul bin? Und obwohl ich eine drei Finger dicke Sammlung von Nachrichten, Interviews und Artikeln über Homosexualität vorlegte, die alle veröffentlicht worden sind... Ich kann das nur als schlechten Vorsatz werten.“

 

* LGBT ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual und Trans (dt. Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans (Abkürzung für Transgender bzw. Transsexualität). Anm. d.Ü.

Erkan Altay: New psychological Torture for Gays from GATA: “Facing the Family”. 3. März 2012. Übersetzung ins Englische: Öner Ceylan. Übersetzung ins Deutsche: rf

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