“Der größte Schaden war das Urteil gegen meinen Klienten”
USA: Anwalt von Whistleblower Bradley Manning zum Urteil
Am 21. August 2013 wurde der Whisteblower Bradley Manning vom Militärgericht in Fort Meade (Maryland) zu 35 Jahren Haft verurteilt. Er hatte vor mehr als drei Jahren rund eine Viertelmillion geheimer Dokumente an WikiLeaks weitergegeben, darunter das Collateral-Murder-Video und die Kriegstagebücher zu den Kriegen in Irak und Afghanistan. Nach dem Urteil sprach die Reporterin Alexa O’Brien für The Huffington Post (Kanada) mit seinem Rechtsanwalt David Coombs. (d. Red.)
Was war der größte Schaden in diesem Fall?
Ich persönlich denke, dass der größte Schaden das Urteil war, das mein Klient erhielt. Wenn man aus Sicht dessen, was er herausgab, von Schaden redet, dann ist es eher eine Störung oder Behinderung. Ja, es war nicht mehr als eine Störung. Wenn man sich die Tagebücher der Kriege ansieht oder auch die anderen für die Anklage relevanten Dokumente, all das, wie ich immer wieder sagte, betrifft nur Handlungen in der Vergangenheit. Es ist eine Art Geschichtsbericht. Ich glaube nicht, dass damit irgendetwas Gefährdendes herausgegeben worden ist. Bezüglich der diplomatischen Depeschen denke ich, dass der Schaden in einer Störung bestand, dass andere Menschen sehen, dass wir, die Vereinigten Staaten, nicht immer die richtigen Dinge aus den richtigen Gründen tun. Das mag für einige Menschen eine Überraschung gewesen sein. Man könnte annehmen, wenn wir uns mit anderen Ländern beschäftigen oder mit Menschen, die in unserem Land in einer weniger glücklichen Situation sind, dass wir das so tun, damit es allen hilft, damit es im Interesse Aller ist. Aber das ist nicht immer der Fall und oft tun wir Dinge aus nationalem Interesse. Und manchmal ist das zum Nachteil von Menschen, die dafür kämpfen, es so wie hier in Amerika zu haben: eine Demokratie und eine freie und offene Presse. Es ist ein wenig deprimierend das zu sehen. Das ist meines Erachtens der größte Schaden. Denn wenn die Menschen wirklich die Dokumente ansehen, werden sie sehen, dass wir nicht immer das tun, was wir tun sollten, und dass wir nicht immer das Land sind, das wir sein sollten.
Was brachte Manning dazu, diese Dokumente weiterzugeben?
Ich denke, was er gesehen hat und mit dem er die meiste Zeit zu tun hatte – wenn man sich in irgendeiner Arbeitsumgebung befindet, wie ich es selbst erlebt habe, hat man nichts anderes als den Job. Man geht vielleicht ins Fitnessstudio, isst, schläft – und dann geht es zurück zur Arbeit. Sdas denke ich, hat es wahrscheinlich beschleunigt, denn es war das Einzige, worüber er nachdenken sollte. Und wegen seiner moralischen Einstellung, wegen seiner Hoffnungen, die er mit dem Job verband. Schauen Sie sich die Chats mit Laura McNamara an, die sich Zachary Antolak nannte. Wenn man sich diese Chats ansieht, sieht man einen jungen Mann, der hofft, dass es einen Unterschied macht, wenn er dort hingeht. Er kann vielleicht Leben retten. Er kann Menschen heil zurückbringen. Wie enttäuschend muss es gewesen sein, dort zu sein und zu realisieren, dass das nicht seine Aufgabe war. Und dass wir nicht immer nur die schlechten Menschen töten. Manchmal töten wir Menschen, weil sie einfach am falschen Platz sind und niemand fragt danach. Und niemand untersucht, was wir falsch gemacht haben. Und wenn wir etwas falsch gemacht haben, geben wir die Information nicht raus. Wir erkennen den Fehler nicht bereitwillig an und sagen Entschuldigung und zeigen, wie wir solche Ereignisse in der Zukunft vermeiden können. Wir sind das der amerikanischen Öffentlichkeit schuldig. Wir sind das der Öffentlichkeit schuldig, die wir schützen wollen und denen wir helfen wollen, ein gutes Land aufzubauen. Aber wir taten es nicht. Und das hat Brad, denke ich, wahrscheinlich zur Überzeugung gebracht, dass die Öffentlichkeit diese Informationen sehen muss.
Interview mit Bradley Mannings Anwalt David Coombs. 21. August 2013. Übersetzung: rf.
Quelle: www.huffingtonpost.com/2013/08/21/coombs-bradley-manning-obrien_n_3792591.html?utm_hp_ref=tw
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