Israel/Palästina

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50 junge Israelis senden Brief an Netanyahu

„Wir verweigern den Dienst in der Besatzungsarmee“

von Ynetnews und New Profile

(09.03.2014) Am 8. März 2014 sandten Dutzende von jungen Israelis dem Premierminister Benjamin Netanjahu einen Brief, mit dem sie sich dem Dienst im israelischen Militär verweigern (see below). Diese Form der Kriegsdienstverweigerung hat eine lange Tradition. Es ist in der Geschichte von Israel allerdings die bislang größte Gruppe von Dienstverweigerern und die erste Aktion dieser Art seit fünf Jahren. Die gegenwärtige israelische Regierung versucht, die Wehrpflicht auf alle ethnischen Gruppen gegen ihren Willen auszudehnen. Junge Menschen aus dem ganzen Land reagieren darauf mit ihrer Verweigerung des Dienstes in der israelischen Armee.

Das Ziel der Erklärung ist, gegen die bestehende Besatzung der palästinensischen Gebiete zu protestieren, wo „täglich Menschenrechte verletzt und weiterhin Handlungen begangen werden, die vom internationalen Recht als Kriegsverbrechen definiert sind“, so die UnterzeichnerInnen. Sie protestieren auch gegen die Art und Weise, in der die Armee das Zivilleben beeinflusst und den in der israelischen Gesellschaft bestehenden Sexismus und Militarismus verstärkt, wie auch Gewalt und Ungleichheit.

Mandy Cartner, eine 16-jährige Unterzeichnerin aus Tel Aviv sagte: „Die Handlungen der Armee entfernen uns von einer Lösung, um Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit zu erreichen. Meine Verweigerung ist ein Weg, meine Ablehnung des täglich in unserem Namen und durch uns begangenen Unrechts Ausdruck zu verleihen.“

Shaked Harari, ein 17-jähriger Unterzeichner aus Bat Yam sagte: „Die Armee dient denen, die an der Macht sind und nicht den Zivilisten, die für sie nur ein Werkzeug darstellen. Meine Freunde und ich verweigern Kanonenfutter zu sein.“

Roni Lax, ein 20-jähriger Unterzeichner aus Bnei Brak. „Wir stehen solidarisch zur ultra-orthodoxen und zur arabischen Jugend, Christen und Drusen, von denen sich einige derzeit im Gefängnis befinden.“

 


Shministim 2014

„Wir verweigern den Dienst in der Armee“

Brief an Premierminister Benjamin Netanjahu

Wir, Bürger des Staates Israel, verpflichtet zur Ableistung des Militärdienstes,

Wir rufen die LeserInnen dieses Briefes dazu auf, das scheinbar Selbstverständliche beiseite zu stellen und die Folgen und Wirkungen des Militärdienstes zu überprüfen.

Wir, die UnterzeichnerInnen, beabsichtigen, den Dienst in der Armee zu verweigern. Unser wichtigster Grund für die Verweigerung ist unsere Ablehnung der militärischen Besatzung der palästinensischen Gebiete. PalästinenserInnen in den besetzten Gebieten leben unter israelischer Herrschaft, obwohl sie sich diese nicht ausgesucht haben. Sie haben keine rechtliche Handhabe, Einfluss auf diese Regierung oder die Entscheidungsprozesse auszuüben. Das ist weder egalitär noch gerecht. In diesen Gebieten werden täglich Menschenrechte verletzt und weiterhin Handlungen begangen, die vom internationalen Recht als Kriegsverbrechen definiert sind. Darunter sind Ermordungen (außergerichtliches Töten), der Bau von Siedlungen auf besetztem Land, behördlich verordnete Inhaftierungen, Folter, kollektive Bestrafung und die ungleiche Verteilung von Ressourcen wie Elektrizität und Wasser. Jede Form von Militärdienst untermauert diesen Status quo. Deshalb können wir uns in Übereinstimmung mit unserem Gewissen nicht an einem System beteiligen, das die oben genannten Handlungen begeht.

Das Problem mit der Armee beginnt und endet nicht mit dem Schaden, der der palästinensischen Gesellschaft zugefügt wird. Sie beeinflusst auch das alltägliche Leben der israelischen Gesellschaft: Sie formt das System der Ausbildung, unsere Arbeitsmöglichkeiten, fördert Rassismus, Gewalt und ethnische, nationale und Geschlechterdiskriminierung.

Wir weigern uns, das Militärsystem dabei zu unterstützen, die männliche Dominanz zu fördern und fortzusetzen. Nach unserer Meinung feuert die Armee ein gewalttätiges und militaristisches männliches Ideal an womit „Gewalt vor Recht steht“. Dieses Ideal schadet allen, insbesondere denjenigen, die ihm nicht entsprechen. Desweiteren lehnen wir die grausame, diskriminierende und stark durch das Geschlecht geprägten Machtstrukturen innerhalb der Armee ab.

Wir weigern uns, als Vorbedingung für unsere Anerkennung in der Gesellschaft unsere Prinzipien aufzugeben. Wir haben lange über unsere Verweigerung nachgedacht und stehen fest zu unseren Entscheidungen.

Wir rufen die Gleichaltrigen dazu auf, diejenigen, die gegenwärtig in der Armee dienen und/oder den Reservedienst ableisten, wir rufen die israelische Öffentlichkeit auf, ihren Standpunkt zur Besatzung, der Armee und die Rolle des Militarismus in der Zivilgesellschaft zu überprüfen. Wir glauben an die Macht und Möglichkeit von Zivilpersonen die Realität zum Besseren zu wenden, indem eine faire und gerechte Gesellschaft geschaffen wird. Mit unserer Verweigerung drücken wir dies aus.

Ynetnews und New Profile: Teenagers write to PM: We won’t join an army that commits war crimes. 9. März 2014. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Mai 2014.

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