Fünf Jahre Kriegsdienstverweigerung in Ägypten
Connection e.V. zu Besuch bei No to Compulsory Military Service Movement
(14.04.2014) Zum fünfjährigen Bestehen der ägyptischen Kriegsdienstverweigerungsgruppe No to Compulsory Military Service Movement (Bewegung Nein zum Kriegsdienstzwang) überbrachte Rudi Friedrich für Connection e.V. vergangene Woche die Glückwünsche in Kairo. „Angesichts der Machtübernahme des Militärs ist es ein mutiger Schritt, sich mit der Kriegsdienstverweigerung gegen einen weit verbreiteten Konsens in Ägypten zu stellen, der das Militär als Garant stabiler Verhältnisse und Ordnungsmacht sieht. Wie wir in der Vergangenheit sehen mussten, droht das Militär nicht nur Kritikern mit schärfsten Repressionen. Die Aktiven der ägyptischen Kriegsdienstverweigerungsgruppe halten die Vision einer demokratischen Gesellschaft ohne Militär aufrecht und stehen seit nunmehr fünf Jahren dafür ein.“
Gründung der Gruppe durch Maikel Sanad
Am 9. April 2009 hatte der Kriegsdienstverweigerer und Militärkritiker Maikel Sanad die Gruppe ins Leben gerufen. Im Oktober 2010 erklärte er nach seiner Einberufung als erster in Ägypten öffentlich seine Kriegsdienstverweigerung. Er wurde zwar nach einer kurzzeitigen Festnahme durch den militärischen Geheimdienst ausgemustert, am 10. April 2011 jedoch wegen eines Artikels zu drei Jahren Haft verurteilt. Mit dem Artikel hatte Maikel Sanad detailliert Verhaftungen und Folter durch das Militär während und nach der sogenannten Revolution dokumentiert (...mehr). Nach monatelangem Hungerstreik und einer internationalen Kampagne zu seiner Freilassung wurde er im Januar 2012 aufgrund einer Amnestie aus der Haft entlassen.
Kriegsdienstverweigerung nicht anerkannt
Ägypten erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an. Nach der Einberufung zum Militär droht Verweigerern die Rekrutierung sowie mehrfache Bestrafung wegen Befehlsverweigerung und Desertion. Auch wenn das Militär derzeit Verweigerer nicht aktiv sucht, so unterliegen sie doch dem „Zivilen Tod“. „Wir sind faktisch Menschen zweiter Klasse“, so beschreiben die Kriegsdienstverweigerer Emad el Dafrawi und Mohamed Fathy ihre Situation. „Wir können keine Arbeit aufnehmen, nicht studieren und keinen Pass erhalten.“
Internationale Unterstützung erforderlich
Bei seinem Besuch in Kairo erlebte Rudi Friedrich selbst, wie schwierig die Situation der Gruppe ist. „Wir trafen uns immer wieder an unterschiedlichen Orten,“ so schilderte er, „da die Gruppe nicht offiziell zugelassen ist. Einige Menschenrechtsorganisationen weigerten sich gar, auch nur über das Thema Kriegsdienstverweigerung zu sprechen, da dies derzeit ein zu heißes Eisen sei. Jede öffentliche Aktivität der Gruppe kann zu Verhaftungen führen. Dennoch erlebte ich eine lebendige Gruppe, die in einer sehr prekären Lage in bewunderungswürdiger Art und Weise für ihre Sache eintritt.“ Insbesondere will No to Compulsory Military Service Movement (www.nomilservice.com) in Zukunft verstärkt SchülerInnen und StudentInnen über die Kriegsdienstverweigerung und die eigene Arbeit informieren.
Zudem haben weitere Aktive ihre öffentliche Verweigerung angekündigt: „Wir werden nicht zum Militär gehen“, betonten sie einige Wochen vor ihrer Musterung. „Wir fordern die Abschaffung der Wehrpflicht und die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung. Es ist ein Menschenrecht, das uns zusteht. Aber um dies durchzusetzen, brauchen wir internationale Unterstützung."
Connection e.V.: Pressemitteilung vom 14. April 2014. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Mai 2014.
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