USA: Kriegsdienstverweigerer Robert Weilbacher endlich aus Armee entlassen

von Bob Meola

(17.09.2015) Robert Weilbacher ist ein freier Mann. Er genießt sein neues Leben als ziviler Friedensaktivist. Er, die American Civil Liberties Union (Amerikanische Gewerkschaft für bürgerliche Freiheiten - ACLU) und Courage to Resist (Mut zu Widerstehen) haben einen Sieg für die Kriegsdienstverweigerung zu verzeichnen. Robert erhielt seine ehrenhafte Entlassung aus der Armee, statt wegen Kriegsdienstverweigerung entlassen zu werden. Er hatte den Antrag zur Kriegsdienstverweigerung gestellt, zunächst eine Anerkennung erhalten, die aber Anfang dieses Jahres von der Armee widerrufen wurde.

ACLU erhob dagegen Klage, da die Armee gegen ihre eigenen Regeln verstoßen hatte, als ein Ministerialrat der Armee die rechtmäßige Entscheidung der bei der Armee bestehenden Kammer zur Überprüfung von Kriegsdienstverweigerungsanträgen widerrief. Von dieser Kammer hatte Robert im Dezember 2014 den Bescheid erhalten, als Kriegsdienstverweigerer ehrenhaft aus der Armee entlassen zu werden. Der Ministerialrat hob die Entscheidung ohne rechtliche Grundlage auf.

Statt der Klage zu folgen, entschied sich die Armee dazu, juristische Argumente anzuführen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung hatte Robert 30 Tage dienstfrei zwischen zwei Einsatzstellen. Er hatte Korea verlassen und noch nicht seinen neuen Dienstort, Fort Campbell, erreicht, der zwischen Kentucky und Tennessee liegt. Für die Armee gehörte Robert weiterhin technisch zur Einheit in Korea, sowohl während seines Antrages auf Kriegsdienstverweigerung, wie auch während der durch ACLU eingereichten Klage. Die Armee ignorierte jedoch ihre eigenen Regeln und argumentierte, dass er bereits offiziell Angehöriger der Einheit in Fort Campbell sei, als er Korea verlassen haben.

Da die Armee einen Fall vorliegen hatte, der von ihr nur schwer, praktisch unmöglich, zu verteidigen war, schlug sie eine Hinhaltetaktik ein und gewährte Robert schließlich eine ehrenhafte Entlassung. Deshalb ist seine Klage nun irrelevant und eingestellt.

Robert sagte mir: „Dieser Fall und der zweijährige Kampf hat mir ohne jeden Zweifel geschadet. Moralische Wunden sind echte Wunden. Ich wurde dazu gezwungen, Teil einer Organisation zu sein, mit der ich in einem moralischen und ethischen Dilemma steckte. Ich war für die Armee nicht mehr länger nutzbar - ich arbeitete nicht mehr als Sanitäter. Doch die Armee war versessen darauf, anderen möglichen Kriegsdienstverweigerern klarzumachen, dass es keinen Sinn hat einen Antrag zu stellen, weil es zu viel mentale und körperliche Kraft kosten wird. Ich möchte euch sagen: Steht gegen dies ungerechte und unmoralische System auf. Wenn wir schweigen, sind wir Komplizen.“

Robert berichtete weiter: „Die Führung in Fort Campbell behandelte mich respektvoll - das gab es so nicht in meiner Zeit in Korea. Es gibt großartige Menschen in der Armee, die viel davon halten, Menschen in der richtigen Art und Weise zu behandeln. Der Führungsoffizier, der mich in Fort Campbell überprüfte, war einer der nettesten Menschen, die ich in meiner ganzen Zeit im Militär getroffen habe. Er sagte mir: ‚Du hältst an Deinen Überzeugungen fest. Du hast nicht den leichtesten Weg gewählt, um rauszukommen, aber das Ende ist in Sicht. Wie ich Dir schon sagte, wir halten nichts von der Kriegsdienstverweigerung. Aber ich respektiere sehr, dass Du für Deine Prinzipien einstehst.‘

Mein Kommandeur war sehr fair und verstand meine Schwierigkeiten als Kriegsdienstverweigerer. Er verlangte nicht, dass ich an Diensten teilnehmen sollte, die zu schwerwiegenden Konflikten mit meinen Überzeugungen führen würden. Der Führungsoffizier war fair und mein direkter Vorgesetzter, ein Oberfeldwebel, gab auf mich acht. Sie konnten meine Überzeugung erkennen und den Stress, den ich wegen der letzten Entscheidung durchmachte.

In der Zeit in Fort Campbell hatte ich eine Panikattacke und ging zum Sanitätsarzt. Ich befürchtete, dass ich einen Herzinfarkt hatte. Es war eine Panikattacke wegen zunehmender Angstzustände, während ich immer noch täglich in der Armee war und nicht mehr länger an sie glaubte.

Mein Oberfeldwebel erzählte mir, dass ich ein großartiger Soldat war und eine großartige Person. Er wünschte, ich würde in der Armee bleiben. Er war gut zu mir, obwohl er das Ausmaß meiner Verweigerung nicht vollkommen nachvollziehen konnte. Ich fragte ihn mehrere Male, da er häufig über Gott sprach, nachdem er kürzlich zum Christentum konvertiert war - wie Gott seine Beteiligung in einer Organisation sehen würde, die laufend das Leben unschuldiger Menschen auslöscht. Er stimmte zu: ‚Wir dürfen keine Doppelmoral gegenüber dem Terrorismus geltend machen. Wir unterstützen keinen Terrorismus, weil er unschuldige Leben zerstört, aber wir als Amerikaner haben immer eine Rechtfertigung dafür, andere zu töten, insbesondere unschuldige Menschen, mit Drohnen usw. Wie kannst du einer Mutter, einem Vater, einem Sohn oder einer Tochter sagen, dass du aus Versehen ihre Liebsten getötet hast, weil sich in einem Gebäude, in dem sie saßen, ein verdächtiges terroristisches Ziel befinden sollte. Du kannst es nicht. Jedes Mal, wenn wir eine unschuldige Person töten, erschaffen wir eine Person, die berechtigten Hass gegen Amerika hat. Es wendet sich gegen uns und lässt in immer größerem Maße Gewalt entstehen, mit immer weniger Sicherheit für die Amerikaner.‘

Es gibt gute Menschen im Militär. Letztlich ist es Sache der Armee, den eigenen Regeln zu folgen und nicht die herauszupicken, denen sie folgen wollen. Wenn die Armee Kriegsdienstverweigerung nicht mag - sie haben schließlich diesbezüglich eine Geschichte restriktiver Regelungen -, dann weg damit. Aber die Armee weiß, dass die Menschen verweigern. Nur weil es eine Freiwilligenarmee ist, bedeutet das ja nicht, dass du dich nicht aufgrund deiner Erfahrungen ändern kannst. Jeder schleudert einem diese Frage entgegen: ‚Warum bist du freiwillig gegangen, wenn du doch gegen Krieg bist?‘ Ich ging, weil ich täglich die Glorifizierung des Militärdienstes hörte, die durch unser Land weht. Es ist eine Gehirnwäsche, die damit beginnt, dass wir unsere rechte Hand zu unserem Herzen erheben und auf die Fahne schwören. Wir legen mehr Wert auf Besitz als auf Menschenleben. Du erfährst nicht die Wahrheit darüber, worin die Armee verwickelt ist, und natürlich teilen sie nicht mit, wie viele unschuldige Menschen du als Teil der Armee töten wirst. Ich war unsicher und wollte meinem Land dienen und den Menschen helfen. Bitte regt euch nicht darüber auf, dass ich die Regelung nutzte, die mir half, als ich nach meinem Eintritt in die Armee aufwachte. Es gibt einen Grund, warum die Armee diese Regelung hat. Sie wissen, dass es passieren kann.

Nun stecke ich nicht mehr in dem moralischen und ethischen Dilemma, wie im Militär. Wir müssen der Armee nicht weiter beweisen, dass ich ein Kriegsdienstverweigerer bin. Ich habe das getan und es war vorgesehen, mich wegen der Kriegsdienstverweigerung ehrenhaft zu entlassen. Jetzt kann ich zu meinem Leben zurückkehren und mit meinen Werten leben. Ich bedauere nicht zur Armee gegangen zu sein - ich erfuhr, wer ich war und für was ich stand und es war mir möglich, den wahren Militärdienst zu sehen. Ich liebe alle im Militär mit meinem ganzen Herzen. Wir machen Erfahrungen in unserem Leben, durch die wir aufwachen und durch die wir die wahre Berufung finden. Mein Leben ist nicht das eines Soldaten. Ich diente ehrenhaft und es war kein leichter Weg rauszukommen - es kann sein, dass du zu meinen tiefsten Überzeugungen in Widerspruch stehst, aber genau das ist das großartige an dieser Welt. Respektiere die Tatsache, dass ich nicht vor meinen Überzeugungen davongerannt bin, mich nicht unerlaubt entfernt habe, nicht davongelaufen bin.“

Versammlung der Veterans for Peace

Robert schilderte auch seinen Besuch bei der Jahresversammlung der Veterans for Peace in San Diego: „Jeff Paterson von Courage to Resist bot mir die Möglichkeit, diesen August in einer Arbeitsgruppe der Konferenz von Veterans for Peace (VeteranInnen für den Frieden) zu Chelsea Manning und GI-Widerstand zu sprechen, neben Jake Bridge (Kriegsdienstverweigerer der Marines). Ich war noch im Militär, als ich an der Konferenz teilnahm. Ich beantragte dafür die Freistellung, erklärte, dies sei eine Friedensversammlung, und der Kommandeur gestattete mir zu gehen.

Courage to Resist organisierte einen Flug zur Konferenz und übernahm die Kosten. Es war die Möglichkeit meines Lebens. Es war die Chance, andere Verweigerer und Gleichgesinnte zu treffen, Verweigerer des Vietnamkrieges und der Zeit nach 9/11.

Viele Menschen, die mich unterstützt hatten, als ich in Übersee war, nahmen an der Konferenz teil. Ich konnte ihnen persönlich für ihre Unterstützung danken, auch Jeff Paterson. Seine Unterstützung und die Unterstützung all der Spender gaben ACLU überhaupt die Möglichkeit, entsprechend Druck auf die Armee auszuüben, damit sie mich freiließ. Ich denke, er hat nicht genug Lob für seine Arbeit erhalten, die er für die Kriegsverweigerer leistet. Camillo Mejia war dort. Ich hatte mit ihm über Internet gesprochen, als ich in Übersee war und er gab mir moralische Unterstützung. Dadurch, dass wir uns nun trafen, wuchs unsere Verbundenheit und Freundschaft. Wir reden oft miteinander. Auch andere waren da, die ich treffen konnte. Es war sehr hilfreich. Ich plane nun, eine Gruppe von Veterans for Peace in Columbus, Ohio, zu gründen.

Eine Sache, die ich in der Friedensbewegung einbringe, ist eine Haltung, Brücken zu schlagen zwischen gerechtem Krieg und Antikriegs-Aktivisten. Wir können andere nicht für ihre Überzeugungen verurteilen oder hassen. Wir müssen ihnen Mitgefühl zeigen und Respekt für ihre Überzeugungen, so dass wir eine Diskussion beginnen und darauf aufbauen können. Es erinnert mich an einen Pastor, der Schilder hochhielt und Homosexualität verurteilte. Er hatte ein Schild in der Hand, mit der Behauptung, sie würden zur Hölle fahren. Ich erklärte ihm, dass er damit Menschen, die nicht damit übereinstimmen, nicht in seine Kirche bringen werde, nur die, die mit ihm übereinstimmen. Er verschwendet seine Kräfte. Wir brauchen Menschen, die nicht mit unserer Antikriegs-Auffassung übereinstimmen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen und das beginnt, indem wir Freundschaft schließen.

Ich bin Courage to Resist sehr dankbar für die Möglichkeit, an der Konferenz von Veterans for Peace in San Diego teilzunehmen und auch für deren Unterstützung in der ganzen Zeit davor. Ich danke auch für die Hilfe, die ich vom Center on Conscience and War (Zentrum Gewissen und Krieg) erhielt.“

Robert will studieren, um den Master in Politikwissenschaften zu machen, mit einem Schwerpunkt auf internationale Beziehungen und einem Nebenfach zur Forschung über Krieg und Frieden.

Bob Meola: Robert Weilbacher - Free at Last! 17. September 2015. Auszüge. Übersetzung: rf. Quelle: http://couragetoresist.org/2015/09/robert-weilbacher-free-at-last/#more-2335.

Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe November 2015

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