Klage des US-Deserteurs André Shepherd vom VG München abgewiesen
Eindruck der Voreingenommenheit im Asylverfahren
(17.11.2016) Die Klage gegen den ablehnenden Bescheid im Verfahren des US-Deserteurs André Shepherd wurde in der heute veröffentlichten Entscheidung des Verwaltungsgerichtes abgewiesen. In einer fünfstündigen Verhandlung hatte das Verwaltungsgericht gestern unter Beachtung eines Grundsatzentscheides des Europäischen Gerichtshofes den Fall überprüft.
Es stellte sich heraus, dass die fünfköpfige Kammer sich einzig und allein auf die Glaubhaftigkeit des Klägers konzentrierte, Sachverhalte abfragte, die bis zu zwölf Jahre zurückliegen und meinte, das Gewissen des Klägers zu jeder Zeit messerscharf prüfen zu können. Einerseits wurde vom Kläger erwartet, dass er seine Sicht aus damaliger Situation heraus schildert, andererseits wurden die von ihm damals getroffenen Entscheidungen von der Kammer aus heutiger Sicht bewertet.
»Würde man den Maßstab des Gerichts anlegen, müsste ein Verweigerer eines völkerrechtswidrigen Krieges oder von völkerrechtswidrigen Handlungen von Anfang an völlig stringent und kompromisslos vorgehen«, so Bernd Mesovic von PRO ASYL. »Dass sich eine Gewissensentscheidung über längere Zeiträume entwickelt, hat in der Logik des VG München keinen Platz.«
Nach der langen Befragung sagte André Shepherd: »Ich habe von Anfang an umfassend alle wesentlichen Sachverhalte dargestellt. Ich hätte mir gewünscht, das Gericht hätte den schwierigen Weg innerhalb des US-Militär, eine meinem Gewissen entsprechende Haltung herauszubilden. gewürdigt.« Weiter erklärte er: »Es sollte bei der Anhörung doch darum gehen, meine Gründe darzulegen, warum ich aus den gegebenen Tatsachen heraus das Militär verlassen musste. Dass das Gericht stattdessen auf hypothetische Szenarien abzielte, die nichts mit den vorliegenden Tatsachen und Erfahrungen zu tun haben, hinterlässt bei mir den Eindruck, dass sie mich schlicht und einfach nicht anhören wollten.«
In seiner heutigen Pressemitteilung weist das Gericht insbesondere auf eine scheinbar fehlende Auseinandersetzung mit der Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung hin. Dabei hatte André Shepherd in der gestrigen Anhörung sehr deutlich erklärt, dass er mit seiner Auffassung, dass er für »notwendige Kriege zum Schutz der eigenen Bevölkerung« auch zur Verfügung gestanden hätte, nicht unter die sehr eindeutig formulierten Richtlinien für eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gefallen wäre. »Auch der Umgang mit anderen US-Kriegsdienstverweigerern, wie Agustín Aguayo, der trotz seiner Verweigerung ins Kriegsgebiet geschickt und schließlich wegen Desertion verurteilt wurde, waren für mich ein klares Zeichen, dass dies kein Weg sein kann.«
»Eigentlich hat das Gericht nur einen Satz im Urteil des Europäischen Gerichtshofes zugrunde gelegt, in dem darauf abgestellt wird, dass hohe Maßstäbe bei Asylanträgen von Soldaten angenommen werden müssten, wenn Sie sich freiwillig zum Militär melden«, erklärte Rechtsanwalt Reinhard Marx im Anschluss an die Anhörung. »So eng interpretiert hätte damit kein Berufssoldat jemals eine Chance Asyl zu erhalten.« Weiter machte er deutlich: »Ganz offensichtlich wollte das Gericht durch diese Art der Sachaufklärung vermeiden, die nicht zu bestreitenden Kriegsverbrechen der US-Armee während des Zeitraums seit 2007 zu behandeln.«
»Die Verhandlungsführung war von Voreingenommenheit geprägt«, so Rudi Friedrich von Connection e.V. »Als Beobachter konnte man sich nicht dem Eindruck verschließen, dass schon vorher ein Urteil feststand und die Kammer die Entscheidung und den Asylantrag von André Shepherd völlig abgelöst sehen wollte von der Realität des Krieges im Irak.«
Rechtsanwalt Reinhard Marx machte abschließend deutlich, dass er für seinen Mandanten eine Berufungsklage vorbereiten werde.
Connection e.V. und Pro Asyl: Pressemitteilung vom 17. November 2016. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe November 2016
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