Griechenland: Militärstrafverfahren gegen 53-jährigen Kriegsdienstverweigerer
(31.05.2017) Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO) zeigt sich empört über die Fortsetzung des Verfahrens gegen Panagiotis Makris. Das aus drei Richtern bestehende Gericht in Thessaloniki setzt die Verhandlung am Donnerstag, den 1. Juni, fort. Panagiotis Makris ist wegen „Befehlsverweigerung“ im Jahr 1990 angeklagt!
Panagiotis Makris ist einer der Pioniere der nicht-religiösen Kriegsdienstverweigerer in Griechenland, die sich seit den 80er Jahren für die Anerkennung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung einsetzen. Sein Bruder Thanassis war einer der ersten beiden, die aus ideologischen Gründen verweigerten. Er war inhaftiert worden und ging längere Zeit in Hungerstreik, um für seine Freiheit und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu kämpfen.
Panagiotis Makris beantragte 1998, den damals gesetzlich neu eingesetzten alternativen Dienst abzuleisten. Das wurde ihm aus bürokratischen Gründen verwehrt. Aber selbst mit einer Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer hätte er einen Alternativdienst ableisten müssen, der Strafcharakter hat. Nun, fast zwei Jahrzehnte später, besteht der Strafcharakter des Alternativdienstes immer noch fort, da die Dauer um 67% länger ist als die für die meisten Wehrpflichtigen gültige Zeit des Militärdienstes.
In Griechenland werden Wehrpflichtige im Alter von 45 Jahren von der Ableistung des Militärdienstes ausgenommen, aber bereits bestehende Anklagen wegen Befehlsverweigerung bleiben bestehen. Nach dem Gesetz 4361/2016, Artikel 12, Absatz 8 gibt es allerdings eine Sonderregelung für Kriegsdienstverweigerer. Soweit die Befehlsverweigerung noch vor Inkrafttreten des Alternativen Dienstes (1.1.1998) begangen wurde, sollen die Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt und archiviert werden. Diese Regelung missachtend hat die Staatsanwaltschaft den Fall von Makris dem Militärgericht übergeben.
Makris sollte allerdings schon deshalb nicht verurteilt werden, weil die Anklage internationales Menschenrecht verletzt. Konkret bedeutet die Behandlung von Panagiotis Makris durch Griechenland:
Verletzung des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, garantiert durch Artikel 18 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sowie Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention;
Verletzung des Rechts auf Verbot der Diskriminierung entsprechend Artikel 26 des Internationalen Paktes und Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention;
Verletzung des Rechtes, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen entsprechend Artikel 12 Abs. 2 des Internationalen Paktes und Artikel 2 Abs. 2 des Protokoll Nr. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention, da ihm über mehrere Jahre verwehrt wurde, ins Ausland zu reisen;
Verletzung des Rechtes auf ein faires und öffentliches Verfahren durch ein gesetzlich festgelegtes zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gremium entsprechend Artikel 14 Abs. 1 des Internationalen Paktes und Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wie es der Europäische Gerichtshof zu Verfahren vor Militärgerichten gegen Kriegsdienstverweigerer feststellte.
Die fortgesetzte Verfolgung und Verletzung der Menschenrechte von Panagiotis Makris zeigt nicht nur die unversöhnliche Haltung der Militärbehörden gegenüber den Pionieren der Kriegsdienstverweigerer und insbesondere der Familie von Makris. Sie spiegelt auch die Situation aller Kriegsdienstverweigerer in Griechenland wider, die trotz zahlreicher Verurteilungen durch internationale Menschenrechtsgremien und wiederholter Versprechen der griechischen Regierung auf Reformen fortbesteht.
EBCO: Military trial of 53year old pioneer conscientious objector sets another negative record for Greece. 31. Mai 2017. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2017
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