Südkorea: Kriegsdienstverweigerer zu Haftstrafe verurteilt
(18.07.2018) Am Dienstag wurde ein südkoreanischer Kriegsdienstverweigerer zu einer Haftstrafe verurteilt, trotz der erst kürzlich durch das Verfassungsgericht ergangenen Entscheidung, dass die Regierung einen Ersatzdienst für die Verweigerer einführen muss.
Das Gericht im westlichen Bezirk von Seoul entschied, dass der Kriegsdienstverweigerer Oh 18 Monate Gefängnisstrafe erhält, weil er der Einberufung zum Militärdienst nicht nachkam. Der 30-jährige Oh erklärte, dass er aus politischer Überzeugung gegen eine Ableistung des Dienstes sei.
Im Urteil erklärte das Gericht, dass die Motive von Oh „unklar“ seien, insbesondere, da er keiner religiösen Gemeinschaft, wie den Zeugen Jehovas angehöre, deren Mitgliedern die Ableistung des Militärdienstes verboten sei.
In seiner Erklärung gegenüber dem Gericht machte Oh deutlich, dass er tief beunruhigt über das Militärsystem und die Militärkultur des Landes sei, insbesondere nachdem er erfuhr, was während der Pro-demokratischen Aufstände 1982 geschah. Einige Historiker sind der Überzeugung, dass damals viele Demonstranten in Gwangju durch die Kriegstruppen geprügelt, erstochen oder erschossen wurden.
Oh erklärte zudem, dass er sich auch gegen die Art und Weise wendet, wie das koreanische Militär sexuelle Minderheiten behandelt, wie auch dessen Beteiligung an bewaffneten Konflikten in Übersee. „Aus solchen Gründen verweigere ich die Einberufung“, schrieb er.
Die Verurteilung steht im Widerspruch zur Grundsatzentscheidung des Verfassungsgerichts vom letzten Monat, mit dem Artikel 5 des Militärdienstgesetzes für verfassungswidrig erklärt worden ist, da er keine Möglichkeit eines alternativen Dienstes vorsieht. Das Gericht gab der Regierung Moon und dem Parlament zur Revision des Gesetzes Zeit bis Ende nächsten Jahres.
Das Urteil widerspricht auch den Empfehlungen des UN-Menschenrechtsrates, der die Verweigerung des Militärdienstes für alle Personen als eine “legitime Ausübung des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit” ansieht.
Oh sagte, dass er beabsichtige, in Berufung zu gehen.
Südkorea, das sich mit Nordkorea immer noch im Kriegszustand befindet, bietet derzeit keine Alternative zum Militärdienst an, der für alle tauglichen Männer verpflichtend ist. Die Weigerung, den Militärdienst abzuleisten, kann mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren verfolgt werden. Sie kann auch die Karriereaussichten schwer in Mitleidenschaft ziehen, da die meisten größeren Firmen von allen männlichen Bewerbern einen Nachweis über ihren Militärstatus verlangen, wenn sie sich um eine Position bemühen.
Seit den 1950ern wurden etwa 19.000 Männer verhaftet und wegen Kriegsdienstverweigerung verurteilt. Die Zahl ist höher als alle ansonsten weltweit inhaftierten Kriegsdienstverweigerer.
The Korea Herald, Conscientious objector sentenced to prison in South Korea. 18. Juli 2018, Übersetzung: rf. Quelle: http://www.koreaherald.com/view.php?ud=20180718000721. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe September 2018.
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