Südkorea: Regierung plant verschärfte Regeln gegen Kriegsdienstverweigerer
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(17.12.2018) Am 13. Dezember 2018 fand in Seoul in Südkorea eine weitere Anhörung zu einer Gesetzesänderung statt, mit der für Kriegsdienstverweigerer ein sogenannter alternativer Dienst eingeführt werden soll. Es zeigt sich, dass die Regierung in der Tat verschärfte Regeln vorsieht, die einen mit 36 Monaten fast doppelt so langen Dienst für Kriegsdienstverweigerer ausschließlich in Haftanstalten und einer dort auch erfolgenden Unterbringung beinhalten.
Sowohl das Verfassungsgericht wie auch der Oberste Gerichtshof des Landes hatten im Juni bzw. im November 2018 in Grundsatzentscheidungen festgestellt, dass die bisherige Strafverfolgung von Kriegsdienstverweigerern Unrecht darstellt. Die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen sei ein „berechtigter Grund“, so der Oberste Gerichtshof am 1. November 2018, der Einberufung nicht zu folgen.
„Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf der südkoreanischen Regierung bedeutet für die Kriegsdienstverweigerer im Grunde eine Verschlechterung ihrer Situation“, erklärte heute Rudi Friedrich von Connection e.V. „Regierung und Militär dringen offensichtlich darauf, den Status quo mit einem deutlich verlängerten sogenannten alternativen Dienst beizubehalten. Der Einsatz in Haftanstalten und eine dort stattfindende Unterbringung ist geradezu ein Affront gegen die Kriegsdienstverweigerer. Dieser Dienst ist nichts anderes als ein verlängerter Strafdienst.“
In Südkorea besteht eine Wehrpflicht für alle Männer. Der Militärdienst dauert 21 Monate. Das Militärdienstgesetzbuch sieht eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren bei einer Dienstverweigerung vor. Die meisten Kriegsdienstverweigerer wurden bislang zu 18 Monaten Haft verurteilt. In den letzten 68 Jahren waren fast 20.000 Kriegsdienstverweigerer im Gefängnis, die insgesamt fast 37.000 Jahre Haft verbüßten. Nach wie vor gelten sie als vorbestraft.
Auf Grundlage der Gerichtsentscheidungen sah sich die Regierung genötigt, einige Kriegsdienstverweigerer aus der Haft zu entlassen. 58 wurden nach einer Überprüfung am 30. November entlassen. 13 weitere sind immer noch in Haft, weil das Militär ihre Begründung nicht für überzeugend genug hält oder sie noch nicht ein Drittel der 18-monatigen Haft verbüßt haben und somit noch nicht die Frist für eine vorzeitige Entlassung erfüllt haben. „Auch dies“, so Rudi Friedrich, „zeigt, mit welcher Selbstherrlichkeit die Regierung über die Entscheidung der Gerichte hinweggeht. Nichts anderes als die sofortige Einstellung aller Verfahren, die Aufhebung aller bisherigen Urteile und Entschädigung sowie die sofortige Haftentlassung hätte bereits nach dem Verfassungsgerichtsurteil am 28. Juni 2018 erfolgen müssen.“
Weitere Regelungen des Gesetzentwurfes der Regierung sehen eine Überprüfung der Gewissensentscheidung durch vom Verteidigungsministerium eingesetzte Ausschüsse, ein Ausschluss der Antragstellung während des Militärdienstes sowie die Aufsicht über den alternativen Dienst durch das Verteidigungsministerium vor. World Without War, eine Organisation in Seoul, die sich seit Jahren in Südkorea für Kriegsdienstverweigerer einsetzt, schreibt dazu: Die derzeitige „Gesetzesvorlage der Regierung entspricht nicht den internationalen Menschenrechtsstandards und –gesetzen. Sie weist Strafcharakter auf und ist diskriminierend.“
„Wenn wir den gegenwärtigen Stand sehen“, so Yong-Suk Lee von World Without War, „wird wohl allen Kriegsdienstverweigerern, die nicht den Zeugen Jehovas angehören, die Anerkennung versagt bleiben.“ Damit würde die Kriminalisierung der Verweigerer fortgesetzt werden.
„Es ist sehr bedauerlich“, so abschließend Rudi Friedrich, „dass die südkoreanische Regierung die Politik des Kalten Krieges ohne Abstriche fortsetzt. An dieser Stelle hätte ein klares Zeichen gesetzt werden können, dass Menschen, die sich für Frieden einsetzen, zumindest mit ihrer Entscheidung ernst genommen und respektiert werden.“
Connection e.V. bittet um Unterstützung der südkoreanischen Kriegsdienstverweigerer.
Connection e.V.: Pressemitteilung vom 17. Dezember 2018. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Februar 2019
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