Vorwort zur Broschüre »Eritrea: Gegen Krieg und Diktatur«

von Rudi Friedrich

(01.05.2006) Nach Ende des 30jährigen Unabhängigkeitskrieges von Äthiopien stimmte die große Mehrheit der eritreischen Bevölkerung 1993 in einem Referendum für die Unabhängigkeit. Sie verbanden mit dieser Entscheidung die Hoffnung, dass sich das Land demokratisiere, es einen wirtschaftlichen Aufschwung und bessere Bildungschancen und Lebensbedingungen gebe.

Aber auch heute noch, 13 Jahre später, lebt über die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Die aus der Unabhängigkeitsbewegung hervorgegangene alleinherrschende Staatspartei Volksfront für Demokratie und Gerechtigkeit (PFDJ) hat unter dem Präsidenten Isayas Afewerki einen Militärstaat am Horn von Afrika errichtet. Menschenrechtsberichte wie von amnesty international zeichnen ein erschreckendes Bild. Die Pressefreiheit ist massiv eingeschränkt. Oppositionelle, Menschenrechtler und KritikerInnen aus den Reihen der Regierung werden verhaftet und an unbekannte Orte verbracht.

Eritrea führte mehrere Kriege mit den Nachbarländern. Nach Ende des äthiopisch-eritreischen Krieges im Mai 2000 wurde die Generalmobilmachung von Männern und Frauen aufrecht erhalten, Militärangehörige werden nun für Arbeitsdienste für die Regierung und die Offizierskaste im Rahmen eines unbefristeten Militärdienstes eingesetzt.

Zudem gehen Regierung und Militär in Eritrea schärfstens gegen Kriegsdienstverweigerer und DeserteurInnen vor. Das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung wird verwehrt. Einige Zeugen Jehovas sind seit über 10 Jahren in Haft, weil sie den Kriegsdienst verweigerten. Willkürliche Haft, Folter und Zwangsarbeit - alles ohne jegliche Gerichtsverfahren - sind Mittel, um Deserteurinnen und Deserteure zu bestrafen.

Angesichts schärfster repressiver Maßnahmen des Militärs kamen allein im Jahre 2005 über 500 Asylsuchende aus Eritrea nach Deutschland, ein Großteil von ihnen desertierte aus dem eritreischen Militär. Das Bundesamt für Migration lehnt jedoch viele in den Asylverfahren ab - obwohl die von den Flüchtlingen berichteten Verhältnisse von Menschenrechtsorganisationen bestätigt werden. Die Lage der Flüchtlinge ist verzweifelt.

Um hier nicht alleine zu stehen und um gemeinsam aktiv zu werden, gründeten ein gutes Dutzend von ihnen vor über einem Jahr die Eritreische Antimilitaristische Initiative. Sie tritt für "einen dauerhaften Frieden auf Basis der Menschenrechte" ein und für das Recht, "Zwangsrekrutierung, Militarisierung und Krieg zu verweigern". Mit einer Veranstaltungsreihe wird sie im Jahre 2006 in verschiedenen Städten in Deutschland über die Situation in Eritrea und ihre Aktivitäten informieren. Die Broschüre erscheint aus Anlass dieser Veranstaltungsreihe und beinhaltet eine ganze Reihe von kurzen persönlichen Beiträgen von Mitgliedern der Initiative.

Die bisher von der Initiative geleistete Arbeit zeigt, wie wichtig die Selbstorganisation ist. Das Gefühl, mit seiner Geschichte und mit seiner Erfahrung nicht allein zu stehen, das Gefühl, gemeinsam aktiv werden zu können, gibt sehr viel Selbstvertrauen, um die schwierige Situation in Deutschland meistern zu können. Es ist nicht nur der alltägliche Rassismus, den Menschen aus Afrika bei vielen Gelegenheiten in Deutschland erleben müssen. Die DeserteurInnen aus Eritrea werden von Landsleuten, die sich gegenüber der Diktatur in Eritrea loyal verhalten, auch als Verräter beschimpft und angefeindet.

Die Initiative war in den letzten Monaten bereits international aktiv. Ein Vertreter der Initiative konnte vor dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen sprechen. Der Tag der Gefangenen für den Frieden, der 1. Dezember 2005, war der Situation in Eritrea gewidmet. Und die deutschen Behörden erkannten in den letzten Monaten einige aus der Initiative erfreulicherweise als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention an. Dies sind alles kleine Erfolge auf dem wichtigen Weg, den sich die Initiative gesetzt hat: Eritrea braucht Frieden und Demokratie.

Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und Eritreische Antimilitaristische Initiative: Gegen Krieg und Diktatur in Eritrea, Mai 2006. Wir danken für die finanzielle Förderung durch den Katholischen Fonds, den Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), die Aktion Selbstbesteuerung e.V. (asb) sowie den Fonds der EKHN "Dekade zur Überwindung der Gewalt"

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