Israel: Kriegsdienstverweigerin Hallel Rabin aus Haft entlassen
(26.11.2020) Die 19-jährige Kriegsdienstverweigerin Hallel Rabin wurde am 24. November 2020 aus der Haft entlassen. Die israelische Agentur Ynet berichtete, dass Rabin am Tor des Armeegefängnisses stand und sagte, sie sei „die glücklichste Person der Welt“. „Mein Anwalt rief mich diesen Morgen an und sagte mir, dass ich frei sei.“
Vor ihrer letzten Haft hatte Hallel Rabin erklärt: "Ich bin bewegt und sehr erfreut über die enorme Welle internationaler Solidarität für mich. Wenn ich könnte, würde ich jedem und jeder Einzelnen Danke sagen."
Hallel Rabin war seit August 2020 insgesamt 56 Tage wegen ihrer Kriegsdienstverweigerung in Haft. Ihr drohte weitere Haft von 80 Tagen. Erst nach vier Anhörungen vor dem Gewissenskomitee des israelischen Militärs wurde schließlich akzeptiert, dass sie ernsthafte pazifistische Beweggründe habe, die nicht aus „politischen Erwägungen“ herrühren. Ohne diese Anerkennung hätte ihr weitere Inhaftierung gedroht.
In ihrer Verweigerungserklärung hatte Hallel Rabin geschrieben: "Ich bin mit den Werten von Freiheit, Mitgefühl und Liebe erzogen worden. Für die Versklavung einer anderen Nation zu kämpfen widerspricht diesen Werten. Zu lange haben sich die guten Menschen Israels bereit erklärt, sich an den Gräueltaten der Besatzung zu beteiligen. Auch wenn ich weiß, dass meine Verweigerung nur persönlich von mir durchgeführt wird und ein kleines Zeichen ist, möchte ich die Veränderung anstoßen, die ich in der Welt sehen will und zeigen, dass ein anderer Weg möglich ist."
Israel hat eine Wehrpflicht für Frauen und Männer. Männer haben 36 Monate abzuleisten, Frauen 24 Monate. Ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung existiert formal. Aber wie im Falle von Hallel Rabin zeigt sich, dass es nur sehr selten wirklich in Anspruch genommen werden kann. In aller Regel werden Kriegsdienstverweiger*innen mehrmals zu mehrwöchigen Haftstrafen verurteilt.
Trotz der Wehrpflicht geht nur ein Teil der israelischen Jugendlichen zum Militär. Von der Wehrpflicht sind zwei Gruppen ausgenommen. Der größte Teil der arabischen Israelis ist nicht wehrpflichtig, nur die Minderheit der Religionsgruppe der Drusen. Auch die jüdischen Ultraorthodoxen sind nach wie vor nicht wehrpflichtig.
Auch die erfolgreiche Vermeidung der Einberufung greift in Israel immer mehr um sich. Die Einberufungsquote bei den wehrpflichtigen Jugendlichen ist in nur 20 Jahren von 75% auf 50% gesunken. Das israelische Gesetz sieht zwar eine Bestrafung bei Militärdienstentziehung vor, in der Realität wird diese aber in den meisten Fällen einfach ignoriert.
Daher ist die Wehrpflicht in Israel nur ein Mythos. In Wirklichkeit leisten 35% der israelischen Bevölkerung den Militärdienst ab, während die anderen 65% Wege finden, sich ihm ohne Konsequenzen zu entziehen.
Quellen: Ynet News vom 24. November 2020, https://www.ynetnews.com/magazine/article/rJA6r455D. Connection e.V. vom 5. September 2019, https://de.connection-ev.org/article:israel-der-mythos-der-allgemeinen-wehrpflicht, Jerusalem Post vom 18. Oktober 2018, https://www.jpost.com/Opinion/The-myth-of-compulsory-military-service-in-Israel-569779
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