Rundbrief »KDV im Krieg« - November 2020

Rundbrief »KDV im Krieg« - November 2020

Arbeit von Connection e.V.

Oktober und November 2020

von Franz Nadler und Rudi Friedrich

Türkei: Projekt des Vereins für Kriegsdienstverweigerung

Der Verein für Kriegsdienstverweigerung (Vicdani Ret Derneği) in Istanbul hat diesen Herbst ein neues Projekt gestartet. Damit will er in der Türkei das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung durchsetzen. Die Kampagne soll mit Lobbyarbeit begleitet werden. Über das Projekt wird der Verein zudem Daten und detaillierte Informationen zur Lage von Militärdienstentziehern und Kriegsdienstverweigerern in der Türkei sammeln und dokumentieren.

In der Türkei ist das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht anerkannt. Kriegsdienstverweigerer unterliegen ein Leben lang der Verfolgung und sind mit mehrmaliger Verurteilung bedroht. Neben Hunderttausenden von Militärdienstentziehern sind auch Kriegsdienstverweigerer dem „Zivilen Tod“ unterworfen. Das bedeutet, dass sie nicht legal arbeiten und nicht frei reisen können. Sie können an keiner Wahl teilnehmen und auch keine öffentlichen Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Sie werden wiederholt zu Geldstrafen verurteilt, da sie keinen Militärdienst ableisten. In anderen Worten: Sie sind ihrer bürgerlichen Rechte beraubt. An dieser Situation hat sich trotz mehrfacher Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zugunsten der Kriegsdienstverweigerer nichts geändert.

Mit einem von uns mit organisierten Webinar am 21. November 2020 wurde das Projekt vom Verein vorgestellt und um Unterstützung insbesondere für die Lobbyarbeit in Europa gebeten. Darüber hinaus wurde auch vorgeschlagen, für den nächsten Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, den 15. Mai 2021, den Schwerpunkt auf die Situation der Kriegsdienstverweigerer in der Türkei zu legen.

Syrien: Urteil des EuGH

Der Europäische Gerichtshof, der zuständig ist für die Rechtsprechung zur Europäischen Union, hat vor wenigen Tagen ein bemerkenswertes Urteil zu einem syrischen Verweigerer verkündet. In einer Pressemitteilung des EuGH heißt es dazu, „dass im Kontext des Bürgerkriegs in Syrien eine starke Vermutung dafür spricht, dass die Weigerung, dort Militärdienst zu leisten, mit einem Grund in Zusammenhang steht, der einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen kann.“ Wir haben in diesem Rundbrief erste Meldungen dazu aufgenommen. In der nächsten Ausgabe werden wir uns ausführlicher damit befassen.

Bericht über Arbeit von Connection e.V. in Transparenz TV

In zwei jeweils 45 Minuten langen Sendungen stellte im Oktober und November 2020 Transparenz TV die Arbeit von Connection e.V. vor. Im Rahmen der Reihe Friedensfragen mit Clemens Ronnefeldt gaben in der ersten Sendung Rudi Friedrich und Karin Fleischmann einen Überblick über die Arbeit in ausgewählten Ländern anhand der Schicksale konkreter Personen. In der zweiten Sendung berichteten Peter Gramlich und Rudi Friedrich über die Arbeit zur Kriegsdienstverweigerung in der Türkei, die Motive der Verweigerer, über Selbstorganisation und die Zusammenarbeit mit in der Türkei aktiven Organisationen. Beide Sendungen erschienen in YouTube und können aufgerufen werden über www.Connection-eV.org/podcasting.

Broschüre Protection from Afar

Bereits im September 2020 veröffentlichten wir gemeinsam mit dem Internationalen Versöhnungsbund - Österreichischer Zweig, Bund für Soziale Verteidigung e.V. und der War Resisters‘ International die englischsprachige Broschüre Protection from Afar (Schutz aus der Ferne).

Die Broschüre gibt Einblicke und Rat­schläge, wie Unterstützer*innen in Fällen von Verfolgung bzw. Bedrohung der Sicherheit von Menschenrechtsverteidiger*innen oder von Menschen reagieren könnten, deren einziges „Verbrechen“ ein kritischer Kommentar in den sozialen Medien gewesen sein könnte und die vielleicht nie daran gedacht haben, dass sie deswegen verfolgt werden könnten. Die Verwundbarkeit Letzterer ist besonders hoch, weil sie sich - im Gegensatz zu Aktivist*innen - nicht auf einen solchen Notfall vorbereitet haben. Sie und ihre Familien werden überrascht und finden oft nur schwer heraus, was sie tun sollen.

Schutzbegleitung aus der Ferne bedeutet, Schutz zu gewähren, ohne physisch im Land anwesend zu sein. Es geht darum, was die Menschen vor Ort tun können - insbesondere Aktivist*innen oder Freund*innen der Verfolgten. Und sie befasst sich mit der Frage, was internationale Unterstützer*innen tun können, um ihnen zu helfen, die Sicherheit derjenigen zu gewährleisten, die ihre demokratischen Rechte friedlich ausüben wollen.

Die Broschüre kann bei uns bestellt oder heruntergeladen werden unter https://en.connection-ev.org/pdfs/2020-09-ProtectionfromAfar.pdf.

Franz Nadler und Rudi Friedrich: Arbeit von Connection e.V., 25. November 2020. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe November 2020

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