Eritrea: Trotz einiger Freilassungen weitere Kriegsdienstverweigerer inhaftiert
(04.12.2020) UPDATE: Am 4. Dezember 2020 wurden 28 Zeugen Jehovahs (26 Männer und 2 Frauen) aus der Haft entlassen. Sie hatten zwischen fünf und 26 Jahren im Gefängnis verbracht. Vierundzwanzig Zeugen Jehovas sind nach wie vor in Haft (16 Männer und 8 Frauen, unter ihnen sechs Kriegsdienstverweigerer)
Eritrea verhaftet und inhaftiert Zeugen Jehovahs und andere ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Einige der Inhaftierten sind Kriegsdienstverweigerer . Die Mehrheit – darunter Frauen und ältere Menschen – ist wegen religiöser Aktivitäten oder aus unbekannten Gründen inhaftiert.
Präsident Afewerki widerrief die Staatsbürgerschaft der Zeugen Jehovahs durch einen Präsidentenerlass vom 25. Oktober 1994, da sie 1993 nicht am Unabhängigkeitsreferendum teilgenommen hatten und den Kriegsdienst verweigerten. Vor der Einführung der Wehrpflicht hatte die Regierung in Eritrea die Einführung eines echten alternativen Dienstes vorgesehen. Viele Zeugen Jehovahs hatten diesen Dienst unter verschiedenen Verwaltungen der Regierung abgeleistet. Die Behörden stellten dann ein „Zertifikat über den abgeschlossenen Nationalen Dienst“ aus und lobten die Teilnehmer*innen häufig für ihre Arbeit. Auf Grundlage des Präsidentenerlasses begannen die Sicherheitskräfte jedoch, Zeugen Jehovahs zu belästigen, zu inhaftieren und zu foltern, um sie dazu zu zwingen, ihren Glauben aufzugeben.
Tod aufgrund der Gefängnisbedingungen
Vier Zeugen Jehovahs sind während ihrer Haft in Eritrea gestorben. Drei weitere sind nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis aufgrund der dort bestehenden harten Bedingungen gestorben.
Im Jahr 2018 starben zwei Zeugen Jehovahs nach ihrer Überstellung in das Gefängnis Mai Serwa. Habtemichael Tesfamariam starb am 3. Januar im Alter von 76 Jahren, Habtemichael Mekonen am 6. März im Alter von 77 Jahren. Die eritreischen Behörden hatten beide Männer ohne Anklage 2008 inhaftiert.
In den Jahren 2011 und 2012 starben zwei Zeugen Jehovahs aufgrund unmenschlicher Behandlung im Gefangenenlager Meitir. Der 62-jährige Misghina Gebretinsae starb im Juli 2011 an den Folgen der extremen Hitze, die er in einer von ihm als Underground bezeichneten Hafteinrichtung erlebte. Der 68-jährige Yohannes Haile starb am 16. August 2012 nach fast vierjähriger Haft unter ähnlichen Bedingungen. Drei ältere Zeugen Jehovahs, Kahsai Mekonnen, Goitom Gebrekristos und Tsehaye Tesfariam, starben nach ihrer Freilassung an den Bedingungen, denen sie im Lager Meitir unterlagen.
Empfehlungen herausragender Menschenrechtsinstitutionen missachtet
Eritrea missachtet weiterhin internationale Menschenrechtsstandards. Wichtige Menschenrechtsinstitutionen haben die Verletzung grundlegender Rechte verurteilt und Eritrea aufgefordert, den Missstand zu beseitigen.
2014 begrüßte der Menschenrechtsrat den Bericht der Sonderberichterstatterin über die Lage der Menschenrechte in Eritrea, mit dem die Regierung aufgefordert wurde, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung „in Übereinstimmung mit internationalen Normen“ zu respektieren, „die körperliche Unversehrtheit aller Gefangenen zu garantieren, den Zugang zu medizinischer Behandlung für Bedürftige sicherzustellen und die Haftbedingungen in Übereinstimmung mit internationalen Standards zu verbessern.“ In einer Entschließung von 2015 forderte der Menschenrechtsrat die Regierung von Eritrea auf, „das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu schaffen“.
2016 stellte die Untersuchungskommission für Menschenrechte in Eritrea fest, dass die eritreische Regierung ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ begangen habe, weil sie Zeugen Jehovahs und andere „aus religiösen und ethnischen Gründen verfolge“.
2017 äußerte das Afrikanische Expert*innenkomitee über die Rechte und das Wohlergehen des Kindes seine Besorgnis, dass „Kinder der Zeugen Jehovahs“ trotz des bestehenden Rechtsschutzes die Vorteile dieses Rechts nicht nutzen können und harter Behandlung unterliegen. Das Komitee empfahl Eritrea, „die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit eines Kindes ohne Diskriminierung anzuerkennen und vollständig umzusetzen“.
2018 empfahl die Afrikanische Kommission für Menschenrechte, dass Eritrea „unverzüglich Maßnahmen bezüglich der Verweigerung grundlegender Rechte aller inhaftierter Personen ergreifen solle, darunter auch Angehörigen der Zeugen Jehovahs“ und forderte eine Untersuchung der berichteten Todesfälle von Zeugen Jehovahs in der Haft. Die Kommission betonte die Notwendigkeit Eritreas sicherzustellen, dass Zeugen Jehovas ihre „staatsbürgerlichen Rechte zurückerhalten“.
Im Mai 2019 forderte das UN-Menschenrechtskomitee Eritrea auf, eine wirksame Ausübung der Religions- und Glaubensfreiheit zu gewährleisten und „alle Personen freizulassen, die wegen Ausübung ihrer Religionsfreiheit verhaftet oder inhaftiert wurden, darunter auch die Zeugen Jehovahs“. Das Komitee forderte Eritrea zudem auf, „die Kriegsdienstverweigerung gesetzlich anzuerkennen und sicherzustellen, dass Kriegsdienstverweiger*innen ein alternativer Dienst zivilen Charakters ermöglicht wird.“
Unbegrenzte Haftzeiten
Die meisten inhaftierten männlichen Zeugen Jehovahs sind auf unbestimmte Zeit im Gefängnis. Sie haben keine Hoffnung auf Freilassung, bis sie sterben oder dem Tod nahe sind. Da ihnen keine wirksamen innerstaatlichen Rechtsverfahren oder Rechtsmittel zur Verfügung stehen, unterliegen sie faktisch einer lebenslangen Haftstrafe.
Jehovahs Witnesses: Imprisoned for Their Faith. Eingesehen am 4. Dezember 2020. Übersetzung: Rudi Friedrich. https://www.jw.org/en/news/legal/by-region/eritrea/jehovahs-witnesses-in-prison/. Unter dem Link stellen die Zeugen Jehovahs auch eine aktuelle Liste der Zeugen Jehovahs zur Verfügung, mit Angabe der Namen und Gründen zur Inhaftierung.
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