"Kriegsdienstverweigerer seit über einem Jahrzehnt in Haft"

Stellungnahme zum Tag der Gefangenen für den Frieden

von Rudi Friedrich

Drei Zeugen Jehovas, die den Militärdienst verweigerten, sind seit 1994 in Haft. Sie gehören damit zu den am längsten inhaftierten Gewissensgefangenen, schreibt amnesty international. Paulos Iyassu hatte bereitwillig 18 Monate Entwicklungsdienst abgeleistet, aber den Militärdienst verweigert. Er ist wie auch Isaac Moges und Negede Teklemariam seit dem 24. September 1994 auf der Militärbasis in Sawa inhaftiert. 2001 kam Aron Abraha hinzu, 2003 Mussie Fessehaye, 2004 Ambakom Tsegezab und seit Anfang diesen Jahres zusätzlich noch Bemnet Fessehaye, Henok Ghebru und Amanuel Tesfaendrias. Keiner von ihnen wurde je angeklagt. Sicherlich gibt es noch weitere Inhaftierte, über die aber nichts bekannt ist.

In Eritrea gibt es kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Der Nationaldienst dauert 18 Monate. Aber seit dem letzten Krieg gegen Äthiopien, 1998, wurden kaum SoldatInnen aus dem Militär entlassen. Die Armee umfasst derzeit über 300.000 Angehörige - bei etwa vier Millionen EinwohnerInnen in Eritrea. SoldatInnen werden als Erntehelfer, aber auch in Betrieben eingesetzt. Die Wirtschaft ist somit in engster Weise mit dem Militär verknüpft.

Es ist unklar, wie gesetzliche Regelungen zur Verfolgung von KriegsdienstverweigerInnen und DeserteurInnen aus Eritrea überhaupt aussehen. Aber eins ist klar: Kein Offizier hält sich daran. Willkürliche Festnahmen, Folter, Einsatz an vorderster Front und Zwangsarbeit - alles ohne Gerichtsverhandlung - sind übliche Strafen für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. So werden z.B. als militärische Bestrafung die Opfer sehr häufig gefesselt für mehrere Tage oder manchmal sogar für Wochen in die Sonne gelegt.

Seit dem Jahre 2003 wurde von der eritreischen Regierung auch das letzte Schuljahr der Oberstufe in das Militärlager Sawa verlegt. Wer sein Abitur machen will, ist nun dazu gezwungen, dies im Militär zu tun.

Der erneut drohende Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien warf seine Schatten schon voraus. So gab es im Juli diesen Jahres Verhaftungen im Süden Eritrea: Eltern und Angehörige von DeserteurInnen wurden verhaftet, um damit die Söhne und Töchter zur Rückkehr zu zwingen.

Diese Situation zwingt alle diejenigen, die nicht mehr bereit sind, für das Militär zu kämpfen, zur Flucht. Einige Tausend haben es in westeuropäische Länder geschafft, einige Hundert kommen jedes Jahr nach Deutschland.

Die eritreische Regierung sieht sie als Verräter und Verräterinnen an. Wir sehen, dass ihr Schritt enorm viel Mut braucht. Sie, die sich dem Krieg entzogen haben, brauchen Schutz und Asyl.

Rudi Friedrich auf der Pressekonferenz am 1. Dezember 2005 in Frankfurt/M. Auszug. Die Pressekonferenz wurde durchgeführt von Connection e.V., Pro Asyl, dem Friedenspfarramt der EKHN und der Eritreischen Antimilitaristischen Initiative. Der Beitrag erschien im Rundbrief »KDV im Krieg«, Januar 2006.

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