İlhami Akter

İlhami Akter

Türkei: Verfolgung, Flucht und Solidarität

Eine Buchempfehlung

von Michael Strake

(11.01.2022) Ilhami Akter wurde 1972 in einem Dorf im Taurus-Gebirge im Osten der Türkei geboren - als jüngster Sohn einer kurdischen Familie. Schon als Kind erlebte er die brutale Unterdrückung der Kurden. Auf Beschluss der Familie floh er mit 17 Jahren nach Deutschland. Nach der Ablehnung seines Asylantrags lebte er zwei Jahre als illegaler Flüchtling in Deutschland. 1995 wurde sein zweiter Asylantrag positiv beschieden. 2009 erlangte er die deutsche Staatsbürgerschaft. Er lebt in Hamburg und arbeitet dort als selbstständiger Taxiunternehmer.
Der Bericht des Buches setzt ein mit dem 15. August 2018 (Verhaftung von Akter beim Besuch der Mutter in seinem Geburtsort) und endet im März 2019 mit der Rückkehr nach Hamburg. Für diese sieben bis acht Monate braucht Akter 280 Seiten – nicht für eine verwickelte Handlung (Akter erzählt geradlinig). Aber geschickt blendet er immer wieder Erinnerungen aus seinem ganzen Leben ein. Die verhältnismäßig kurze Zeit im Gefängnis beschreibt Akter auf 142 Seiten – und es wird niemals langweilig. Das liegt an den Gesprächen mit den Mitgefangenen, den Rückblenden und Erinnerungen.
Verfolgung, Flucht und Solidarität - diese sehr allgemeinen und daher blassen Wörter werden durch die Erlebnisse von Ilhami Akter mit Leben gefüllt. Der Untertitel des Buches „Autobiographischer Bericht über ein fortdauerndes Schicksal der KurdInnen in der Türkei“ ist keine Hochstapelei. Akter gelingt es, die Leiderfahrungen der Kurden in den letzten 100 Jahren jedem Leser und jeder Leserin nahezubringen.
20 Seiten Farbfotos, hauptsächlich von der Heimat des Autors, ergänzen den Bericht und zeigen auch kurz Solidaritätsaktionen.
Als Deutscher mit einem üblichen Lebenslauf lernt man bei der Lektüre ganz nebenbei, wie viele Menschen, nicht nur aus der Türkei, in kurzer Zeit einen radikalen Kulturwandel erleben und damit fertig werden müssen. Ilhami Akter ist noch aufgewachsen in einer vorindustriellen Landwirtschaft mit der Muttersprache Kurdisch. Jetzt lebt er in der Großstadt Hamburg als Taxifahrer und die Großfamilie ist über die ganze Türkei und Westeuropa zerstreut. Dass Ilhami Akter an diesem zum großen Teil erzwungenen Lebensweg nicht zerbrochen ist, führt er auf die Solidarität zurück, die er von vielen Menschen erfuhr.
Und deshalb wirbt er in seinem Buch an vielen Stellen für die Solidarität, als Fundament für ein Leben in Würde.

Ein autobiographischer Bericht von Ilhami Akter. LAIKA-Verlag, Hamburg 2021. Aus dem Türkischen übersetzt von Heike Neumann. 17 Euro

Michael Strake: Buchempfehlung: Verfolgung, Flucht und Solidarität, 11. Januar 2022. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe April 2022

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