Rundbrief »KDV im Krieg« - November 2023

Rundbrief »KDV im Krieg« - November 2023

Aus unserer Arbeit

September bis November 2023

von Marah Frech

Jugendbegegnung mit belarussischen Kriegsdienstverweiger*innen und Antimilitarist*innen

Anfang Oktober haben wir an einer Jugendbegegnung des Vereins für Vereinigung Vernetzung und Partizipation aus Berlin teilgenommen. Im Rahmen des vom Bund finanzierten Förderprogramms Meet up haben wir uns eine Woche gemeinsam mit Kriegsgegner*innen aus Belarus und der Ukraine, die nach Vilnius geflüchtet sind, mit der aktuellen Situation in Russland, Belarus und der Ukraine beschäftigt, Perspektiven und Erfahrungen ausgetauscht und eine Aktion vor dem Abgeordnetenhaus in Berlin durchgeführt. Unsere Aufgabe war unter anderem ein Workshop zu Kriegsdienstverweigerung und Asyl in den Ländern der #ObjectWarCampaign und die Vorbereitung eines Abgeordnetengesprächs mit MdB Kathrin Vogler (Die Linke). Gemeinsam mit Kathrin Vogler und Aktivist*innen aus Belarus planen wir nun ein parlamentarisches Frühstück zur Situation belarussischer Kriegsgegner*innen und hoffen, dieses Thema wieder auf die Agenda des Parlaments zu setzen, ein Wunsch den auch M., eine Teilnehmerin aus Belarus, teilt: "Mir, einem einfachen Mädchen aus dem Dorf, gelang es [im Rahmen des Jugendaustausches] das Büro zu besuchen, in dem die Politiker*innen tagen. Ich sprach mit einer Frau aus dem Parlament... Und obwohl das, was diese Frau sagte, nichts Neues war und mir auch nicht wirklich Hoffnung machte... Es ist trotzdem gut zu wissen, dass es hier, weit weg von Belarus, weit weg von diesem Horror, auch Menschen gibt, die sich für uns einsetzen." Hier kann der vollständige Bericht von M. gelesen werden.

Neue Beilagen im Freitag und Le Monde diplomatique

In den vergangenen Wochen haben wir fleißig an unseren neuen Beilagen gearbeitet, die im November in der Wochenzeitung der Freitag sowie in der deutschsprachigen Ausgabe der Le Monde diplomatique veröffentlicht werden. Dafür haben wir uns unter anderem mit den beiden russischen Kriegsdienstverweigerern Danil und Vlad getroffen. In einem Interview haben sie uns ihre Geschichten erzählt und warum sie sich für eine Flucht nach Deutschland entschieden haben. "Ich bin gegen den Krieg, gegen das Regime von Putin. Es ist wichtig zu zeigen, dass wir Viele sind, die mit dem Krieg nicht einverstanden sind, die nicht kämpfen wollen", erzählte uns Danil. Und Vlad merkte an: "Die Menschen in Russland sind gespalten, die eine Seite sieht die andere nicht. Und mir scheint, dass das nicht von den Menschen selbst kommt. Es ist künstlich erschaffen. Deshalb sage ich: Leute, hört nicht auf die Propaganda!"

Alternativen denken! Frieden schaffen ohne Waffen!

Wir haben den Verein Grüne Alternative e.V. iG und die Unabhängigen Grünen Linken bei der Durchführung eines Webinars zu "Pazifistische Stimmen aus Belarus, Ukraine und Russland" unterstützt. Gemeinsam haben Yurii Sheliazhenko (Ukrainische Pazifistische Bewegung), Olga Karatch (Nash Dom), die Bewegung für Kriegsdienstverweigerung Russland und MdB Corinna Rüffer darüber gesprochen, wie Aktivist*innen aus der Kriegsregion und den beteiligten Ländern die aktuelle Situation einschätzen und was sie sich von Deutschland und Europa wünschen. Moderiert wurde das Webinar von Dr. Margot Käßmann.

Antimilitaristisches Aktionslabor

Connection e.V. unterstützt die WRI London (War Resisters’ International) bei der Organisation einer 3-teiligen Webinarreihe, die sich speziell an junge Aktivist*innen (U35) richten soll, aber für alle Interessierten offen ist. Der erste Zyklus beginnt voraussichtlich im Janaur 2024 mit drei Sitzungen zum Thema "Militarismus und Klimaschutz". Daran schließen sich jeweils genauso viele Sitzungen zu "Militarismus und Grenzregime" sowie "Militarismus und Rüstungsindustrie" an. In jeder Sitzung sprechen wir mit anderen Referent*innen und Aktivist*innen über ihre antimilitaristische Arbeit mit dem Ziel, die Überschneidungen und Differenzen antimilitaristischer Bewegungen kennenzulernen, Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und die Teilnehmenden dazu einzuladen, selbst aktiv zu werden. Informationen zu den genauen Terminen und einen Registrierungslink können über unsere Homepage unter https://de.connection-ev.org/ abgerufen werden.

Verleihung des Siegfried-Pater-Preis

Ernst-Ludwig Iskenius erhielt am 22. Oktober in Vallendaar den Siegfried-Pater-Preis und spendete die Hälfte des Preisgeldes an die #ObjectWarCampaign: "Das Preisgeld geht an zwei Organisationen, die Menschen beistehen, der kriegerischen Gewalt etwas entgegen zu setzen, sei es im bürokratischen Krieg gegen unbewaffnete Geflüchtete, sei es durch Desertion, Verweigerung und Kriegsgegnerei." Wir bedanken uns herzlich.

Der Siegfried-Pater-Preis wurde ins Leben gerufen, um publizistische Projekte zu fördern, die das Ziel haben investigativ und/oder partizipativ Sprachrohr für mehr Gerechtigkeit zu sein. Er wurde benannt nach dem 2015 verstorbenen Verlagsgründer, Autor und Journalist Siegfried Pater.

In ihrer Laudatio sagte Katja Tempel zu Ernst-Ludwig Iskenius: "Du bist ein Spezialist in Sachen Ziviler Ungehorsam. Dein Beruf als kritischer Arzt bildet das Fundament dafür. Ziviler Ungehorsam stärkt die Heilkräfte der Demokratie, Ziviler Ungehorsam bekämpft ’Krankheiten’, die sich an gesellschaftlichen Konfliktlinien manifestieren. Ohnmacht macht krank – Ziviler Ungehorsam macht gesund."

Totalverweigerer aus Finnland verurteilt

Der finnische Totalverweigerer Mitja Jakonen wurde zu 6 Monaten Hausarrest verurteilt. Die finnische Organisation Aseistakieltäytyjäliitto (AKL) hofft nun, diese Entscheidung vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu bringen, um dort die rechtliche Situation der Kriegsdienstverweigerung in Finnland zu diskutieren. Es besteht durchaus die Hoffnung, dass - bei einem positiven Urteil auf europäischer Ebene - das finnische Gesetz bezüglich der Totalverweigerung angepasst werden muss.

Derzeit ist diese strafbar. AKL zählt etwa 35-55 Totalverweigerungen durch Militärdienstpflichtige im Jahr. Die Höchststrafe bei Totalverweigerung in Finnland beträgt mit 173 Tagen Freiheitsentzug oder Hausarrest genau die Hälfte der Dauer des Militärdiensts. Es gibt keine Möglichkeit, eine Entlassung auf Bewährung zu erwirken.

Partnerorganisationen aus Russland, Belarus und der Ukraine werden für den Friedensnobelpreis nominiert

Das Internationale Friedensbüro (IPB) hat drei unserer Partnerorganisationen für den Friedensnobelpreis nominiert. Dabei handelt es sich um die belarussische Organisation Nash Dom (Unser Haus), die russische Bewegung für Kriegsdienstverweigerung und die Ukrainische Pazifistische Bewegung. In dem Nominierungsbericht heißt es, die drei Organisationen hätten bei ihren Bemühungen um Frieden, Kriegsdienstverweigerung und Menschenrechte beispielloses Geschick und Engagement bewiesen, insbesondere seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 - und dies trotz der beträchtlichen Stigmatisierung, mit der die Organisationen seither konfrontiert seien.

Gemäß der Satzung der Nobel-Stiftung haben Personen und Organisationen, denen der Friedensnobelpreis verliehen wurde, das Recht, Kandidat*innen für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Das Internationale Friedensbüro erhielt seine Auszeichnung 1910 für die Organisation von Abrüstungskonferenzen.

Beobachtungsstelle für Kriegsdienstverweigerung Türkei

Wir unterstützen die türkische Beobachtungsstelle für Kriegsdienstverweigerung Vicdani Ret İzleme bei ihrer neuen Spendenkampagne. Dafür haben wir eine eigene Projektseite auf unserer Homepage eingerichtet. Hier können ebenfalls die Veröffentlichungen und regelmäßige Updates von Vicdani Ret İzleme eingesehen werden. Da gibt es z.B. einen umfangreichen Bericht von Hülya Üçpınar und Merve Arkun.6 Er informiert detailliert über die Rechtsverletzungen, denen Verweiger*innen in der Türkei ausgesetzt sind.

"Kultureller Militarismus" in Kolumbien

Die kolumbianische Gruppe Observatorio de Militarismo hat gemeinsam mit der Gruppe Kollektive Aktion der Kriegsdienstverweiger*innen (Acción Colectiva de Objetores y Objetoras de Conciencia) und der WRI einen Bericht zur Militärdienstverweigerung in Kolumbien veröffentlicht. Wir fördern das Bündnis bei der Entwicklung eines Gesetzesvorschlags zur Kriegsdienstverweigerung als "Alternative zum kulturellen Militarismus, der den Krieg in Kolumbien aufrechterhält".

Connection e.V. für Bremer Friedenspreis vorgeschlagen

Die Stiftung die schwelle hat für den Bremer Friedenspreis 2024 fünf Vorschläge vorgestellt. Darunter ist auch Connection e.V., was uns sehr freut. Preisträger werden über eine Abstimmung der Spender*innen der Stiftung ermittelt (https://tinyurl.com/3axkbuh4). Wir sind gespannt.

Marah Frech: Aus unserer Arbeit September bis November 2023. 10. November 2023. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe November2023

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