Protestaktion in Sheikh Jarrah, Foto: Timo Vogt

Protestaktion in Sheikh Jarrah, Foto: Timo Vogt

Israelische Verweigerer

von Institute for Public Accuracy

Omer Goldman ist eine der Shministim – AbiturientInnen, die sich der Einberufung zur israelischen Armee verweigern. Sie sagte heute: "Ich bin stolz darauf, den Dienst in einer Armee zu verweigern, die von sich selbst sagt, sie trete für Humanität und Verteidigung ein, aber täglich Menschen verletzt."

Kürzlich hatte sie geschrieben: "Das erste Mal ging ich am 23. September 2008 für 35 Tage ins Gefängnis. Wenn Sie dies lesen, werden auch viele meiner FreundInnen in Haft sein: drei Wochen Haft, einen Tag frei und wieder zurück im Gefängnis – wieder und wieder, bis sie 21 Jahre alt sind. Der Grund? Wir weigern uns wegen der Besatzung, den Militärdienst in der israelischen Armee abzuleisten.

Ich bin mit der Armee aufgewachsen. Mein Vater war stellvertretender Leiter des Mossad. Meine Schwester, die acht Jahre älter ist als ich, hat ihren Militärdienst abgeleistet. Als junges Mädchen wollte ich Soldatin werden. Das Militär war so sehr Teil meines Lebens, das ich es niemals infrage gestellt habe."

 

Michael Weksler sagte heute: "Ich war Panzerkommandeur in der israelischen Armee. Ich war einen Monat im Gefängnis, weil ich 2002 den Einsatz im Gazastreifen verweigert habe. Ich hatte das Gefühl, es sei meine Pflicht, mich "eindeutig illegalen" Befehlen zu verweigern, und aus meiner Sicht sind die bei der Besatzung üblichen Praktiken eindeutig illegal. Es ist bemerkenswert, dass das Oberste Gericht Israels es immer wieder vermieden hat, Verfahren eines Refuseniks (Verweigerer) zu verhandeln.

Die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen sind falsch, aber es ist lächerlich, wenn Israel vorgibt, es sei das Opfer in diesem Teufelskreis. Durch die Art und Weise, wie es die PalästinenserInnen in den Besetzten Gebieten behandelt, hat Israel internationales wie israelisches Gesetz verletzt. Diese Menschen hängen rechtlich gesehen völlig in der Luft. Sie sind keine Bürger Israels, sie haben keinen unabhängigen Staat und jene Rechte, die ihnen gemäß Genfer Konvention als Menschen unter Besatzung zustehen, werden ihnen von Israel verweigert. Olmert hat neulich versucht, das zu vertuschen und von "Bürgern aus Gaza" gesprochen. Die Menschen, die im Gazastreifen bombardiert werden, sind niemandes Bürger und das ist genau der Knackpunkt: sie sind staatenlos und das muss ein Ende haben."

 

Yonathan Shapira ist ein ehemaliger Hauptmann der israelischen Luftwaffenreserve. Im Jahre 2003 initiierte er die Gruppe der israelischen Piloten, die die Teilnahme an Angriffen auf die palästinensischen Gebiete verweigerten. Er ist einer der Gründer der Combatants for Peace (Kämpfer für Frieden).

Heute sagte er: "Die großen Medien sind völlig voreingenommen und vermitteln kein realistisches Bild der Situation. Die Menschen müssen andere Quellen hören, sehen und lesen. Wenn man sich die Zahl der in den letzten Tagen Getöteten anschaut, ist die Zahl der PalästinenserInnen enorm hoch: mehr als 375 Tote im Gazastreifen! Der Gazastreifen ist ein Freiluftgefängnis, das von allen Seiten kontrolliert wird. Die Menschen können nicht vor die Tür gehen, sie bekommen das Essen, die Medizin, das saubere Wasser und den Strom nicht, den sie brauchen, und die israelische Luftwaffe bombardiert sie und tötet in dieser wahnsinnigen Militäroperation unschuldige Kinder. Davon berichten die Medien einfach nicht.

Die Hamas beschießt israelische Städte mit Raketen und – ja, vier Israelis wurden getötet, und diese Raketen könnten auch mich und meine Familie töten. Aber Israels Vergeltungsmaßnahmen und die kollektive Bestrafung werden uns nicht mehr Sicherheit bringen, sondern genau das Gegenteil bewirken. Die Ursache des Konflikts ist die andauernde Besatzung und die Weigerung der israelischen Regierung, mit der Hamas zu verhandeln und sich vollständig hinter die Grenzen von 1967 zurückzuziehen. Leider hat meine Regierung kein ernsthaftes Interesse daran, das Problem zu lösen.

Ich will meine Stimme so laut wie möglich erheben und jeden bitten, uns, PalästinenserInnen und Israelis, die das Blutvergießen beenden wollen, in diesem Kampf zu unterstützen. Das Massaker wird nicht aufhören, wenn nicht Menschen auf der ganzen Welt aufwachen, uns unterstützen und zu einem Boykott, zur Veräußerung von Kapitalanlagen und Sanktionen gegenüber der israelischen Regierung aufrufen. Ich sage dies als Jude und als Israeli, der weiter in diesem schönen und traurigen Stück Land leben möchte."

Institute for Public Accuracy: News Release, 30. Dezember 2008, www.accuracy.org. Auszüge. Übersetzung: Rudi Friedrich und Marion Schwarz.

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