Was hat sich für Kriegsdienstverweiger*innen in Südkorea geändert
(18.11.2023) In meinem Beitrag möchte ich das Leben von Kriegsdienstverweiger*innen darstellen, sobald sie nach der Überprüfung durch die Kommission für den Alternativen Dienst zu Alternativdienstleistenden geworden sind. Vor seiner Einführung war das System des Alternativdiensts sowohl in der internationalen Gemeinschaft als auch in der südkoreanischen Gesellschaft ein „heißes Eisen“, das jedes Jahr auf „später“ verschoben wurde. Vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts hatten die koreanische Regierung und die Nationalversammlung die Einführung des Alternativdiensts mit der Begründung hinausgezögert, sie sei verfrüht und bedürfe einen nationalen Konsens. Die Last der langwierigen Gerichtsverfahren und der strafrechtlichen Verfolgung wurde einzelnen Verweiger*innen aufgebürdet. Obwohl der Alternativdienst das Ende einer Ära markieren sollte, in der Einzelne einen Großteil der Last des Lebens zu tragen hatten, und ein Eckpfeiler dafür werden sollte, dass „normale“ Menschen in den Genuss ihrer verfassungsmäßigen Rechte kommen, ist dies nicht der Fall. Nun, da die ersten Militärdienstpflichtigen nach drei langen Jahren Dienst im Oktober 2020 endlich entlassen werden, hoffe ich, dass wir unsere Gedanken und unser Wissen darüber sammeln können, wie die strafende und diskriminierende Praxis des Alternativdiensts aus menschenrechtlicher und demokratischer Sicht in ein besseres System umgewandelt werden kann.
Tagesablauf eines Alternativdienstleistenden
Hier ist eine kurze Beschreibung eines typischen Tages im Leben von Alternativdienstleistenden. Am Tag der Musterung müssen sie zum Ausbildungszentrum für den Alternativdienst in Yeongwol gehen. Das Zentrum bietet eine dreiwöchige Schulung zum „Gesetz über den Strafvollzug und die Behandlung von Gefangenen“ und zu alternativen Arbeitspraktiken, gefolgt von einer Prüfung in der zweiten oder dritten Woche und der Einweisung in eine Justizvollzugsanstalt, in der es ein Team für den Alternativdienst gibt. Die Einstufung richtet sich nach den Testergebnissen, der Entfernung zum Heimatort und dem Familienstand. Ein typischer Tag beginnt um 8 Uhr morgens und endet um 17 Uhr, mit einer persönlichen Erholungszeit von 17 Uhr bis 21:30 Uhr an Wochentagen und von 7:30 Uhr bis 21:30 Uhr am Wochenende. Um 21.30 Uhr ist Waschzeit, und morgens und abends (oder auch mittags) wird ein Appell abgehalten, und die Mitarbeitenden müssen auf ihrem Posten an einem festen Ort sitzen. Elektronische Kommunikationsgeräte (1 Mobiltelefon und 1 Laptop oder Tablet) sind von 17 Uhr bis 7:30 Uhr am nächsten Tag erlaubt. Im Durchschnitt leben acht (mindestens sechs, höchstens zehn) Personen in einem Wohnbereich und werden von einem*r Wohnbereichsleiter*in und einem*r Vertreter*in informiert. Ausgangszeiten sind im Rahmen von „50% der Kapazität“ innerhalb eines von jeder Einrichtung festgelegten Zeitraums erlaubt. Der Zeitraum variiert von Einrichtung zu Einrichtung von einem Tag bis zu einer Woche oder einem Monat, je nachdem, wie sie die Vorschriften auslegen. Auswärtige Übernachtungen sind im Rahmen von „20% der Kapazität“ bis „84 Stunden“ erlaubt. Das monatliche Gehalt richtet sich nach dem Sold der Soldat*innen im aktiven Diensteit.
Alternativdienstleistende rotieren für 6 bis 12 Monate zwischen den einzelnen Einsatzorten. Sie arbeiten in der Kantine (Mahlzeiten für das Personal und die Alternativdienstleistenden), in der Wäscherei (Kleidung der Insass*innen, Handtücher für das Personal), in der Hausmeisterei, in der Buch- und Zeitungsabteilung (Sortieren und Verteilen von Zeitungen und Büchern), in der medizinischen Abteilung (Sortieren und Verteilen von Medikamenten an Insass*innen), im Einkauf (Verteilen der von den Insassen selbst gekauften Waren), in der Verwaltung (Verschönerung der Umgebung, Mülltrennung), in der Verwaltung (Verwaltung des Wohnbereichs, Unterstützung des*r Dienstleiter*in) und in anderen Bereichen, die je nach den Gegebenheiten der jeweiligen Einrichtung variieren. Im Wohnbereich gibt es auch einen Nachtdienst. Von 22.00 Uhr bis 2.00 Uhr morgens haben zwei Personen Dienst und von 2.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens halten zwei weitere Personen Wache. Alle Mitglieder wechseln sich ab. In der zweiten Hälfte dieses Jahres wurden die Aufgaben der Umweltverschönerung (Reinigung des Geländes) abgeschafft und eine Arbeit der Sicherheitsabteilung hinzugefügt. Darüber hinaus werden auch Sicherheitsdienste wie Nachtdienste in der Hauptkontrollstelle oder Patrouillengänge in der Einrichtung hinzukommen, die sich noch im Pilotbetrieb befinden.
Den größten Einfluss auf den Arbeitsalltag der Alternativdienstleistenden haben die anderen Mitglieder, die Dienstleitung, Verwaltung sowie die Gefängnisbeamt*innen. In jeder Einrichtung wird eine Dienstleitung aus den Reihen der Gefängnisbeamt*innen ernannt, 3 bis 4 Personen bilden ein Team für den Alternativdienst, das sich intensiv mit dem Alltag der Alternativdienstleistenden befasst. Da das Team der Abteilung für allgemeine Angelegenheiten angegliedert ist, ist auch die Abteilungsleitung beteiligt. Im Alternativdienstgesetz und den zugehörigen Vollzugsvorschriften ist die Leitung der Justizvollzugsanstalt als Entscheidungsträgerin festgelegt, so dass die Leitung ebenfalls über große Befugnisse verfügt. Die Alternativdienstleistenden müssen auch auf die Gefängnisbeamt*innen am Arbeitsplatz achten, da sie die meiste Zeit gemeinsam verbringen. Auch andere Beamt*innen, die nicht direkt involviert sind, sondern nur in der Einrichtung angetroffen werden, haben Einfluss auf die Alternativdienstleistenden.
Probleme im System des Alternativdiensts
Ich wurde im Jahr 2021 von der Kommission für den Alternativen Dienst überprüft und erhielt im September desselben Jahres meine Anerkennung. Nach einer Wartezeit von über einem halben Jahr wurde ich im Mai 2022 einberufen und bin nun seit anderthalb Jahren Alternativdienstleistender. Kürzlich hörte ich einige meiner Kolleg*innen, die 24 Stunden am Tag in der selben Unterkunft verbringen, mit einem Hauch von Selbstironie sagen: „Ich habe jetzt das gleiche Entlassungsdatum wie die, die gerade ihren Militärdienst angetreten haben.“ Es geht nicht nur um eine bloße Beschwerde über die Dauer des Dienstes. Es geht um Fragen im Stil eines „Kreuzverhörs“, die ihnen bei der Anhörung gestellt wurden; um ihren Status, der irgendwo zwischen Soldat*in, Häftling und Wachpersonal angesiedelt ist; um den Zwang, „mich“ in die „Gruppe“ einzupassen, um die überwältigende Kontrolle und Disziplin; und um die Kultur, der es an Respekt für die Gewissensentscheidung und die Überzeugungen fehlt.
Dauer des Dienstes
Die Dauer des Dienstes ist auf 36 Monate festgelegt, was der doppelten Dauer des aktiven Militärdienstes entspricht. Während das Verfassungsgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2018 Bedenken äußerte, dass eine zu lange Dauer des Alternativdiensts gegen die in der Verfassung garantierte Gewissensfreiheit verstoßen könnte, da sie übermäßig ist und Strafcharakter hat, wurde in der Debatte in der Nationalversammlung eine Dienstzeit von fünf Jahren vorgeschlagen. Bei der öffentlichen Anhörung des Verteidigungsministeriums zur Einführung des Ersatzdienstsystems wurden 36 Monate als einzige Option genannt. Die 36-monatige Dienstzeit wurde als „vernünftige Option“ angesehen, weil der aktive Militärdienst als Standard angesehen und der Alternativdienst als Ausnahme diskutiert wurde, als ob die Verhinderung von Militärdienstentziehung der grundlegende „Zweck“ des Systems des Alternativdiensts wäre. Die Verweiger*innen, die gemeinsam in Justizvollzugsanstalten untergebracht sind, empfinden das derzeitige System als hart, wobei die häufigste Beschwerde das Gefühl der Abkopplung und Entfremdung von der Gesellschaft ist. „Ich würde lieber anderthalb Jahre Haft ertragen“, sagten mehrere von ihnen und fügten hinzu, sie hätten das Gefühl, dass Kriegsdienstverweigerung immer noch als „Sünde“ angesehen werde. Ich habe auch den Eindruck, dass diese lange Zeitspanne für Verweiger*innen eine doppelte Fessel darstellt. Wie ich bereits erklärt habe, ist es nicht einfach, die Anhörung zu bestehen, und die Verweiger*innen werden nur dann als „echte“ Kriegsdienstverweiger*innen „anerkannt“, wenn sie drei Jahre lang ohne Beanstandung durchhalten. Ist das nicht eine herablassende Haltung, die in dem derzeitigen System des Alternativdiensts steckt? Auch die Nationale Menschenrechtskommission empfahl dem Verteidigungsminister im Jahr 2023, die Dienstzeit innerhalb von sechs Monaten gemäß Artikel 19 des Alternativdienstgesetzes anzupassen. Seit der Einführung des Systems sind nun drei Jahre vergangen, und es ist notwendig, über die Verkürzung der Dienstzeit zu diskutieren.
Bereich der Dienstleistung
Zu einer Reform des Systems des Alternativdiensts gehören ganz entscheidend die Arbeitsbereiche des Dienstes. Es ist unbestreitbar, dass die Verabschiedung des Alternativdienstgesetzes dazu geführt hat, dass Kriegsdienstverweiger*innen nicht mehr Gefangene sind. Das ist eine bedeutsame Errungenschaft. Dennoch ist die Tatsache zu kritisieren, dass der Alternativdienst nur in Justizvollzugsanstalten abgeleistet werden kann und die Dienstleistenden de facto „uniformierte Häftlinge“ sind. Indem sie in Bereichen tätig sind, in denen sie gesellschaftlich unsichtbar sind, hat dies außerdem den Effekt, dass ihre Überzeugungen für Frieden und ihr Beitrag zum Gemeinwohl der Öffentlichkeit verborgen bleiben.
Eines der wichtigsten Probleme, die sich bei der Durchführung des Dienstes in Justizvollzugsanstalten ergeben, ist die Tatsache, dass es sich um militarisierte Räume handelt. Hinzu kommt, dass der Wert der „Sicherheit“ absolut und mächtig ist; die Gefängnisbeamt*innen betrachten die Alternativdienstleistenden immer noch als Häftlingssoldat*innen (oder als Mitglieder des inzwischen aufgelösten Security Guard Corps); der Ermessensspielraum der Gefängniswärter*innen und anderer Personen ist übermäßig groß, während die Justizvollzugsanstalten als geschlossene Einrichtungen nur schwer von außen überwacht werden können, sodass es kaum Möglichkeiten gibt, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern oder auftretende Probleme in den Griff zu bekommen. Das hängt mit der Tatsache zusammen, dass das Alternativdienstsystem nicht unabhängig vom Militär betrieben wird, da die Military Manpower Administration und das Verteidigungsministerium den Dienst verwalten und Kriegsdienstverweiger*innen als Teil der militärischen Ressourcen ansehen. Das steht auch in direktem Zusammenhang mit der Art des Dienstes in Justizvollzugsanstalten.
Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Kriegsdienstverweiger*innen, die militarisierte Praktiken in Frage stellen und eine Gesellschaft ohne Militär und Gewalt durch antimilitaristische Praktiken fordern, in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht werden, die ihnen eine militarisierte Disziplin auferlegt, weil sie ihr Gewissen bewiesen haben und praktizieren. Auf Schritt und Tritt werden Kriegsdienstverweiger*innen auf unangenehme Weise daran erinnert, wie ihre Überzeugungen und Praktiken sich zu weigern, „Soldat*innen zu werden“, innerhalb des Gefängnissystems behandelt werden.
Natürlich gibt es für Alternativdienstleistende formale Möglichkeiten, Menschenrechtsverletzungen oder Unzulänglichkeiten in ihrem Dienst anzusprechen, und zwar durch monatliche Menschenrechtsprüfungen und vierteljährliche Umfragen zur Dienstzufriedenheit. Viele zögern jedoch, in diesen Umfragen die „Wahrheit“ zu sagen. Das liegt daran, dass die Atmosphäre in den Justizvollzugsanstalten abschreckt, sich dieser Methoden zu bedienen und Probleme mit „Vorgesetzten“ anzusprechen. Die Atmosphäre ist geprägt von einem hierarchischen System, „Befehle kommen von oben“, einschlägige Personen sind „beleidigt“, wenn jemand schreibt, dass das Verhalten von Beamt*innen gegen die Menschenrechte verstößt, oder auf Probleme beim Betrieb der Einrichtung hinweist.
Art des Dienstes
Die Regeln werfen die Alternativdienstleistenden auf das zurück, was sie abgelehnt haben – eine Disziplin, die von ihnen verlangt, ein Körper bzw. eine kollektive Masse mit „militärischer Disziplin“ als ein Individuum mit einem eigenen Ich zu sein. Folglich müssen Verweiger*innen ständig darüber nachdenken und verhandeln, was ihnen in der Einrichtung auferlegt und abverlangt wird: ob ihr Leben dem Leben von Soldat*innen ähnelt; oder ob sie wie Insass*innen behandelt werden; oder ob es an der konservativen Kultur der Justizvollzugsanstalt liegt; oder ob es daran liegt, dass es solch eine „Einrichtung“ ist.
Die Art der Dienstleistung ist ein wesentlicher Bestandteil der Diskussion zur Diversifizierung des Dienstleistungsangebots. Wichtig ist, dass wir erneut prüfen, ob bei der Konzeption des Alternativdiensts die Tatsache berücksichtigt wurde, dass sie dem öffentlichen Wohl im nichtmilitärischen zivilen Sektor dienen soll. Die Prioritäten der Debatte scheinen sich umgekehrt zu haben, wie das Zitat eines Beamten des Verteidigungsministeriums zeigt, in dem es heißt: „Strafvollzugsanstalten und Internierungslager sind Schlüsselelemente, um sicherzustellen, dass der Alternativdienst nicht als Mittel zur Vermeidung des Militärdienstes missbraucht wird.“ Wenn aber der Schwerpunkt darauf liegt, dass der Alternativdienst Teil einer friedlichen Praxis ist und Menschen ermöglicht, eine öffentliche Rolle im nichtmilitärischen zivilen Sektor zu spielen, könnten in vielen Bereichen Einrichtungen für den Dienst geöffnet werden, z. B. im sozialen Bereich. Und die Notwendigkeit des Alternativdiensts kann je nach Art der Einrichtung diskutiert werden.
Weitere Themen
Es ist 20 Jahre her, dass Kriegsdienstverweigerung als Teil der Bewegung für zivilen Ungehorsam und aus einer pazifistischen Perspektive heraus praktiziert wurde: „So wie Krieg das Ergebnis alltäglicher Diskriminierung und Ausbeutung ist, ist Frieden das Ergebnis alltäglicher harter Arbeit.“ Das derzeitige System des Alternativdiensts scheint jedoch die Geschichte und den Kontext der Kriegsdienstverweigerungsbewegung nicht zu berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, variieren die Motivationen und der spezifische Inhalt der Kriegsdienstverweigerung, während das derzeitige System des Alternativdiensts sie einfach in „religiös Gläubige“ und „persönlich Gläubige“ dichotomisiert.
Obwohl es unvermeidlich ist, dass die Überzeugungen von Kriegsdienstverweiger*innen „politisch“ sind, legt Artikel 24 des Alternativdienstgesetzes fest, dass Kriegsdienstverweiger*innen, die „einer politischen Organisation beitreten“ (gemeint ist eine politische Organisation gemäß Artikel 33, Absatz 1, des Rahmengesetzes über den militärischen Status und Dienst), eine Verwarnung erhalten und mit fünf zusätzlichen Diensttagen bestraft werden. Während des Prüfungsverfahrens müssen die Verweiger*innen beweisen, wie wahrhaftig ihr Gewissen ist und wie konsequent und beständig ihre politischen Praktiken sind, während sie sich den unmenschlichen Fragen der Kommissionsmitglieder stellen müssen, die vom Verteidigungsministerium und der Military Manpower Administration empfohlen werden. Sobald sie Alternativdienstleistende werden, müssen sie ihren politischen Charakter ablegen.
Auch in den Wohnbereichen des Alternativdiensts gibt es zahlreiche menschenrechtsverletzende Äußerungen, sowohl zwischen Alternativdienstleistenden als auch zwischen denjenigen, die den Alternativdienst verwalten. Diskriminierende und hasserfüllte Äußerungen und die Befürwortung von Gewalt gegen LGBTQIA*-Personen, Menschen mit Behinderungen, Migrant*innen und Frauen sind weit verbreitet. Andererseits gibt es keine Richtlinien oder Haushaltsmittel für regelmäßige Menschenrechtsschulungen und es gibt keine Antidiskriminierungsbestimmungen, weder im Gesetz noch in den Durchführungsbestimmungen.
Darüber hinaus ist es zwar nicht einfach, das Prüfungsverfahren zu bestehen, aber es besteht die Gefahr, „entlassen“ zu werden, wenn sich bei einem Verweiger*innen während des Dienstes Verwarnungen wegen Verstößen gegen die Regeln der Dienstverwaltung häufen. Mir ist zwar keine Person bekannt, die so viele Verwarnungen erhalten hat, dass sie entlassen werden könnte, aber wenn es dazu kommt, ist es wieder einmal eine Frage von „Militär oder Gefängnis“. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass Kriegsdienstverweiger*innen, die mit Stufe 4 für einen Ersatzdienst (Zusatzdienst) gemustert sind, im Gegensatz zu anderen mit Stufe 4 Gemusterten ebenfalls drei Jahre in einer Justizvollzugsanstalt arbeiten müssen.
Zum Abschluss
Kürzlich hatte ich die Ausstellung „Imprisoned in the World of Words“ besucht, die sich mit dem koreanischen National Security Act befasste. Die Ausstellung, die in der Nam Young-dong Democracy and Human Rights Memorial Hall stattfand, war so konzipiert, dass man sie durch das Betreten einer von zwölf Türen auf einem leeren Parkplatz vor dem Museum beginnt. Auf den Türen standen Fragen geschrieben, von denen einige lauteten: „Wie kann Gewalt verschwinden?“ und „Wie kann hier Frieden entstehen?“ Ich erinnere mich, dass die zwölf Fragen zwar an den Staat gerichtet waren, aber auch von mir und meinen Mitmenschen gestellt und beantwortet werden sollten. Ich erinnere mich, dass ich lange vor den Türen mit den Fragen stand.
Ich denke, das ist es, worum es bei der Kriegsdienstverweigerung geht. Es ist ein Prozess, in dem wir das Unbehagen, dem wir in unserem täglichen Leben ausgesetzt sind, als ein Problem erkennen und in Beziehungen und Gemeinschaften Fragen darüber stellen, welche Entscheidungen wir treffen müssen, um es zu ändern. Diese Fragen lassen sich vielleicht nicht sofort beantworten, oder sie sind so grundlegend und umfangreich, dass wir sie vor uns herschieben. Ich denke, wir dürfen uns unsicher sein. Aber bei der Anhörung durch die Kommission für den Alternativdienst gab es eine Menge Druck, das Gremium davon zu überzeugen, dass „ich“ harmlos und makellos bin. In diesem Prozess gab es keinen Platz für Unsicherheiten. als Alternativdienstleistender gelebt habe, bin ich auf eine andere Art von Problem gestoßen: die Verlegenheit, an einem Ort zu sein, in dem die Fragen und Entscheidungen, die zu meiner Kriegsdienstverweigerung geführt haben, keine Rolle mehr spielen; die Frustration. Es ist frustrierend, an einem Ort zu sein, in dem meine Zeit, in der ich mich mit Fragen beschäftigt habe, die Beziehungen, die ich brauchte, um Antworten zu bekommen und neue Fragen zu stellen, abrupt abgeschnitten wurden. Ich muss mich entweder persönlich mit den Problemen des Systems arrangieren oder die abschreckende Arbeit mit einer kleinen Gruppe von politischen Kriegsdienstverweiger*innen machen.
Alternativdienstleistende befinden sich in einer zweideutigen Position zwischen Gefangenen und Soldat*innen. Das derzeitige System, das die „Gleichheit mit Soldat*innen“ anstelle des öffentlichen Interesses und der Zivilität zum wichtigsten Kriterium macht, ist ein großes Hindernis für die Entscheidung, den Militärdienst zu verweigern. Letztlich geht es beim Alternativdienstsystem darum, dass Einzelne all dies auch aushalten müssen.
Wenn der Alternativdienst denjenigen, die das Militär und den Krieg ablehnen, die Möglichkeit geben soll, auf eine „andere Art“ zur Gesellschaft beizutragen, dann gibt es keinen Grund dafür, dass er strafend und diskriminierend sein muss. Damit das System geändert werden kann und die Grundrechte garantiert, muss geprüft werden, ob es im Einklang mit den Werten der Menschenrechte und den demokratischen Grundsätzen funktioniert. Mit dem Ende der ersten Dienstzeit hoffe ich, dass das System bald geändert werden kann und dass die Stimmen der Zivilgesellschaft und der Alternativdienstleistenden, die sich in der Bewegung für Kriegsdienstverweigerung engagiert haben, in diesem Prozess gehört werden können.
Jang Gil-Wan ist Mitglied von "World Without War", Kriegsdienstverweiger*innen im Alternativen Dienst, Aktivist bei "Lawyers for a Democratic Society".
World Without War, www.withoutwar.org
Jang Gil-Wan: Was hat sich für Kriegsdienstverweiger*innen in Südkorea geändert? Redebeitrag auf der Internationalen Konferenz „Kriegsdienstverweigerung in Asien - Analysen und Perspektiven“, 18. November 2023 in Seoul, Südkorea. Der Beitrag wurde in Auszügen veröffentlicht in der Broschüre „Internationale Konferenz Kriegsdienstverweigerung in Asien“, Herausgegeben von Connection e.V. in Kooperation mit World Without War und War Resisters International, März 2024
Stichworte: ⇒ Kriegsdienstverweigerung ⇒ Südkorea