Advocacy Newsletter
Juni 2024
(22.07.2024) Hallo zusammen! Hier ist Artem Klyga von der Russischen Bewegung für Kriegsdienstverweigerung. Der FSB, der russische Geheimdienst, strebt an, Militärdienstpflichtige zu rekrutieren. Um dies zu erreichen, werden Änderungen an den Satzungen vorgenommen. Ab September wird es in russischen Schulen einen Unterricht mit Elementen der militärischen Ausbildung geben, was sich negativ auf Kriegsdienstverweiger*innen auswirken könnte. Gute Nachrichten aus Südkorea: Sie haben dem ersten Kriegsdienstverweigerer aus Russland Asyl gewährt. Und eine gute Nachricht aus Russland: Wir haben einige positive Entscheidungen des russischen Gerichts erhalten. Viel Spaß beim Lesen!
Wir haben einem Einberufenen geholfen, gegen die Entscheidung der Einberufungskommission zu klagen
Die Einberufungsbehörden wehren sich aktiv gegen die Ersetzung des Militärdienstes durch einen zivilen Ersatzdienst (ACS), aber wir helfen dabei, dieses verfassungsmäßige Recht vor Gericht durchzusetzen. Im Juni berichteten wir über die Geschichte von Arseniy, dem das Einberufungsamt die Ersetzung des Militärdienstes durch den Zivildienst verweigerte. Er und seine Mutter durften nicht an der Sitzung der Einberufungskommission teilnehmen und wurden anschließend darüber informiert, dass bereits eine Verweigerungsentscheidung getroffen worden war. Wir unterstützten den Kriegsdienstverweigerer dabei, eine Klage zu verfassen und diese beim Bezirksgericht einzureichen. Arsenijs Mutter teilte uns mit, dass die Einberufungsbehörde versuchte, das Verfahren zu verzögern, dem Gericht die Personalakte des Verweigerers nicht zur Verfügung stellte und schließlich verhinderte, dass die Zeug*innen des Klägers vor Gericht gehört werden konnten. Das Gericht stellte sich auf die Seite des Einberufenen, hob die Entscheidung der Einberufungskommission auf und wies die Einberufungsbehörde an, die Frage des Ersatzes des Militärdienstes durch einen zivilen Ersatzdienst erneut zu prüfen.
Südkorea gewährt zum ersten Mal einem russischen Kriegsdienstverweigerer Asyl
Das Verwaltungsgericht Seoul gab der Klage eines russischen Kriegsdienstverweigerers gegen die Verweigerung von Asyl statt. Er verließ Russland im Jahr 2022, um der Einberufung zur Mobilmachung und einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung wegen seiner Anti-Kriegs-Haltung zu entgehen. Die Migrationsbehörden lehnten den Antrag des Russen jedoch ab. Er legte gegen diese Entscheidung vor Gericht Berufung ein, was die Frage aufwirft: Ist die Verweigerung der Mobilisierung eine politische Aussage? In Anbetracht der Tatsache, dass der Verweigerer in den sozialen Medien Artikel gegen den Krieg in der Ukraine veröffentlicht und an Antikriegsdemonstrationen teilgenommen hatte, entschied das Gericht, dass seine Kriegsdienstverweigerung eine politische Äußerung darstellt. Das Gericht berücksichtigte auch die jüngsten Änderungen in der russischen Gesetzgebung, die die Situation sowohl für Kriegsdienstverweiger*innen als auch für Militärangehörige kompliziert machen.
Der FSB erhält neue Befugnisse zur Rekrutierung von Militärdienstpflichtigen für seinen Geheimdienst
Im Dezember 2023 hat Russland offiziell die Möglichkeit eines Militärdienstes im russischen Geheimdienst FSB genehmigt. Die Abgeordneten, die das neue Gesetz verabschiedet haben, behaupten, dass der Dienst im FSB in der Abteilung für den Schutz der Staatsgrenzen stattfinden wird. Folglich können Militärdienstpflichtige nun direkt zum Dienst an den Grenzen Russlands, einschließlich der Grenze zur Ukraine wo aktive Kampfhandlungen stattfinden, entsandt werden.
Seit 2024 hat der Geheimdienst neue Befugnisse im Zusammenhang mit der Aufnahme von Militärdienstpflichtigen. Nun kann der FSB im Voraus auf die Personalakten der Militärdienstpflichtigen zugreifen und eigenständig Ernennungen vornehmen, d.h. er kann auswählen, welche Personen rekrutiert werden sollen. Weder das Verteidigungsministerium noch die militärischen Dienststellen haben die Möglichkeit, diesen Prozess zu beeinflussen.
Neue Lektion "Grundlagen der Sicherheit und des Heimatschutzes" wird in russischen Schulen eingeführt
Die Hauptgefahr dieser Lektion besteht darin, dass ihre obligatorische Teilnahme die Möglichkeit ausschließen könnte, den Militärdienst in Zukunft durch einen zivilen Ersatzdienst zu ersetzen. Nach den Plänen des Bildungsministeriums müssen russische Schüler*innen die Bestimmungen der allgemeinen militärischen Vorschriften lernen, sich Kenntnisse über Elemente der militärischen Grundausbildung aneignen, Sicherheitsanforderungen im Umgang mit Schusswaffen beherrschen und sich Gedanken über den Einsatz von Drohnen machen.
Die Lektion "Grundlagen der Sicherheit und des Heimatschutzes" erweitert den in Russland bereits bestehenden Unterricht, in dem Schüler*innen die Grundlagen der Sicherheit und des Schutzes von Personen in gefährlichen Situationen und Notfällen lernen, erheblich. Allerdings wird der militärischen Ausbildung in diesem Unterricht derzeit keine Aufmerksamkeit geschenkt. Da die Schule diejenige Institution ist, die Militärdienstpflichtigen empfehlen kann, den Militärdienst durch einen zivilen Ersatzdienst zu ersetzen, wirkt sich die Teilnahme an diesem Unterricht für zukünftige Militärdienstpflichtige möglicherweise nicht positiv aus.
Russische Bewegung für Kriegsdienstverweigerung: Advocacy Newsletter, Juni 2024. Versendet Per Email am 22.07.2024 und ins Deutsche übersetzt von Connection e.V. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe September 2024
Stichworte: ⇒ Friedensbewegung ⇒ Kriegsdienstverweigerung ⇒ Menschenrechte ⇒ Militär ⇒ Projektberichte ⇒ Russland