Neuigkeiten zur #ObjectWarCampaign
Bundesweite Demonstration in Nürnberg
Am 14. Dezember 2024 führten wir mit dem Bündnis der #ObjectWarCampaign eine bundesweite Demonstration in Nürnberg durch unter dem Titel „Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht! Überall!“ In einer gemeinsamen Rede erklärten Jewgenij Arefiev aus Russland und Andrii Konovalov aus der Ukraine ihre Kriegsdienstverweigerung und zerbrachen symbolisch Gewehre. Eine weitere Besonderheit war, dass wir Redner*innen aus Russland, Belarus, Ukraine wie auch aus Israel/Palästina dabei hatten. Es war uns in der Vorbereitung sehr wichtig, den internationalen Charakter der Bewegung deutlich zu machen und auch auf andere Kriege hinzuweisen, gegen die es in den jeweils beteiligten Ländern sehr wohl Widerstand gibt.
Begleitet wurde die Demonstration von dem überdimensionalen Zerbrochenen Gewehr der DFG-VK, aber auch von der Trommelgruppe ERRoR - Erlanger Gruppe der Rhythms of Resistance (RoR). So waren wir bestens sicht- und hörbar und zogen bis zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wo wir gemeinsam Schutz und Asyl für Kriegsdienstverweiger*innen und Deserteur*innen einforderten.
Juristische Auseinandersetzungen
Gemeinsam mit Artyom Klyga von der Bewegung für Kriegsdienstverweigerung Russland und Sofia Zelenkevich hatten wir bereits im Sommer 2024 angefangen, die uns vorliegenden negativen Entscheidungen zu russischen Kriegsdienstverweiger*innen und Militärdienstentzieher*innen zu analysieren. Während Deserteur*innen in der Regel Asyl erhalten, werden alle anderen vom Bundesamt für Migration mit der Begründung abgelehnt, dass eine Rekrutierung und ein Einsatz im Krieg in der Ukraine nicht beachtlich wahrscheinlich sei. Wir kamen letztlich zu dem Schluss, dass das Kriterium der beachtlichen Wahrscheinlichkeit nur schwer zu brechen sein wird. Bestätigt wurde das durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg.
Wir erarbeiteten daraufhin eine Stellungnahme, um deutlich zu machen, dass bei einem Angriffskrieg nach den Römischen Statuten für den Internationalen Gerichtshof für Soldat*innen die Pflicht besteht, sich zu verweigern: „Aus dem Völkerrecht ergibt sich eine Verpflichtung – sowohl von Staaten wie auch von Einzelpersonen – sich völkerrechtskonform zu verhalten, sich also nicht an Kriegsverbrechen, völkerrechtswidrigen Handlungen oder einem Angriffskrieg zu beteiligen. Und dieser Pflicht können Personen nicht enthoben werden mit dem Argument, es sei nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sie in solch eine Situation geraten. Kurz: Wenn es diese Pflicht zur Verweigerung und Entziehung gibt, dann müssen diese Personen auch Schutz erhalten, wenn ihnen mit welcher Wahrscheinlichkeit auch immer eine Verfolgung droht.“1
Im Januar 2025 gab es zu dieser Frage zwei bemerkenswerte Urteile des Verwaltungsgerichtes Berlin, die auch aufgrund von Informationen unserer russischen Partnerorganisationen zu dem Schluss kamen, dass eine Rekrutierung in den Krieg sehr wohl „beachtlich wahrscheinlich“ sei (siehe Seite 9. Es gibt Bewegung bei den Entscheidungen, aber keine Klarheit. Und es ist derzeit offen, wie sich das Oberverwaltungsgericht zu den beiden Urteilen aus Berlin verhalten wird.
Erschreckend hingegen ist ein anderes Urteil über einen Auslieferungsantrag der Ukraine. Wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt wurde der Auslieferungsantrag gestellt. Der Betroffene gab an, dass er Kriegsdienstverweigerer sei und es in der Ukraine kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gäbe. Der Bundesgerichtshof erklärte in einem Beschluss, dass die Kriegsdienstverweigerung nicht einer Auslieferung entgegenstehe, wenn das Land völkerrechtswidrig angegriffen wird und daher das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht gewährleistet. Wir sind derzeit dabei, das Urteil zu analysieren und eine Stellungnahme dazu zu erarbeiten.
Wichtig ist an dieser Stelle, darauf hinzuweisen, dass dies nur Fälle betreffen kann, die wegen nicht-militärischer Straftaten in der Ukraine angeklagt sind. Eine Auslieferung wegen militärischer Straftaten ist nach dem Europäischen Auslieferungsabkommen untersagt. Dennoch ist das Urteil in höchstem Maße bedrohlich, weil es den Zwang zum Kriegsdienst als höher erachtet als das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung. Dem ist auch aufgrund von internationalen Entscheidungen und Beschlüssen deutlich zu widersprechen.
Connection e.V.: Neuigkeiten zur #ObjectWarCampaign, 1. März 2025. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe März 2025
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