Rundbrief »KDV im Krieg« - September 2024

Rundbrief »KDV im Krieg« - September 2024

Aus unserer Arbeit

Mai 2025

von Connection e.V.

(01.05.2025) An dieser Stelle möchten wir euch einen kurzen Überblick darüber geben, was in den letzten beiden Monaten im Büro von Connection e.V. passiert ist und was wir initiiert haben. Weitere Infos im Bericht zur #ObjectWarCampaign.

Personelle Veränderungen bei Connection e.V.

Zum 31. März 2025 hat Marah Frech ihre Tätigkeit bei Connection e.V. beendet. In den vergangenen Jahren hat sie unsere Arbeit mit großem Engagement und einer klaren Haltung für die Rechte von Kriegsdienstverweiger*innen maßgeblich mitgestaltet. Wir danken Marah herzlich für ihren wertvollen Beitrag, ihre kreativen Ideen und ihren unermüdlichen Einsatz. Für ihren weiteren Weg wünschen wir ihr von Herzen alles Gute!

Gleichzeitig freuen wir uns, Artem Klyga als neues Teammitglied begrüßen zu dürfen. Seit dem 1. April 2025 verstärkt er unser Team mit einem besonderen Fokus auf internationale Netzwerke, sowie die Beratung von Kriegsdienstverweiger*innen in Osteuropa. Artem Klyga bringt sich mit seiner juristischen Expertise ein und wir sind gespannt auf die Impulse, die er in unsere Arbeit einbringen wird.

Im Interview auf Seite 8 stellt sich Artem Klyga selbst vor und gibt Einblicke in seine Perspektiven und Anliegen.

Artikelserie in der graswurzelrevolution

In den letzten Monaten hat Franz Nadler verschiedene Beiträge in der graswurzelrevolution veröffentlicht, u.a. zum Reichsarbeitsdienst und Gesellschafsdienst (gwr April 2024); zur Desertion im II. Weltkrieg (gwr November 2024) und zur „Neuen“ Militärdienstpflicht und Kriegsdienstverweigerung (gwr Januar 2025). In seinem letzten Beitrag befasst er sich mit ausländischen Soldat*innen im Ukraine-Krieg (gwr April 2025). Zum gleichen Thema siehe auf Seite 16 auch den Beitrag von Nash Dom.

„Krieger zweiter Klasse“

In der Ausgabe April 2025 der Graswurzelrevolution analysiert Franz Nadler unter dem Titel „Krieger zweiter Klasse“ die Realität ausländischer Kämpfer im Ukraine-Krieg. Der Artikel liefert eine eindringliche, gut recherchierte und gleichzeitig erschütternde Darstellung über den systematischen Einsatz ausländischer Söldner auf beiden Seiten der Front.

Ein Krieg der Armen für die Interessen der Reichen

Franz Nadler zeigt in seinem Artikel, wie der Ukraine-Krieg zunehmend zu einem Krieg wird, der von ökonomisch benachteiligten Menschen aus aller Welt geführt wird – für geopolitische Interessen, die mit ihren eigenen Lebensrealitäten nichts zu tun haben. In Russland wie in der Ukraine kommen dabei immer häufiger ausländische Söldner zum Einsatz, die unter teils katastrophalen Bedingungen kämpfen und nur unzureichend rechtlich oder gesellschaftlich geschützt sind.

In Russland wurden vor allem inhaftierte Männer, Arbeitsmigranten und Angehörige ethnischer Minderheiten rekrutiert – darunter Tschetschenen, Usbeken, Tadschiken oder Burjaten. Häufig geschieht dies unter massivem Druck, mit dem Versprechen auf Amnestie oder finanzielle Anreize.

Auch auf ukrainischer Seite ist ein ähnliches Bild zu beobachten: Die Internationale Legion der Territorialen Verteidigung, in der Freiwillige aus aller Welt kämpfen, ist medial oft als heroischer Ausdruck internationaler Solidarität dargestellt worden. Doch Franz Nadler mahnt zur Vorsicht: Auch hier geraten viele Kämpfer in eine prekäre Lage. Sprachbarrieren, schlechte Ausrüstung, fehlender Zugang zu medizinischer Versorgung und mangelnde rechtliche Absicherung führen dazu, dass viele der internationalen Freiwilligen faktisch als „Krieger zweiter Klasse“ behandelt werden.

Freiwillige, Verzweifelte und Missbrauchte

Franz Nadler unterscheidet sorgfältig zwischen verschiedenen Gruppen von ausländischen Kämpfern: Es gibt Idealist*innen, die aus Überzeugung in den Krieg ziehen, aber auch viele, die aus wirtschaftlicher Not oder unter Zwang rekrutiert wurden. Insbesondere in Russland wurde der Krieg gezielt genutzt, um Gefangenen „Vergebung“ gegen Fronteinsatz anzubieten – eine Praxis, die an vergangene imperiale Kriegspolitiken erinnert. Auch ehemalige afrikanische Söldner, zum Beispiel aus Mali oder Sudan, sollen im Ukraine-Krieg auf russischer Seite im Einsatz gewesen sein.

Ein weiterer Punkt betrifft asiatische Arbeiter*innen, die unter dem Vorwand ziviler Arbeit nach Russland geschickt wurden, aber laut Medienberichten ebenfalls in militärische Kontexte geraten sein könnten. Franz Nadler verweist dabei auf eine undurchsichtige Gemengelage von Arbeitsmigration, staatlicher Kontrolle und kriegsbezogenem Missbrauch.

Staatlicher Zynismus und moralische Doppelmoral

Erschütternd ist der Abschnitt, in dem Franz Nadler beschreibt, wie schnell Menschen „verbraucht“ und bei Verwundung oder Tod fallengelassen werden. Während die „eigenen“ Soldaten – in Russland wie auch in der Ukraine – zunehmend zu knapp oder zu wertvoll werden, sei es für Staaten attraktiv, fremde Leben als entbehrlich zu betrachten. „Wenn die eigenen Soldaten zur Neige gehen oder zu wertvoll sind, kommen reiche Staaten gerne auf die Idee, solche aus anderen Staaten einzukaufen“, fasst Franz Nadler zusammen.

Kritisch beleuchtet wird auch die Rolle Deutschlands: Einerseits wird medial Anteilnahme mit der Ukraine suggeriert, andererseits bleibt die rechtliche Lage für Menschen, die sich an Kriegen im Ausland beteiligen, uneindeutig. Zwar verbietet § 109h StGB die „Anwerbung für fremde Streitkräfte“, aber eine strafrechtliche Verfolgung findet faktisch kaum statt – solange es sich nicht um feindliche Staaten handelt. Franz Nadler nennt das eine politische Doppelmoral: Wer in der Internationalen Legion für die Ukraine kämpft, wird nicht belangt. Wer aber im Dienst der syrischen Armee oder russischen Streitkräfte steht, dem droht bei Rückkehr eine Anklage.

Militarisierung, Migrationspolitik und Ausbeutung

Ein zentrales Argument des Artikels ist die Verknüpfung von Militarisierung und migrationspolitischer Ausgrenzung: Statt Menschen Schutz zu bieten, werden sie in Kriege geschickt – oder bei Einreiseversuchen gestoppt. Franz Nadler beschreibt, wie Staaten gleichzeitig daran arbeiten, ihre Außengrenzen zu schließen und systematisch neue Soldaten im Ausland anzuwerben. Ein perfider Widerspruch: Wer als Flüchtling an der Grenze abgewiesen wird, kann als Söldner willkommen sein.

Beispiele wie Kolumbien, Nepal oder afrikanische Länder zeigen, wie dieses System funktioniert. Menschen, die in ihren Heimatländern kaum Perspektiven haben, werden mit Versprechen auf Lohn und Aufenthalt in Europa oder Russland zum Dienst an der Waffe gelockt. Häufig endet dieser Weg in Tod oder Verletzung – ohne Absicherung für Hinterbliebene, ohne rechtliche Anerkennung.

Ein Beitrag zu antimilitaristischer Aufklärung

Mit seinem Artikel leistet Franz Nadler einen wichtigen Beitrag zur antimilitaristischen Aufklärung. Er entlarvt den Ukraine-Krieg nicht als „gerechten Verteidigungskrieg“, sondern als ein weiteres Kapitel imperialer, ausbeuterischer Politik. Besonders die Analyse des Missverhältnisses zwischen westlicher Rhetorik („Freiheit“, „Demokratie“) und der realen Praxis im Umgang mit migrantischen Kämpfer*innen bringt eine oft übersehene Dimension ans Licht.

Franz Nadler schreibt als Kriegsgegner und nimmt klar Stellung: „Als Kriegsgegner kann ich nur davon abraten, in den Krieg zu ziehen – egal, ob für Angriff oder Verteidigung.“ Der Artikel appelliert nicht nur an die Vernunft, sondern auch an das Mitgefühl: für diejenigen, die oft ohne Stimme in den globalen Kriegsdebatten verheizt werden.

Connection e.V.: Aus unserer Arbeit, 1. Mai 2025. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Mai 2025.

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