Antikriegs-Instrument Völkerrecht wird instrumentalisiert
Buchbesprechung
(28.03.2025) Die Stärke des Pazifismus liegt sicherlich darin, dass er Kriege durch Recht ersetzen wollte. Die UNO und das Völkerrecht sind pazifistische Ideen. Aber alles hat so seine Schwächen: Kolonialismus und Imperialismus werden dabei ausgeklammert.
Der renommierte Völkerrechtler Kai Ambos macht das in seinem Aufsatz „Doppelmoral – Der Westen und die Ukraine“ auf gerade mal 54 Seiten deutlich. Den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilten zwar in der UN-Generalversammlung 141 von 193 Staaten, aber lediglich maximal 40 westlich orientierte sanktionieren Russland und liefern Waffen an die Ukraine. Warum ist „der Westen“ so isoliert? Eine Antwort darauf findet Ambos in der instrumentellen Haltung, der „Doppelmoral“. Eigene Verbrechen werden geschützt, die der anderen verfolgt.
Die deutsche Regierung nimmt er davon nicht aus. So habe sich Bundeskanzlerin Merkel „wohl strafbar gemacht“, als sie die außergerichtliche Tötung Bin Ladens durch die USA begrüßt habe. Auch das Lob der USA durch Außenministerin Baerbock für deren Einsatz einer „regelbasierten Völkerrechtsordnung“ sieht er als kontraproduktiv.
Zum Ukrainekrieg vertritt er die Ansicht, dass bei der rechtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechen Opfer (Ukraine) und Täter (Russland) „gleich behandelt“ werden müssen. Die pauschale Zurückweisung eines Berichts von Amnesty International durch die Ukraine sei „wenig hilfreich“.
Ambos sieht, dass auch dem Internationalen Strafgerichtshof eine „antirussische Stoßrichtung“ aufgezwungen wird und damit die „Gefahr der Instrumentalisierung“ besteht. Mit der Folge, dass das Völkerrecht weiter erodiert.
Franz Nadler: Buchbesprechung. 28. März 2025. Kai Ambos: Doppelmoral – Der Westen und die Ukraine. Westend-Verlag, Frankfurt 2022. 91 S., 15 €. ISBN 978-3-86489-404-6. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Mai 2025