Friedenslogische Perspektiven in Zeiten des Krieges
Buchbesprechung
(28.03.2025) Die Stiftung die schwelle hat Connection e.V. 2024 den Bremer Friedenspreis verliehen. Sie bemüht sich den Friedensgedanken und auch die Kriegsdienstverweigerung in Ehren zu halten – und hat dazu einige, durchweg gut besuchte Veranstaltungen durchgeführt. Die Referate sind nun in einem Büchlein erschienen.
Hanne-Margret Birckenbach stellt gewaltfreie Prämissen für Friedens(ver)handlungen vor und betont die Wichtigkeit von Initiativen von unten, z.B. für die Verbesserung der französisch-deutschen Beziehungen durch französische Christen.
Jasper von Legat betrachtet die historische Auseinandersetzung in der christlichen Kirche zum (gerechten) Krieg und wie eine pazifistische Haltung bewahrt werden kann.
Andreas Hamburg, Friedensbeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche, wuchs in der Sowjetunion auf, wanderte nach Deutschland aus und war später in der Ukraine tätig. Er bezeichnet sich als Pazifist, ist aufgrund der „Aggressivität Russlands“ für Waffenlieferungen, macht aber Einschränkungen: Er betet „für den Frieden – nicht für den Sieg der Ukraine“.
Olaf Müller bezeichnet sich als „pragmatischen Pazifisten“. Er lehnt „das sture pazifistische Nein zum Krieg“ ab, aber auch Waffenlieferungen „aus Sorge vor der Atomkriegsgefahr“ und mache sich damit „gegenüber der Ukraine schuldig“. Mit der Haltung von Einstein und Russell, die im Zweiten Weltkrieg zu der Ansicht gelangten, dass Hitler nur durch Waffen zu besiegen sei, zieht er eine Analogie zum russischen Angriff.
Christine Schweitzer geht anhand der Geschichte des Versöhnungsbundes und der War Resisters´ International auf Pazifismus, Antimilitarismus und Kriegsdienstverweigerung ein. Sie berichtet von gewaltfreien Initiativen gegen Krieg und diskutiert die Soziale Verteidigung.
Es folgt mein Beitrag „Kriegsdienstverweigerung und Desertion“, der sich gar nicht so sehr von Christines´ unterscheidet, wobei ich aber mehr die Unterschiede der Begriffe herausarbeite. Zentral ist die Auseinandersetzung mit der unzureichenden Umsetzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung in Deutschland, Russland und der Ukraine.
Fernando Enns, ein weiterer Theologe, erteilt Krieg, Waffenlieferung und Aufrüstung eine grundlegende Absage. Er begründet seine Haltung mit der postkolonialen Theorie Butlers (Mal was Neues!) und spricht sich deswegen für die Unterstützung der Kriegsdienstverweigerung aus.
Eva Senghaas-Knobloch geht auf „subjektive Faktoren“ ein. Sie sieht den russischen Angriff als Ergebnis einer aussichtslosen Situation, in die man sich selbst hineinmanövriert hat. Sie plädiert für Verhandlungen. Ähnlich wie Birckenbach setzt sie auf Kooperation zivilgesellschaftlicher Initiativen und stellt dazu die israelisch-palästinensischen Combatants for Peace und Parents Circle vor.
Nun, alle Beiträge sind gut für eine überfällige Diskussion. Aber: Vieles, was da vorgestellt wird, verbleibt leider auf der theoretischen Ebene. Eine Auseinandersetzung mit den auch westlichen Ursachen des Ukrainekrieges klingt zwar immer wieder mal an, vermisse ich aber. Wer Waffen liefert, stellt sich auf eine Seite und verbaut sich damit die Möglichkeit als Unparteiischer zu vermitteln und zu verhandeln. Es ist ein Teufelskreis, in den sich auch Deutschland begeben hat, wo man mit Waffen und Aufrüstung „kriegstüchtig“ werden will. Dabei ist Bertha von Suttners „Die Waffen nieder!“ das Gebot der Stunde. Der Verweigerung des Dienstes für den Krieg kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Sie ist inzwischen auf allen Seiten zu einem entscheidenden Faktor geworden.
Franz Nadler: Buchbesprechung. 28. März 2025. Stiftung die schwelle (Hrsg.): Friedenslogische Perspektiven in Zeiten des Krieges. Donat-Verlag Bremen, 2025, 96 S., 12 €. ISBN 978-3-949116-27-8. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Mai 2025