Resümee der Veranstaltungsreihe "Das andere Afrika"
Von März bis Juni 2005 führte Connection e.V. gemeinsam mit der Angolanischen Antimilitaristischen Menschenrechtsinitiative (IAADH) die Veranstaltungsreihe "Das andere Afrika: Widerstand gegen Krieg, Korruption und Unterdrückung" durch. Der angolanische Kriegsdienstverweigerer Emanuel Matondo sprach an 20 Orten in der Schweiz, in Österreich, Frankreich und Deutschland über das Thema. Als Begleitmaterial veröffentlichten wir eine Broschüre zum Thema, die in deutsch und französisch erschien. Ende Juni 2005 fragten wir Emanuel Matondo nach seinen Erfahrungen auf der Tour. (d. Red.)
Wie ist der Schwerpunkt "Das andere Afrika" bei den Veranstaltungen angekommen?
Sehr gut. Allein die Besucherzahlen - insbesondere im deutschsprachigen Raum - zeigten, dass es ein großes Interesse an diesem Thema gibt. Aber auch die Reaktionen der TeilnehmerInnen bestätigten das. So sprach mich ein Besucher im Ruhrgebiet nach der Veranstaltung an und sagte: "Ich wünsche mir, dass mehr über solche Aktivitäten berichtet wird. Das sollte keine einmalige Sache sein, es sollte vielmehr regelmäßig passieren."
Welche Auseinandersetzungen und Diskussionen gab es auf den Veranstaltungen?
Ich habe den Eindruck, dass manche Menschen noch immer in alten Ideologien und Mythen verfangen sind. Ich will dies am Beispiel Angolas deutlich machen. Wenn ich meine Kritik an den Kriegstreibern vorbrachte - was ich auch weiterhin tun werde - an der jetzt noch regierenden MPLA und der Rebellenorganisation UNITA und darstellte, wie sie uns in die Katastrophe geführt haben, kochten bei einigen die Emotionen hoch. Sie halten am Mythos der MPLA fest, die mal die "soziale Gerechtigkeit" im Munde führte und mit dieser Ideologie UnterstützerInnen auch hier in Westeuropa und in den USA geworben hat. Sie wollen nicht eingestehen, dass diese Partei einen Stellvertreterkrieg für Moskau geführt hat. Sie stellen die UNITA als allein schuldige Kriegspartei dar, die einen Stellvertreterkrieg für die USA und den CIA geführt habe. Aber beide waren Marionetten der außenstehenden Mächte.
Mir ging es darum, deutlich zu machen, wohin uns diese beiden Parteien und ihre warlords über einen jahrzehntelangen Krieg geführt haben. Sie haben das Land ausgeraubt und sich persönlich bereichert. Die MPLA hat Milliarden von Dollar aus Erdöleinnahmen auf Schweizer Konten beiseite geschafft. Die UNITA-Führer sammelten Diamanten mit unbekanntem Wert an. Was sie alle in Angola gelassen haben, sind unzählige Landminen, Hunger, Krankheiten und Elend - eine humanitäre Katastrophe. Wenn wir Bilanz ziehen, sehen wir: Sie sind nicht nur als Politiker unfähig, sie haben das Land ausgeraubt - mit Hilfe ihrer Förderer im Ausland. Und die MPLA betreibt diese Politik weiter. Die Ereignisse in Cabinda zeigen das.
Welche Alternativen konntest Du benennen?
Emanuel Matondo: Die angolanische Opposition ist noch sehr schwach und stellt kein solides Bündnis dar, das sich als dritte Kraft profilieren konnte. Wir arbeiten daran, dass aus dieser zivilgesellschaftlichen Oppostion allmählich eine starke Gegenkraft erwächst. Sie ist aber weiterhin mit Repressionen und Gewalt der Regierenden konfrontiert. Diesen Faktor dürfen wir nicht unterschätzen. In dieser unabhängigen Bewegung gibt es jedoch viele Köpfe, die eine klare Vorstellung haben, welche ökonomischen, sozialen und politischen Reformen notwendig sind, um die verkrusteten Strukturen aufzubrechen, die dank der Regierungspartei - in Komplizenschaft mit den Rebellen - von der Kolonialmacht übernommen wurden.
Sind auf der Veranstaltungsreihe Ideen für die weitere Arbeit entstanden?
Ich konnte zum einen an vielen Orten neue Kontakte knüpfen, aber hier ist noch nicht klar, was sich jeweils daraus entwickeln wird. In mehreren Städten erhielt ich die Anfrage, ob ich meine Position und die Berichte über die Aktivitäten in verschiedenen Ländern Afrikas nicht in Form eines Buches veröffentlichen könnte.
In Lyon fragte ein unabhängiges Forschungsinstitut an, ob die IAADH nicht an Untersuchungen arbeiten könnte, die sich mit privaten Sicherheitsarmeen beschäftigt, wie auch zur Frage des Waffenhandels im Zusammenhang mit der Ölförderung. In Frankreich gibt es sehr wenig Material zu diesen Themen bezüglich Angolas. Die vorhandenen Veröffentlichungen beschäftigen sich mehr mit den frankophonen Ländern. Wir haben in den letzten Jahren schon Material dazu zusammen getragen, aber es wäre dann notwendig, wesentlich tiefer in die Materie einzusteigen.
Mit den Gruppen in Genf werden wir weiter zu den Korruptionsverfahren arbeiten, die im Zusammenhang mit der Umschuldung von Angolas Außenschulden von 5,5 Mrd. US-Dollar gegenüber Russland im Jahre 1996 aufgenommen wurden.
So gibt es also einige Projekte, die wir weiter verfolgen werden. Aber das hängt auch jeweils davon ab, ob es möglich ist, Zuschüsse dafür zu finden.
Wie ist die Broschüre "Das andere Afrika" angenommen worden?
Ich denke, dass es eine gute Entscheidung war, eine Auswahl von Ländern als Beispiele heranzuziehen und die Aktivitäten in diesen Ländern darzustellen. Es ist uns damit gelungen, ein übersichtliches und klares Bild zu präsentieren. Die Broschüre wurde auch als eine gute Ergänzung zu meinem Vortrag gesehen.
In Genf erhielt ich am Rande der UN-Menschenrechtskommission von zwei Frauen aus der Elfenbeinküste eine interessante Rückmeldung. Sie waren positiv überrascht, in der französischen Ausgabe einen Bericht über die Situation und die Arbeit der Basisgruppen in ihrem Land zu finden. Das Wissen, dass es Leute in Europa gibt, die sich dafür interessieren, ermutigte sie sehr. Und sie betonten, wie wichtig es wäre, in Afrika über zivile, gewaltfreie Aktivitäten in anderen afrikanischen Ländern zu erfahren. Es gibt kaum einen Informationsfluss zwischen den afrikanischen Ländern. So etwas wie diese Broschüre kann da Abhilfe schaffen.
Welche Perspektiven siehst Du für die weitere Arbeit?
Es wäre schon sehr wichtig, zu überlegen, ob nicht ein Austausch zwischen den Aktiven verschiedener afrikanischer Länder organisiert werden könnte. Vor allem die AfrikanerInnen selbst fragten danach. Sie wollen voneinander erfahren und lernen. Ich habe gemerkt, dass die Leute z.B. gar nicht wissen, wie der Prozess in Kenia abgelaufen ist oder wie in anderen Ländern positive Ansätze friedlicher Konfliktlösung konzipiert und umgesetzt werden. Dieser Austausch wäre notwendig, um die Idee der Gewaltfreiheit breiter zu streuen und Menschen mitteilen zu können, wie sie auch ohne Waffen Druck auf Bewaffnete ausüben und erfolgreich sein können.
Interview mit Emanuel Matondo am 28. Juni 2005 zur Veranstaltungsreihe "Das andere Afrika". Veröffentlicht in Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Juli 2005.
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