Connection e.V. auf dem Evangelischen Kirchentag 2005
(01.07.2005) Connection e.V. hat im vergangenen Mai mit vier Aktiven am 30. Evangelischen Kirchentag in Hannover teilgenommen. Wir präsentierten dort vier Tage lang unsere Arbeit mit einem Stand auf dem Markt der Möglichkeiten in einer der Messehallen.
Dazu entwickelten wir eine Ausstellung, in der ein Überblick über die vergangene und aktuelle Arbeit von Connection e.V. gegeben wurde. Als Schwerpunkte waren hier die internationale Zusammenarbeit, die Durchführung von Veranstaltungsreihen (Themen: Israel/Palästina, Das andere Afrika), Öffentlichkeitsarbeit und Unterstützung von Kriegsdienstverweigerergruppen (Türkei, Eritrea) dargestellt.
Um die Aktualität der Kriegsdienstverweigerung darzustellen und der Thematik Gesichter zu geben, stellten wir zusätzlich vier Einzelfälle unserer Arbeit vor und versuchten die KirchentagsbesucherInnen zu Solidaritätsaktionen zu bewegen:
Die eritreische Deserteurin Bisrat Habte Micael, die mit 15 Jahren zum Militär einberufen wurde, floh vor Misshandlungen und Folter im Militär. Sie hat sich in Deutschland mit anderen eritreischen Deserteurinnen und Deserteuren zur Eritreischen Antimilitaristischen Initiative zusammengetan, setzt sich mit ihnen für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in ihrem Land ein und fordert das Recht auf Asyl für KriegsdienstverweigerInnen und DeserteurInnen. Hierzu sammelte sie Unterschriften auch an unserem Stand.
Für den US-Kriegsdienstverweigerer Blake Lemoine, der im Frühjahr wegen Befehlsverweigerung zu 7 Monaten Haft verurteilt worden war, konnten die Kirchentagsbesucher Geld für Anwaltskosten spenden und eine Unterstützerunterschrift auf einem Solidaritäts-T-Shirt leisten. Das T-Shirt mit mehreren Unterschriften wird Blake Lemoine in Kürze zugeschickt werden. Er ist immer noch im Militärgefängnis in Fort Sill, Oklahoma, inhaftiert. Die Solidaritätsaktionen für Blake Lemoine setzen wir fort. Informationen dazu finden sich unter http://www.Connection-eV.org/usa.
„Freiheit für Mehmet Tarhan“ ist die Solidaritätsaktion für den türkischen Kriegsdienstverweigerer Mehmet Tarhan, dessen Situation im türkischen Militärgefängnis in Sivas sich während des Kirchentages zuspitzte (siehe Berichte ab Seite 6). Wir sammelten Unterschriften für eine Petition, in der seine sofortige Freilassung und die Einführung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung in der Türkei eingefordert werden.
Misha Hadar, israelischer Kriegsdienstverweigerer, saß während des Kirchentages bereits das dritte Mal in Haft. Vom Kirchentag aus konnten die BesucherInnen unseres Standes ihm eine Grußbotschaft auf einer Postkarte ins Gefängnis zukommen lassen.
Die Ausstellung und die Solidaritätsaktionen wurden ergänzt durch ein Quiz zu Asyl und Kriegsdienstverweigerung, welches wir zusammen mit Pro Asyl und der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche durchführten. Damit gelang es uns, relativ viele Vorbeigehende anzusprechen und sie mit erstaunlichen Zahlen und Fakten zu den Themen Asyl, Asylrecht und Kriegsdienstverweigerung zu informieren. Hin und wieder entwickelte sich aus dem Auswertungsgespräch auch eine längere Diskussion und die ein oder andere Unterstützung einer unserer Solidaritätsaktionen.
Als spielerisches Element hatten wir ein großes Holzpuzzle vorbereitet, dessen Motiv türkische Kriegsdienstverweigerer zeigt, die schwungvoll Gewehre zerbrechen und das Motto „Kriegsdienstverweigerer brauchen Asyl“. Damit konnten wir vor allem Jugendliche begeistern, die nach erfolgreicher Vollendung des Puzzles mit einer Süßigkeit und kurzen Informationen über Connection e.V. belohnt wurden.
Alles in Allem erwies es sich als recht schwierig, die KirchentagsbesucherInnen für unsere Arbeit und die Solidaritätsaktionen zu interessieren. Viele schienen übersättigt von der Masse an Informationen und Aktionen des Marktes der Möglichkeiten und anderen Kirchentagsveranstaltungen zu sein. Ohne direkte Ansprache blieben nur wenige Leute am Stand stehen, um sich mit unserer Ausstellung und den ausgelegten Informationen auseinander zu setzen.
Teilweise stießen wir auch auf grundlegendes Unverständnis: In Deutschland müssten Totalverweigerer schließlich auch ins Gefängnis. Warum solle man sich dann für die Verweigerer in der Türkei einsetzen? Andererseits gab es auch sehr gute Gespräche mit interessierten Leuten.
Trotz aller Widrigkeiten war es sinnvoll, uns in dieser Form dem Kirchentagspublikum zu präsentieren. Zum Einen gibt es doch die ein oder andere Person, die so auf uns aufmerksam wurde und dies auch - hoffentlich - weiterträgt. Zum Anderen nutzten wir die Gelegenheit, am Rande des Kirchentages Kontakte zu den Aktiven anderer Gruppen (DFG-VK, Dritte Welt Journalisten Netzwerk, Eritreische Antimilitaristische Initiative, amnesty international und andere) zu knüpfen und aufzufrischen. Besonders schön waren dazu die lauen Maiabende in dem italienischen Restaurant auf der Lister Meile geeignet. Dort fand sich allabendlich eine ständig größer werdende Gruppe von Aktiven aus unterschiedlichsten Gruppen, so dass der Tisch, an dem wir saßen, immer länger, bunter und lustiger wurde.
Es zeigte sich, dass unsere Arbeit getragen ist von Freundschaften und Spaß am gemeinsamen Engagement für gute und wichtige Themen. Daraus erwachsen immer wieder Ideen und eine effektive Zusammenarbeit.
Bleibt zu hoffen, dass unser Engagement weiter Früchte trägt. Die Ausstellung könnte beispielsweise nach der Sommerpause in der einen oder anderen Örtlichkeit im Rhein-Main-Gebiet gezeigt werden - evtl. verbunden mit einer Aktion oder einer Veranstaltung. Weitere Ideen greifen wir gerne auf.
Veröffentlicht in Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Juli 2005.
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