Lobbyarbeit zur Kriegsdienstverweigerung, Februar bis Juni 2025

Belarus, Mongolei, Eritrea, USA, Schweiz, Marokko, Guinea-Bissau, Kasachstan, Türkei, Lettland, ...

von Connection e.V.

(15.06.2025) Zaira Zafarana, Fachberaterin für Internationales bei Connection e.V., hat in den letzten Monaten verschiedenen UN-Gremien länderspezifische Stellungnahmen für anstehende Überprüfungen und Berichte vorgelegt.

Die Frage des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung wurde auch während der 58. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf angesprochen. Connection e.V. hat gemeinsam mit der War Resisters International im Plenum ein Statement abgegeben zur Situation von Kriegsdienstverweiger*innen, die sich einer Beteiligung am Krieg in der Ukraine verweigern. Connection e.V. hat auch am Interaktiven Dialog mit der UN-Sonderberichterstatterin für Religions- und Glaubensfreiheit, Nazila Ghanea, teilgenommen, die dem Rat ihren Bericht „Religions- und Glaubensfreiheit und das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ vorstellte. Connection e.V. gab gemeinsam mit der WRI ein Statement ab zu Menschenrechtsverletzungen an Kriegsdienstverweiger*innen z.B. in Eritrea, Türkei, Israel, Russland und der Ukraine.

Eritrea

Wir haben dem Sonderberichterstatter über die Lage der Menschenrechte in Eritrea, Herrn Moahamed Abdelsalam Babiker, eine Stellungnahme vorgelegt, um für den Bericht des Sonderberichterstatters über die Lage der Menschenrechte in Eritrea für die 59. Sitzung des Menschenrechtsrates weitere Informationen zur Verfügung zu stellen.

Eritrea erkennt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an, und viele Eritreer*innen fliehen aus dem Land, weil sie de facto einen unbefristeten Militärdienst leisten müssen, der sich dramatisch auf ihr Leben auswirkt und ihre Grundrechte verletzt. Es werden auch Minderjährige eingezogen, die gezwungen werden, ihr letztes Schuljahr in einem Militärlager zu absolvieren. Auch das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit wird immer wieder verletzt. Viele religiöse Gruppen werden verfolgt, und wir haben auch über mehrere Zeugen Jehovas berichtet, die derzeit im Land inhaftiert sind, weil sie sich weigern, im Militär zu dienen und Initiativen der Regierung zu unterstützen.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/2025_Submission_SR_Eritrea_EN_Connection.pdf

Religions- oder Glaubensfreiheit

Wir haben dem Sonderberichterstatter für Religions- oder Glaubensfreiheit eine Stellungnahme vorgelegt, der in den Bericht des Sonderberichterstatters einfließt, der auf der 80. Tagung der UN-Generalversammlung im Oktober 2025 vorgelegt werden soll.

Die Stellungnahme beschreibt einen detaillierten rechtlichen Rahmen für dieses Recht und konzentriert sich auf die Frage des internationalen Schutzes für Kriegsdienstverweiger*innen. Er listet mehrere Urteile zu Flüchtlingen auf, die aufgrund der Gefahr der Verfolgung in ihrem Herkunftsland wegen ihrer Weigerung, Militärdienst zu leisten, Schutz beantragt haben, und schließt mit Vorschlägen zur Verbesserung der Rechtslage und zur Förderung einer positiven Entwicklung zur Gewährleistung des Schutzes.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/2025_Submission_SR_FoRB_EN_Connection.pdf

Connection hat sich auch aktiv an der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung beim UN-Menschenrechtsrat beteiligt und zu mehreren Ländern Stellungnahmen abgegeben:

Belarus

(März 2025) Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist noch nicht vollständig umgesetzt. Der Ersatzdienst beträgt weiterhin 36 Monate bzw. 24 Monate für Hochschulabsolventen, während der Militärdienst 18 Monate bzw. 12 Monate für Hochschulabsolventen beträgt. Damit dauert der Ersatzdienst weiterhin doppelt so lang wie der Militärdienst. Außerdem: „Nur ein begrenzter Teil der religiösen Männer qualifiziert sich für den zivilen Ersatzdienst, während viele von ihnen strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie sich weigern, in die Armee einzutreten“. Darüber hinaus wird das Recht auf Verweigerung weder für Berufssoldat*innen noch für Reservist*innen anerkannt.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/50th_UPR-Belarus_EN-Connection.pdf

Wir berichteten auch über die Verfolgung von Menschenrechtsaktivist*innen wie Olga Karatch, die sich über Nash Dom auch für die Menschenrechte von Belaruss*innen einsetzt, die sich weigern, in die Armee einzutreten, und oft aus dem Land fliehen und im Ausland Schutz suchen.

Download des Annex: www.Connection-eV.org/ohchr/50th_UPR-Belarus_ANNEX-Connection.pdf

(April 2025) Eine weitere gemeinsame Stellungnahme von Our House und anderen wurde ebenfalls an den UN-Menschenrechtsrat übermittelt: Sie dokumentiert systematische Menschenrechtsverletzungen in Belarus, wobei der Schwerpunkt auf der Militarisierung von Kindern und Jugendlichen und der Verschärfung des Systems der Wehrpflicht liegt.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/2025-04-07_Final_Belarus_UPR.pdf

Mongolei

Die Frage des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung wurde bei der UPR dieses Landes noch nie angesprochen, daher haben wir dazu im März 2025 Stellung bezogen und spezifische Empfehlungen ausgesprochen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in Gesetz und Praxis für alle Personen garantiert wird, die von jeglicher Art von Militärdienst betroffen sind, und dass Alternativen zum Militärdienst für alle Kriegsdienstverweiger*innen ohne Diskriminierung zugänglich sind.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/50th_UPR-Mongolia_EN_Connection.pdf

USA

Die Vorlage vom April 2025 konzentriert sich auf das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, die Rekrutierung von Jugendlichen und damit zusammenhängende Fragen. Diese Fragen sind im Fall der USA angesichts der Größe ihrer Streitkräfte und der häufigen Beteiligung an militärischen Interventionen und bewaffneten Konflikten im Ausland von großer Bedeutung. Obwohl in dem untersuchten Staat derzeit keine Wehrpflicht besteht, ist die Frage des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung nach wie vor aktuell, soweit es sich um freiwillig angeworbene Berufsangehörige der Streitkräfte handelt.

Derzeit sind die Regelungen zur Kriegsdienstverweigerung für Berufssoldat*innen unzureichend und führen gelegentlich zu schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte von Verweiger*innen, bis hin zu Inhaftierungen. Ein Problem ist die Definition von Kriegsdienstverweigerung durch das Verteidigungsministerium.

Ein besorgniserregendes Problem, zu dem wir Stellung bezogen haben, ist die Rekrutierung von Jugendlichen in dem Land, das trotz zahlreicher Empfehlungen die Konvention über die Rechte des Kindes nicht ratifiziert hat; das Fakultativprotokoll zur Konvention über die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten wurde jedoch ratifiziert.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/50th_UPR-USA_EN_Connection.pdf

Türkei

Die Türkei ist der einzige Mitgliedstaat des Europarats, der das Recht auf Kriegsdienstverweigerung noch nicht anerkannt hat. In der Türkei ist der Militärdienst für alle Männer zwischen 20 und 41 Jahren obligatorisch, aber für Männer, die ihren Militärdienst nicht vor dem Alter von 41 Jahren ableisten, bleibt die Verpflichtung bestehen, bis sie ihn ableisten. Es gibt weder ein Verfahren, das Verweigerer in Anspruch nehmen können, noch gibt es einen Ersatzdienst. Obwohl Art. 24 der Verfassung die Gedanken-, Glaubens- und Gewissensfreiheit schützt, werden Kriegsdienstverweigerer als wehrpflichtig betrachtet und wie Kriminelle behandelt. Sie sind wiederholten Verwaltungs- und Strafverfahren sowie Einschränkungen/Beeinträchtigungen von Freiheiten ausgesetzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte in seinem Urteil Ülke gegen Türkei fest, dass diese Verstöße eine „Situation des zivilen Todes“ darstellen.

Im Hinblick auf die UPR der Türkei, die im März-Mai 2025 stattfand, haben wir an der Vorbesprechung teilgenommen und eine kleine Delegation von Kriegsdienstverweiger*innen, einschließlich einer Anwältin, in Genf empfangen. Dies war eine wirklich gute Gelegenheit, bei den veschiedenen diplomatischen Vertretungen in Genf vorstellig zu werden und der Besucher*innengruppe von Conscientious Objection Watch die Möglichkeit zu geben, mit anderen Organisationen, die in Genf zu ähnlichen Themen arbeiten, in Kontakt zu treten. Wir bereiteten einige Materialien vor und konnten die Anwesenheit der Kolleg*innen aus der Türkei in Genf (und die günstige Terminierung der 58. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates) nutzen, um während der Sitzung des UN-Menschenrechtsrates eine Veranstaltung zum spezifischen Thema Kriegsdienstverweigerung zu organisieren. Wir haben uns bei der Organisation mit War Resisters International zusammengetan. Insbesondere die Schilderungen von Hüseyin Civan über seine eigenen Erfahrungen als türkischer Kriegsdienstverweigerer haben die Teilnehmer*innen sehr beeindruckt. Wir hatten eine gute Beteiligung mit mehreren Vertreter*innen der diplomatischen Vertretungen bei der UNO, einschließlich der Ukraine und der Türkei. All das hat dazu beigetragen, die Arbeit unserer Kolleg*innen zu unterstützen und ihr Netzwerk auch in ihrem Land selbst zu verbessern, z.B. durch Kontakt zu mehreren Botschaften.

Die Vorbereitungsarbeiten für die UPR der Türkei boten auch die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der NGOs zu erhöhen, Spenden zu sammeln und eine Vortragsreise für unsere Kollegen in Genf, in anderen Städten wie der Schweiz selbst und auch in Deutschland und Italien zu organisieren.

Wir haben auch Stellungnahmen über Länder erstellt, deren Menschenrechtslage vom UN-Menschenrechtsausschuss überprüft wird:

Schweiz

Die Stellungnahme vom April 2025 konzentriert sich hauptsächlich auf a.) den Strafcharakter der Dauer des zivilen Ersatzdienstes, b. die mögliche Kriminalisierung/Bestrafung von Kriegsdienstverweiger*innen, die einen solchen diskriminierenden zivilen Ersatzdienst mit Strafcharakter verweigern oder nicht ableisten, c. Berichte, dass Kriegsdienstverweiger*innen in solchen Fällen vor Militärgerichte gestellt werden, was eine Verletzung ihres Rechts auf ein faires Verfahren darstellen würde. Wir wiesen auch auf das Erfordernis eines wirksamen Rechtsbehelfs für frühere Menschenrechtsverletzungen an Kriegsdienstverweiger*innen hin.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/144th_HRCttee-Switzerland_EN_Connection eV.pdf

Marokko

Die Wehrpflicht wurde in dem Land 2019 wiedereingeführt. Die Stellungnahme zielt darauf ab, Fragen vorzuschlagen, die der Ausschuss während seiner Überprüfung an das Land richten sollte, wie z.B. die Bitte um Informationen über die aktuellen Regelungen für Einberufungen, Berufssoldat*innen und Reservist*innen.

Wir schlugen im April 2025 auch vor, die gesetzlichen Bestimmungen über das Recht auf Kriegsdienstverweigerung für alle Personen zu erfragen, die von jeglicher Art von Militärdienst betroffen sind, einschließlich Wehrpflichtige, Reservist*innen und Freiwillige/Berufssoldat*innen jeglicher Art von Streitkräften. Die eigentliche Überprüfung wird gegen Ende des Jahres stattfinden.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/144th_HRCttee-Morocco_EN_Connection.pdf

Guinea-Bissau

(Mai 2025) Der Staat führte die Wehrpflicht ein und unterhält Streitkräfte, daher ist die Frage der Kriegsdienstverweigerung von Bedeutung. In Anbetracht der Tatsache, dass dies die Prüfung des ersten Berichts des UN-Vertragsstaates sein wird, ist es sehr wichtig, dass die Frage des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung geprüft wird.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/144th_HRCttee-Guinea-Bissau_EN_Connection.pdf

Kasachstan

Die Stellungnahme vom Mai 2025 unterstreicht, dass nicht nur das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gesetzlich nicht anerkannt ist, sondern auch die tatsächliche Verfolgung von Kriegsdienstverweiger*innen bis heute anhält. Wir haben mehrere Einzelfälle vorgelegt, über die Forum 18 berichtete.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/144th_HRCttee-Kazakhstan_EN_Connection.pdf

Lettland

Wir führten im Mai 2025 aus, dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung vom Vertragsstaat nicht angemessen anerkannt und umgesetzt wird, da es keinen echten zivilen Ersatzdienst gibt. Die Stelle, die Anträge prüft, ist nicht unabhängig und unparteiisch und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung für Berufssoldat*innen wird nicht wirklich anerkannt. Weitere Bedenken bestehen hinsichtlich der militärischen Ausbildung von Minderjährigen, einschließlich des Einsatzes von Waffen, trotz der Empfehlungen des Ausschusses für die Rechte des Kindes. Des weiteren führten wir Mängel auf hinsichtlich des internationalen Schutzes von Kriegsdienstverweiger*innen, die aus anderen Ländern fliehen.

Download: www.Connection-eV.org/ohchr/144th_HRCttee-Latvia_EN_Connection.pdf

Auf europäischer Ebene

Connection engagiert sich auch auf europäischer Ebene und hat sich am 15. Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, mit in Brüssel ansässigen Nichtregierungsorganisationen für eine Social-Media-Aktion zusammengetan, um die europäischen Institutionen und Mitgliedsstaaten aufzufordern, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu schützen und vollständig umzusetzen und denjenigen Asyl zu gewähren, die sich weigern, sich für einen Krieg ausbilden zu lassen und daran teilzunehmen und aufgrund von Verfolgungen aus ihrem Land fliehen.

Zaira Zafarana: International News, February till June 2025. 15. Juni 2025. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2025

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