Eritrea: Protest gegen Razzien zur Zwangsrekrutierung
Flugblatt zur Aktion in Frankfurt/M.
Wie amnesty international am 9.11.2004 berichtete, waren einige Tage zuvor mehrere tausend Personen bei Razzien in der Hauptstadt Asmara festgenommen und in das Militärgefängnis nach Adi Abeto gebracht worden, "weil sie unter Verdacht stehen, sich dem Wehrdienst entziehen zu wollen."
Das Gefängnis in Adi Abeto ist überbelegt, es gibt keine ausreichende Nahrung und die sanitären Einrichtungen sind mangelhaft. Am 4. November sollen kurz vor Mitternacht einige Häftlinge eine Wand des Gefängnisses eingedrückt haben. Es handelte sich offenbar um einen Fluchtversuch. Daraufhin eröffneten Soldaten das Feuer, töteten mehrere Gefangene und verletzten viele weitere.
Gegen die Razzien und die nachfolgenden Ereignisse organisierte die eritreische Menschenrechtsgruppe Snit-Selam am 3.12.2004 eine Demonstration zum eritreischen Konsulat in Frankfurt/M. Wir dokumentieren das während der Aktion verteilte Flugblatt der OrganisatorInnen. (d. Red.)
Am 4. November 2004 sind über 40 junge Eritreerinnen und Eritreer - nach einer Razzia zur Zwangsrekrutierung - in Adi Abeto massakriert und zahlreiche weitere verwundet worden. Wir Eriteerinnen, Eritreer und Deutsche eritreischer Herkunft protestieren gegen die Ermordung unschuldiger Menschen. Wir solidarisieren uns mit den Angehörigen der Verstorbenen und Verwundeten.
Am 4. November schossen Soldaten des eritreischen Regimes willkürlich auf junge Menschen, nachdem diese etwa drei Tage lang unter unmenschlichen Zuständen inhaftiert gewesen waren. Scharen von Menschen wurden zuvor von Soldaten eingesammelt und in das Lager in Adi Abeto in der Nähe von Asmara eingesperrt. Aus einem unerklärlichen Grund schossen die Soldaten auf die Gefangenen und töteten dabei zahlreiche von ihnen. Die Regierung versucht, dies zu vertuschen. Sie musste den Vorfall schließlich zugeben, untertreibt dabei allerdings maßlos.
Hintergrund
Eritrea ist seit 1991 - nach 30 Jahren Befreiungskrieg - ein unabhängiges Land. Der Krieg um die Unabhängigkeit hatte etwa 100.000 Menschen das Leben gekostet. Es gab viele Kriegsversehrte und Abertausende von Flüchtlingen und Auswanderern. Seit einer Volksabstimmung im Jahre 1993 ist das Land offizielles Mitglied der Weltgemeinschaft. Der Wunschtraum aller Eritreerinnen und Eritreer schien sich damals zu erfüllen.
1998 entfachte erneut ein Krieg gegen Äthiopien. Er dauerte bis zum Jahre 2000 und kostete weiteren Abertausenden das Leben.
Alle Männer und Frauen zwischen 18 und 50 Jahren müssen zum Militärdienst. Seit 1994 besteht eine auf 2 Jahre beschränkte Wehrpflicht für alle Eritreerinnen und Eritreer. Die zeitliche Beschränkung wird aber nicht eingehalten. Militärdienstleistende sind teilweise seit 1994 im Dienst.
Im September 2001 wurden 11 ranghohe Regierungsmitglieder, nachdem sie öffentlich Kritik geäußert hatten, mit der Begründung verhaftet, sie hätten Landesverrat begangen. Sie sind bis heute ohne rechtliche Grundlage in Haft. Zum gleichen Zeitpunkt wurden auch Zeitungen verboten und Journalisten inhaftiert.
Der letzte internationale Korrespondent der BBC wurde im Sommer 2004 ausgewiesen. Es gibt keine Meinungsfreiheit.
Wir fordern:
- die bedingungslose und vollständige Aufklärung der Vorfälle in Adi Abeto. Die eritreische Regierung muss der Öffentlichkeit erklären, was passiert ist, wann und warum es geschehen ist und wer dafür verantwortlich zu machen ist;
- die gerichtliche Verfolgung der Verantwortlichen;
- die Überreichung einer offiziellen Mitteilung an die Angehörigen der Toten und Verwundeten;
- das Besuchsrecht für Angehörige der Verletzten;
- die Zulassung einer unabhängigen, internationalen Untersuchungskommission.
Wir appellieren an die deutsche Regierung und Öffentlichkeit, wie auch an die internationale Gemeinschaft, Druck auf das Regime in Eritrea auszuüben und die Menschenrechtsverletzungen in Eritrea zu verurteilen.
Wir appellieren an die Menschenrechtsorganisationen, sich mit allen verfügbaren Mitteln für die Aufklärung der Ereignisse in Adi Abeto und noch intensiver für die Menschenrechte in Eritrea einzusetzen.
Snit-Selam - Eritreische Gemeinschaft e.V. in Zusammenarbeit mit sämtlichen Oppositionsgruppen: Flugblatt für die Demonstration am 3. Dezember 2004 in Frankfurt/M. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Januar 2005.
Stichworte: ⇒ Eritrea ⇒ Menschenrechte ⇒ Rekrutierung ⇒ Wehrpflicht