Israel: Laura Milos Widerspruch wurde vom Obersten Gericht abgelehnt

"Ich werde weiter verweigern"

von Forum der Eltern von VerweigerInnen

(09.08.2004) "Das Gerichtsurteil hat und konnte auch nichts an meiner Überzeugung ändern, nicht an der Besatzung mitzuwirken und nicht zur Besatzungsarmee zu gehen. Wenn überhaupt ist die Situation seit meiner Verweigerungserklärung schlimmer geworden. Das Oberste Gericht entschied, dass meine Gewissensentscheidung nach den Gesetzen des Staates Israel nicht anerkannt werden könne. Das ist bedauerlich, aber es muss klar sein, dass es für mich keine Option darstellt, mich bei der Armee zu melden, wenn nicht etwas unerwartetes passiert: Wie etwa, dass sich zum Beispiel die Armee plötzlich aus allen besetzen Gebieten zurückzieht", sagt Laura Milo. Der Antrag der Kriegsdienstverweigerin wurde heute Morgen vom Obersten Gericht zurückgewiesen. Vor einem Jahr hatte Milo der Armee geschrieben: "Die Besatzung steht im Kern im vollkommenen Widerspruch zu meinen moralisch-humanistischen Werten. Die Regierung Israels betreibt eine Politik der täglichen Demütigung der unter Besatzung stehenden palästinensischen Bevölkerung. Ich will nicht Teil einer Institution sein, die eine tadelnswerte Politik ausführt. Zur israelischen Armee zu gehen, die eine unmoralische Institution ist, steht völlig dem entgegen, was mir mein Gewissen gebietet."

Als Milo vom Gewissenkomitee befragt wurde, erklärte sie folgerichtig, dass sie sich nicht grundsätzlich gegen Militärdienst wendet, sondern insbesondere gegen die Besatzung. Sie wäre bereit, zur Armee zu gehen, wenn die Besatzung beendet würde. In der Vergangenheit wurden Frauen, die eine solche Auffassung vertraten, vom Gewissenskomitee anerkannt. Sie wurden von der Ableistung des Militärdienstes ausgenommen. Aber kurz bevor Milo ihre Anhörung vor dem Gewissenskomitee hatte, wurde die unterschiedliche Behandlung von männlichen und weiblichen VerweigerInnen in dem Strafverfahren gegen fünf junge Männer bekannt, die sich weigerten, zur Armee zu gehen. Ein Ergebnis dessen ist, dass die Militärbehörden nun schärfer gegen Verweigerinnen vorgehen, um so "die Gleichheit der Geschlechter herzustellen".

Laura Milo war die erste Verweigerin, die dies traf. Sie wurde als "politische Verweigerin" behandelt, nicht aus der Armee entlassen und aufgefordert, zur Armee zu gehen. Aufgrund ihrer Weigerung wurde sie im Militärgefängnis arrestiert. Sie legte gegen die Entscheidung des Gewissenkomitees Widerspruch ein und erklärte, dass das israelische Gesetz insbesondere Frauen das Recht zubillige, aus "Gewissensgründen oder aufgrund religiöser Lebensweise" anerkannt zu werden und daher das Komitee kein Recht habe, ihr dies zu verweigern. Diesen Widerspruch wies heute Morgen das Oberste Gericht zurück. Das Urteil der Richterin Ayala Procatcha, das von ihren beiden Kollegen Matza und Levy bestätigt wurde, interpretiert das Gesetz in der Weise, dass eine Anerkennung aus Gewissensgründen nur bei religiöser Überzeugung gewährt werden dürfe. PazifistInnen könnten nur dann eine Anerkennung erhalten, wenn sie jeden Militärdienst zu jeder Zeit und unter allen Umständen verweigern. Aber selbst das wäre in das Belieben der Armee gestellt, als eine "Geste des guten Willens", und nicht als ein "Recht". Die "selektive Verweigerung" von Männern oder Frauen sei vollständig auszuschließen.

Das Gericht stand Milo einen Zeitraum von zwei Wochen zu, bevor sie ins Militärgefängnis zurückzugehen habe, so dass ihre Anwälte einen Antrag auf eine weitere gerichtliche Anhörung mit einer größeren Zahl von RichterInnen stellen können. Die AnwältInnen Smadar Ben Nathan und Gabi Laski erklärten, dass es viele anfechtbare Punkte im heutigen Urteil gäbe, sowohl inhaltlich als auch der Form nach, um einen weiteren Prozess zu rechtfertigen.

"Das Justizwesen hat erneut Härte gegen Personen mit einer Gewissensentscheidung an den Tag gelegt, die sich weigern, sich an gewalttätigen und unmoralischen Handlungen zu beteiligen, während Soldaten, die palästinensische Passanten an Straßensperren misshandeln, mit lächerlichen Strafen davonkommen", sagte Rechtsanwältin Laski. Und Ben Nathan ergänzte: "Im Namen der so genannten Gleichstellung löschte das Oberste Gericht die Freiheit des Gewissens von Frauen aus, die seit Jahrzehnten anerkannt war, statt den Männern die gleiche Freiheit zuzugestehen. Nach diesem Urteil würde eine Frau automatisch von der Ableistung des Militärdienstes ausgenommen werden, die Krieg und Eroberung nachdrücklich gutheißt, aber Teil einer konservativen Gemeinschaft ist, deren spirituelle Führer der Auffassung sind, dass ’der Platz der Frau zu Hause ist’. Diese Ausnahmeregelung wird einer unabhängig denkenden jungen Frau verwehrt, die immer eine klare und stimmige Weltanschauung vertreten hat, einer Frau, die in den letzten zwei Jahren wertvolle Gemeinde- und Ausbildungsarbeit in Yerusham und anderen von Armut betroffenen Städten geleistet hat. Nun sagt ihr das Gericht, dass sie diese Tätigkeit aufgeben muss, um zu einer Besatzungsarmee zu gehen und das Bestehen auf ihrer Verweigerung aus Gewissensgründen sie in längere und wiederholte Haft bringen kann. Mit allem Respekt: Es lässt sich kaum der Eindruck vermeiden, dass das Justizwesen bezüglich der Kriegsdienstverweigerung in extremer Weise den Wünschen der Regierung und des Armeekommandos entgegenkommt."

Kontakt

Forum der Eltern von VerweigerInnen
Adam Keller, POB 2542, Israel - Holon 58125

Refuser Parents´ Forum: "Still I won`t enlist in occupation army" - Refuser Laura Milo after court rejected her plea. E-Mail vom 9. August 2004. Übersetzung: Rudi Friedrich. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe September 2004

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