15. Mai in Istanbul: Militourismus-Festival
AntimilitaristInnen organisierten zum diesjährigen Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, dem 15. Mai, eine "touristische" Rundfahrt zu einigen bekannten militaristischen Symbolen in Istanbul. Sie gaben historische und politische Einführungen für die etwa 120 Teilnehmer in den drei Bussen. Unter ihnen waren auch ausländische Gäste und Pressevertreter.
Um 11.00 Uhr saßen die TeilnehmerInnen auf den Stufen der Bahnstation Haydar Pasa, dem ersten Halt, und hörten eine Ansprache des Organisators Mehmet Tarhan über die historischen Seiten des Bahnhofs und über seine Bedeutung bei der Verabschiedung von Soldaten. Danach gab es ein Straßentheater von Antimilitaristinnen aus Izmir über das Thema, nicht zur Armee zu gehen. Bevor die TeilnehmerInnen zu den Bussen zurückgingen, wurde Ersan, einer derjenigen, die ihre Kriegsdienstverweigerung erklärten, von anderen in die Luft geworfen, wie es beim Abschied von den Soldaten Brauch ist, wobei gerufen wurde: "Unser Verweigerer ist der größte Verweigerer".
Von hier ging es zurück zu den Bussen. Mit "großer Unterstützung" von Polizisten fuhr der Konvoi zum Militärkrankenhaus Gata. An einer Kreuzung versuchte ein Polizeifahrzeug uns in eine andere Richtung zu lotsen. So blockierten wir den gesamten Verkehr auf der Kreuzung und sagten ihnen, dass sie keinerlei Recht dazu hätten und wir unseren vorgesehenen Weg fortsetzen würden. Bei Gesprächen mit dem Leiter des Polizeidistriktes Uskudar, der zum Bus gekommen war, erklärten wir uns dann nicht dazu bereit, unsere Aktion in einem Park zwischen Gata und Selimiye abzuhalten. Einige Tage zuvor hatten uns übrigens unsere Anwälte gesagt, dass es verboten sei, irgendeine Aktion vor einem Militärgebäude durchzuführen. Wir hatten deswegen selbstverständlich eine Alternative in petto.
Nachdem Mehmet seine Erklärung bei Gata und Selimiye erneut vorgelesen hatte, wurde ein Karton mit Äpfeln herumgereicht, um sich zu bedienen, einschließlich von faulen. Das war nützlicher für die Polizisten.
Der Konvoi blieb auf seinem Weg nach Maslak, um dort einen der wichtigsten Zentren der Waffenindustrie zu besichtigen: Nurol Plaza.
Wir kamen an der Militärakademie vorbei und erklärten auf dem Weg die Bedeutung und Eigenschaften dieses militaristischen Symbols. Selbstverständlich machte das Einstudieren von Liedern, die während eines "Bauchtanzes" in Besiktas gemeinschaftlich gesungen werden sollten, viel Spaß. Nachdem vor Nurol Plaza eine Erklärung vorgetragen worden war, fuhren die TeilnehmerInnen weiter nach Besiktas und kamen am Generalstab in Oyak und der Tankstelle vorbei, die der Armeestiftung gehört. Details zu diesen Symbolen militaristischer Struktur wurden ebenfalls erläutert.
Die TeilnehmerInnen gingen in den Park, der beim Marine- und Militärmuseum in Besiktas liegt. Dort steht das Denkmal des grausamen Hayrettin Pasa, dem größten Kaptany Derya, Marinegeneral des Ottomanischen Reiches und es befinden sich dort historische Kanonen. Die Kanonen wurden hübsch "dekoriert" und zur Schau gestellt. Mehmet las einen Artikel vor, der die Bedeutung dieses Blickes, mit dem wir jeden Tag leben müssen, darstellte.
Später wurden einige gut-bekannte, fröhliche Soldatenlieder gesungen, wie "kyz ben sene demedim mi" und dazu Bauchtänze vorgeführt.
Die TeilnehmerInnen waren schließlich gerne zu einem Foto zum "Gedenken an Militourismus" bereit, für das sie ihren Kopf durch eine Pappe steckten, auf der eine Karikatur einen Soldaten darstellte, der ein Gewehr zerbricht.
Nun fuhr die Gruppe zu einem Parkgelände in Tepebasi. Nach einer Einleitung von Mehmet ergriffen fünf Männer und fünf Frauen das Wort und erklärten ihre Kriegsdienstverweigerung. Nach weiteren Erklärungen aus Kanada und Deutschland wurden - unter Beteiligung der neuen Kriegsdienstverweigerer und Kriegsdienstverweigerinnen - Spielzeuggewehre zerbrochen. Der Tag wurde mit einem Cocktail im Doga Cafe beschlossen.
Kontakt
IAMI, PK 19, Beyoglu/Istanbul, Tel.: +90-212-2433018, www.savaskarsitlari.org
www.savaskarsitlari.org/A-Infos News Service vom 17.05.2004: ’Militourism Festival’ has been held!; Übersetzung: Rudi Friedrich. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juli 2004.
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