Kriegsdienstverweigerer aus der Türkei erhält Abschiebeschutz
Erfolg des Petitionsverfahrens beim Deutschen Bundestag
Der in Biedenkopf lebende kurdische Kriegsdienstverweigerer Abdülrezzak Er und seine Familie können in Deutschland bleiben: Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge änderte vor kurzem den ablehnenden Bescheid gegen Abdülrezzak Er ab und gewährte Abschiebeschutz nach Art. § 53 Abs. 6 des Ausländergesetzes.
Connection e. V. hatte sich gemeinsam mit anderen Gruppen und Organisationen in den vergangenen Monaten für Herrn Er und seine Familie eingesetzt und eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Der Petitionsausschuss sah eine hohe Wahrscheinlichkeit, "dass der Petent bei seiner Rückkehr bereits am Flughafen in Istanbul mit einer Personenkontrolle und der Einleitung von strafrechtlichen Ermittlungen zu rechnen hat." Es sei daher nicht auszuschließen, "dass dem Petenten bei seiner Rückkehr erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit drohen".
Wie alle anderen männlichen Einwohner des kurdischen Dorfes Sohran war auch Abdülrezzak Er von den türkischen Streitkräften gezwungen worden, Dorfschützer zu werden. Er lehnte dies ab, wurde deswegen mehrmals in Gewahrsam genommen und gefoltert. Der Wehrpflicht im türkischen Militär kam er ebenfalls nicht nach. 1996 suchte er in Deutschland Zuflucht und beantragte politisches Asyl. Sein erster Asylantrag wurde im Jahre 2002 abgelehnt.
Seit dem Jahre 2000 war Abdülrezzak Er zudem als Kriegsdienstverweigerer aktiv und beteiligte sich an verschiedenen öffentlichkeitswirksamen Aktionen vor türkischen Konsulaten. Das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung wird vom türkischen Staat nicht anerkannt. Auch öffentliche Äußerungen gegen das Militär werden verfolgt. So drohen Verweigerern Rekrutierung, Folter und Haftstrafen. Dennoch lehnte das Bundesamt seinen Asylfolgeantrag im Juli 2002 ab. Herrn Er und seiner Familie drohte seitdem akut die Abschiebung.
Dies konnte erst durch die Petition verhindert werden. Durch die nun korrigierte Entscheidung des Bundesamtes ist ihm und seiner Familie zumindest ein Schutz vor Abschiebung gewährt worden. Gleichwohl, so Connection e.V., zeigt der Fall des Abdülrezzak Er, dass es erst intensiver Bemühungen von Seiten von Nichtregierungsorganisationen bedurfte, um dieses Ergebnis zu erreichen. Connection e.V. sieht sich anlässlich der nun erfolgten Entscheidung in der Auffassung bestätigt, dass Kriegsdienstverweigerer grundsätzlich Asyl erhalten müssen, um ihre Gewissensentscheidung zu unterstützen und sie vor einer drohenden Verfolgung zu schützen.
gez. Rudi Friedrich, Connection e.V.
Connection e.V.: Pressemitteilung vom 11.12.2003. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Januar 2004.
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