Kaukasus: Der Konflikt ist noch lange nicht gelöst.
Dr. Vadim Damier aus Moskau hielt in Nottuln einen Vortrag
Nottuln. „Die Konflikte im Kaukasus sind alles andere als vorbei. Leider! Wir werden alle noch wieder davon hören!“ Mit diesem pessimistischen Resümee endete eine brillante Analyse des Krieges im Kaukasus im August des letzten Jahres. Die Friedensinitiative Nottuln hatte zu einem Vortragsabend mit dem Titel: „Machtproben im Kaukasus - Innenansichten aus Russland“ eingeladen. Aus Moskau war dafür Prof. Dr. Vadim Damier angereist. Der 49-jährige Sozial- und Politikwissenschaftler forscht zur Geschichte sozialer Bewegungen und ist aktiv in der Föderation der Arbeitenden in Erziehung, Wissenschaft und Technik. Mit vielen Folien unterstrich der Wissenschaftler die Aussagen seines Vortrages. Dabei machte er zunächst mal die Kräfteverhältnisse in dem Kaukasuskonflikt deutlich. Dem großen Russland steht die Republik Georgien gegenüber mit gut 5 Millionen Einwohnern. In den umkämpften Gebieten Abchasien leben 250.000 Einwohner in Südossetien nur 25.000. Wie dieser Krieg ausgehen würde, wurde anhand dieser Zahlen schnell klar. Und worum ging es in diesem Krieg? Jeder der beteiligten Parteien hatte gezielte Interessen. Auch der Westen – allen voran die USA – hätte in diesem Konflikt mitgemischt. Letztlich gehe es um die politische und wirtschaftliche Einflussnahme in dieser Region. Mit zwei Beispielen verdeutlichte Dr. Damier diese These: „Im Kaspischen Meer lagern Erdölreserven im geschätzten Wert von 4000 Milliarden Dollar. Und durch die Kaukasus-Region führen wichtige Erdöl und Ergaspipelines, die die Basis für die Infrastruktur bilden, um diesen Schatz zu heben!“ Darüber hinaus verfolgten alle Kriegs- und Konfliktbeteiligten das Ziel, durch die Eskalation den Nationalismus zu schüren und so von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. Damier: „Das trifft für Russland zu, aber auch für Georgien!“ Alle verfolgten ihre Interessen. Eine Parteinahme sei aus diesem Grund nicht angebracht. Damier: „Es gab keine gerechte Partei. Und wie in jedem Krieg war es auch im Kaukasuskrieg: Die Zivilbevölkerung hatte die Folgen zu tragen!“ Auf mitgebrachten Fotos zeigte Damier, wie wunderbar Georgien und Südossetien vor dem Krieg aussahen und welche Zerstörungen mit diesem Krieg dann verbunden waren.
Im Anschluss referierte der Moskauer die Entwicklung in Russland, zeichnete auch hier ein düsteres Bild. Der Nationalismus werde größer. Angriffe auf Ausländer seien an der Tagesordnung. Die Aggressivität in der Bevölkerung wachse. Noch vor kurzem sei ein befreundeter Rechtsanwalt, der Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien nachgegangen sein, ermordet worden. Und so sei es wichtig, die zivile Gesellschaft durch Gewerkschaftsarbeit und Arbeit in Sozialen Gruppen zu stärken und zu entwickeln. Hier sähe er seine Aufgabe – auch als Wissenschaftler.
Träger der Veranstaltung war die Organisation Connection e.V., mit der die Friedensinitiative Nottuln seit vielen Jahren zusammen arbeitet. www.Connection-eV.org .
Robert Hülsbusch: Kaukasus: Der Konflikt ist noch lange nicht gelöst, 12. Februar 2009.
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