Kolumbien: "Am Sehnlichsten erhoffte ich meine Freiheit"
2007 hatten wir über 1.000 Unterschriften zur Freilassung von kolumbianischen Kriegsdienstverweigerern an die kolumbianische Regierung gesandt. Aus Medellín erreichte uns die Nachricht, dass Carlos Andrés Giraldo Hincapie seit Kurzem wieder frei ist. Wir danken für die Unterstützung. Ein Freund interviewte ihn nach seiner Freilassung. (d. Red.)
Was hat Dir im Militär am Meisten missfallen?
Mir hat alles missfallen, aber besonders der Patrouillendienst und dass ich Befehle erhielt, denen ich zu gehorchen hatte.
Was hast Du getan und welche Argumente hast Du vorgebracht, um Dich und Deinen Standpunkt innerhalb der Armee zu verteidigen?
In der Armee wurde ich immer wieder von Vorgesetzten beschimpft. Sie behandelten mich wie einen Feigling, weil ich den Dienst verweigerte! Doch auch angesichts dieses starken Drucks habe ich ihnen klar gemacht, dass ich seit dem Moment, in dem sie mich rekrutierten, beschlossen habe, den Dienst zu verweigern und dass ich jede sich mir bietende Möglichkeit nutzen würde meine Freiheit wieder zu erlangen.
Was hältst Du von Waffen, jetzt, da Du die Erfahrung mit dem Tragen von Waffen gemacht hast?
Waffen sind ein Problem. Eine Waffe zu tragen bringt Risiken mit sich. Wenn du eine Waffe oder Militärkleidung trägst, sehen dich die anderen schon als Feind an. Du bist ein Militärobjekt. Das passiert dir nicht, wenn du in zivil unterwegs bist!
Außerdem haben Waffen keinen Nutzen. Ein Gewehr verteidigt dich nicht. Man sagt dir: Nimm’ dieses Gewehr um dich zu verteidigen! Das ist absoluter Mist, selbst dann, wenn die Waffe ein Panzer ist.
Wie erlebt man den Bürgerkrieg in der Armee?
Ich persönlich habe mich nicht wie im Krieg gefühlt. Während meiner Patrouillengänge war mir das nie bewusst - im Gegenteil: Ich merkte, dass diese Aktionen total sinnlos waren! Es ist eine einzige ungerechtfertigte Verschwendung von Geld!
Was gab Dir die Kraft, Deine Haltung als Kriegsdienstverweigerer aufrecht zu erhalten?
Was ich mir am Sehnlichsten erhoffte, war meine Freiheit! Ich glaube, dass mir dies, sowie der Wunsch in meine Heimat zu meinen Eltern und meinen Leuten zurückzukehren, sehr stark geholfen haben.
Was dachten Deine Kameraden über Deine Kriegsdienstverweigerung?
Die große Mehrheit hat mich unterstützt. Nur einigen war es gleichgültig. Viele hofften, dass ich frei käme, da sie wie ich selbst zwangsrekrutiert worden waren und sich somit in derselben Situation wie ich befanden.
Willst Du die ’libreta militar’? Warum?
Wenn es nach mir ginge, würde ich sie verbrennen! Aber wenn ich an meine Eltern denke, behalte ich sie besser.
Welchen Nutzen hat die ’libreta militar’ für Dich? Warum trägst Du sie bei Dir?
Wozu sie nutzt? Um sie zu einem Löffel zu falten und damit Reis zu essen! Ich werde sie nicht bei mir tragen! Dieses verdammte Papier nützt mir als Landarbeiter überhaupt nichts - es bringt mich eher in Gefahr.
Red Juvenil Medellin: Carlos Andres Giraldo Hincapie objetor de conciencia esta fuera del cuartel desde el 26 de enero de Januar 2008. Übersetzung: Peter Gramlich. Der Beitrag erschien in: Connection e.V. und AG "KDV im Krieg" (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, März 2008.
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